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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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Mittagstisch auf mich da oben in dem komischen alten Haus warten, wo wir zu Hause waren.
Die Zeit vergeht schnell, wenn man in so zufriedener Stimmung ist. Ich mußte mich schließlich beeilen, um rechtzeitig wieder bei Lisl zu sein. Als ich die Bar betrat, war da von Teacher keine Spur. Ich setzte mich und las die Zeitung. Um halb eins kam ein Mann herein und sah sich nach mir um, aber es war nicht Teacher. Es war der Berliner Resident, Frank Harrington. Er nahm den Hut ab. »Bernard! Wie schön, dich zu sehen.« Seine Art und die herzliche Begrüßung verrieten nichts von dem Grund für diese Änderung des Plans, und ich war sofort überzeugt, daß seine Anwesenheit irgendwas mit der rätselhaften Unterhaltung zu tun hatte, die Ingrid mit angehört hatte. Vielleicht war es Franks väterliche Einstellung zu mir, die sein Benehmen so unveränderlich machte. Ich glaube, wenn ich Frank jemals damit überraschte, unerwartet auf seiner Seite des Mondes zu landen, würde das ihn nicht aus der Ruhe bringen. Lässig würde er sagen: »Bernard! Wie schön, dich zu sehen«, und mir was zu trinken anbieten oder mir sagen, daß ich mir nicht genug Bewegung verschaffte. »Ich habe gehört, du seist verreist, Frank.«
»Nur über Nacht nach London. Ein Stück dienstlicher Trott.«
»Natürlich.« Ich versuchte, in seinem Gesicht zu lesen, was ich zu erwarten hatte, aber Franks runzliges Gesicht war so freundlich wie immer. »Ich bin heute morgen auf der Bank gewesen«, sagte ich. »Ich habe hier einen Scheck über die tausend Pfund, die du mir geliehen hast.« Ich gab ihm den Scheck. Er faltete ihn und steckte ihn in die Tasche, ohne ihn zu lesen. Er befeuchtete seine Lippen und sagte: »Glaubst du, dein Freund Werner könnte uns was zu trinken herbeizaubern?« Seine Stimme verriet das Gefühl, daß dies Werners Fähigkeiten übersteigen könnte oder daß Werner geneigt sein möchte, ihn daran zu hindern, was zu trinken.
Noch im Mantel, den Hut in der Hand, sah er sich auf eine Weise im Lokal um, die fast verstohlen wirkte. Frank hatte nie viel übrig gehabt für Lisl, Werner oder das Hotel. Sein Unbehagen, hier zu sein, schien sich noch verstärkt zu haben, seitdem Werner das Hotel führte.
»Klara«, sagte ich. Ich brauchte nicht laut zu rufen, denn die alte Frau stand schon bereit, Frank Mantel und Hut abzunehmen. »Einen doppelten Gin Tonic für meinen Gast.«
»Plymouth Gin mit Schweppes?« sagte Klara, die offensichtlich besser als ich wußte, was Frank trank. Sie nahm Franks Trenchcoat, Filzhut und gerollten Regenschirm.
»Ja, Plymouth mit Tonic«, sagte Frank. »Kein Eis.« Er setzte sich nicht gleich auf den Stuhl, den ich ihm herangezogen hatte, sondern blieb gedankenverloren stehen, als könnte er sich nicht erinnern, weswegen er eigentlich mit mir sprechen wollte. Er seufzte, ehe er sich auf die mit neuem Chintz bezogene Sitzbank sinken ließ. »Ja, nur ein Stück dienstlicher Trott«, sagte er. »Und von der Sorte, auf die ich gegenwärtig von Herzen gerne verzichten würde.« Er sah müde aus. Frank war Mitte Sechzig. Das war vielleicht noch nicht so alt, aber sie hatten ihn zu bleiben gebeten, als er selbst sich schon vorgenommen hatte, in Pension zu gehen. Seitdem hatte sein Eifer etwas nachgelassen. Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, denn heute war Franks Erscheinung fast geeignet, meinen Glauben an das britische Public-SchoolSystem wiederherzustellen. Er strahlte Treue, Zuverlässigkeit und gute Erziehung aus. Sein Haar war wellig und wurde grau, aber nicht so wellig, daß er wie ein Herzensbrecher ausgesehen hätte, und nicht so grau, als könnte er keiner mehr sein. Sogar die Runzeln seines Gesichts trugen dazu bei, ihm das Aussehen eines kernigen Naturburschen zu verleihen. Und natürlich hatte Frank einen Diener, der ihm seine an der Savile Row geschneiderten Anzüge bügelte, ihm seine handgenähten Schuhe wienerte und dafür sorgte, daß die Kragen seiner Hemden aus der Jermyn Street genau richtig gestärkt waren.
»Hast du gehört, was meinem Sohn passiert ist?« Er kramte in seinen Taschen. Die Frage war in jenem beiläufigen Ton gestellt, der bei einem gewissen Typ von Engländern verrät, daß es sich um eine Sache von schwerwiegender Bedeutung handelt.
»Nein«, sagte ich. »Was denn?« Frank hatte nie ein Geheimnis aus seiner Hoffnung gemacht, daß sein Sohn eine Stellung im diplomatischen Dienst finden würde. Er hatte schon im voraus alle Weichen dafür gestellt. Als der Junge dann

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