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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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sich. Ich habe keine Lust, mir von Ihnen was vorheulen zu lassen.«
    Mrs. Porter stellte die Tassen hin und hob den Deckel der Thermoskanne, um mir zu zeigen, daß sie mit heißem Wasser gefüllt war. Silas grunzte, um seine Ungeduld auszudrücken.
    Sie lächelte mir tapfer zu, schniefte und verschwand.
    »Ich habe diesen Dodo in Wien getroffen«, sagte ich beiläufig, während ich aus der wunderbaren silbernen Teekanne Tee eingoß. Ein Datum war eingraviert. Sie war Silas bei seinem Abschied aus Berlin von seinen dortigen Mitarbeitern überreicht worden.
    »Ach ja, wir mußten uns irgendwas einfallen lassen«, sagte Silas unbestimmt.
    »Na, und was habt ihr euch einfallen lassen?«
    »Sie haben ihm ein MBE oder so was verliehen und seine Pension aufgestockt.«
    »Was haben sie?«
    »Reg dich nicht auf, Bernard. Auf die Weise brauchen wir uns seinetwegen wahrscheinlich keine Sorgen mehr zu machen.
    Denn er wurde ziemlich ungemütlich in letzter Zeit, und er weiß einfach zuviel, als daß wir uns leisten könnten, daß er jedem sein Herz ausschüttet. Die Mohrrübe ist bei manchen Eseln nützlicher als der Stock.«
    »Der Kerl ist ein Säufer.«
    »Er ist jetzt ein gesetzter Mann, Bernard. Hat eingesehen, was gut für ihn ist.«
    »Ihr habt also das MBE als Mohrrübe benützt?« Selbst ein Zyniker wie ich war entsetzt.
    »Na ja, keine ehrenvolle Erwähnung im Tagesbefehl, nichts dergleichen. Für den Nachrichtendienst geleistete Dienste.
    Alles sehr unbestimmt. Aber ein MBE wird seine Enthüllungen disqualifizieren. Diese Auszeichnung wird Moskau weismachen, daß wir mit dem Mann zufrieden sind, daß er auf unsere Anordnung handelt.« Seine zusammengepreßten Lippen

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    bewegten sich und deuteten vielleicht ein flüchtiges Lächeln zu Ehren des gelungenen listigen Manövers an. »Es kostet uns nichts, Bernard, und wir müssen an Fionas Sicherheit denken.«
    »Ja. Wie höchst englisch! Wenn die Leibeigenen anfangen, Ärger zu machen, schmeißt ihnen einen Titel hin!«
    »Reich mir diesen großen braunen Umschlag.« Ich nahm ihn vom Tisch und reichte ihn ihm. Er entnahm ihm eine Rechtsurkunde. Eins dieser Papiere mit Ornamentschmuck, der für englische Rechtsanwälte ebenso unverzichtbarer Bestandteil der Rechtspflege ist wie Perücken, Roben und die autokratischste Standesvertretung der Welt. Das Dokument bestand aus etwa vierzig maschinengeschriebenen Blättern, die mit grünem Band durch die in jedes Blatt gestanzten runden Löcher miteinander verbunden waren. »Hier ist eine vollkommene Beschreibung von allem, was Fionas Auftrag betrifft. Namen, Daten und so fort. Steht alles drin.«
    Im Glauben, er wolle mir das Dokument aushändigen, streckte ich die Hand danach aus. Er beachtete sie jedoch nicht.
    »Hast du einen Füllfederhalter, der schreibt?« Er schlug die letzte Seite auf und sagte: »Ich möchte, daß du meine Unterschrift bezeugst. Der Fritze vom Notariat kommt morgen vorbei, um seinerseits meine Unterschrift und eidesstattliche Erklärung zu bezeugen. Ich will aber auch dich als Zeugen. Ich hoffe, du hast nichts dagegen.«
    »Nein«, sagte ich. »Natürlich nicht.«
    Er schrieb seinen Namen und zeigte mir dann, wo ich meinen hinsetzen sollte, bestand pedantisch auch darauf, daß ich meine Adresse in der vorschriftsmäßigen Blockschrift an die vorgeschriebene Stelle schrieb. »Ich möchte ganz sichergehen, daß es den formalen Erfordernissen genügt«, sagte er. Wo ich nach dem Beruf gefragt wurde, schrieb ich Beamter. Er inspizierte meine Arbeit, blies auf die Tinte, um sie schneller zu trocknen, und erklärte sich befriedigt.
    »Kann ich es jetzt lesen?« fragte ich.

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    »Nicht nötig, daß du’s liest, Bernard. Das ist nur für alle Fälle. Ich habe jeden Grund zu hoffen, noch lebendig und munter zu sein, wenn Fiona zurückkommt.«
    »Natürlich.«
    Er erhob sich mühevoll aus seinem Sessel und ging zu einer alten Militärtruhe. In dieser schloß er das Dokument mit einem der Schlüssel an seinem Ring ein. Er zeigte mir den Schlüssel, ehe er ihn wieder in die Tasche steckte.
    »Verstehst du, Bernard?«
    Ich nickte. »Ihr habt sie schon in Oxford angeworben, was?« fragte ich.
    »Sagen wir mal, daß sie schon dort unsere Aufmerksamkeit erregt hat. Einer meiner Cousins, Professor der Geschichte, hat sie für uns rekrutiert. Niemals zuvor hatte er eine Studentin vorgeschlagen. Fiona sollte an einer Diskussion teilnehmen, und er schlug mir vor, hinzugehen und uns das mal gemeinsam

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