Gedrillt
dessen Eignung äußerte, teilten einige von Dickys näheren Vertrauten. Stowe war ein Wunderkind gewesen und hatte dann an der Universität von Perth Logik gelehrt, weshalb er jetzt von manchen auch stets »Doktor«
Stowe genannt wurde, so als sei ein Mann mit einem akademischen Grad selbstverständlich zu weltfremd für das Department.
»Es liegen eine Reihe von Sachen an«, sagte Dicky unbestimmt. Auf diese Weise pflegte er einzuräumen, daß er von der fraglichen Sache keine Ahnung hatte. Ich vermutete, daß Dicky Angst vor Stowe hatte, der sehr ungemütlich werden konnte, wenn irgendwelche Schlampereien ans Licht kamen, weshalb Dickys Treffen mit ihm nicht immer sehr behaglich für ihn waren. »Kaffee?« – »Ja, bitte.« Woran immer es Dicky fehlen mochte, ein Überlebenskünstler war er jedenfalls, und an gutem Kaffee fehlte es ihm nie. Chagga aus dem neuen
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Laden von Mr. Higgins in der Duke Street. Dicky ließ ihn sich dort von Motorradkurieren holen. Eines Tages würde jemand wissen wollen, welche dringenden geheimen Meldungen in aromatisch duftenden braunen Päckchen zwei- bis dreimal wöchentlich von Mr. Higgins kamen.
»Fabelhaft!« sagte Dicky, als seine Sekretärin auf einem polierten hölzernen Tablett die dampfende Glaskanne, das Spode-Porzellan und das Sahnekännchen brachte. Die Tassen enthielten heißes Wasser. Dicky sagte, vorgewärmte Tassen seien für die völlige Entfaltung des Aromas unerläßlich. Er schüttete das heiße Wasser in eine Schale und goß sich selbst zuerst Kaffee ein. Beim Schmecken runzelte er mit halbgeschlossenen Augen die Brauen und hielt die Kanne in der Schwebe. »Sogar noch besser als die letzte Lieferung«, urteilte er.
»Will Stowe mich abschießen?«
»Irgend jemand will er abschießen«, sagte Dicky. Dicky sah aus dem Fenster, während er trank. Der Tiefdruckausläufer, der Berlin noch mit winterlichen Temperaturen zusetzte, war von England ostwärts gewandert. Hier hatte eine Reihe von Hochdruckgebieten für genügend Wärme gesorgt, die Knospen aus den Bäumen zu locken und die Straßen in trügerisch goldene Morgensonne zu tauchen. Es war ein falscher Sommer, einer von jenen Tagen, an denen man ohne Mantel aus dem Hause geht und mit einer Lungenentzündung zurückkommt.
Um zehn Uhr dreißig begab ich mich in den Raum des Deputy Europe. Ich erinnerte mich dieses Raums, als er nach Bret Rensselaers kostspieligem und etwas avantgardistischem Geschmack eingerichtet gewesen war – Chrom, Glas, schwarzes Leder und schwerer Teppich –, aber damit war es jetzt vorbei. Kahl war gar keine Bezeichnung für diesen Raum in seinem jetzigen Zustand. Es gab nicht mal Auslegware. Die Wände waren noch immer so grau-grün vorgestrichen wie gleich nach Brets Weggang. Wo einst ein erlesener Dürer
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gehangen hatte, sah man jetzt das Standardporträt der Königin.
Stowes Schreibtisch war aus Metall, einer von denen, die unseren Schreibkräften zur Verfügung standen, und sein Stuhl war ein Exemplar des rückgratbrechenden Modells, das vom Ministerium für öffentliche Arbeiten eingesetzt wird, um Besucher davon abzuhalten, allzu lange im Empfangsraum unten herumzusitzen. Dicky Cruyer war schon da. Er hatte sein Jackett über die leuchtendroten Hosenträger gezogen, was ich als eine Gebärde der Unterwerfung deutete. Vielleicht hatte ihr Treffen schon früher angefangen. Dicky organisierte sich gern Gelegenheit zu einem vertraulichen Gespräch, ehe man zur Tagesordnung kam. Er hockte auf einem Metallstuhl mit ungleichen Beinen, der jedesmal wackelte, wenn Dicky sein Gewicht verschob. Alle drei Besucherstühle in diesem Raum hatten den gleichen Defekt. Irgend jemanden habe ich sagen hören, daß der Deputy Controller die Stühle eigens so habe herrichten lassen, aber ich hielt es für unwahrscheinlich, daß Stowe auf so billige psychologische Tricks angewiesen war, es seinen Besuchern unbehaglich zu machen.
Augustus Stowe hatte glänzend schwarzes Haar. Wie es ihn mit einem üppigen Schnurrbart ausstattete, wuchs ihm dieses schwarze Haar auch aus den Ohren und Nasenlöchern. Es erschien in Büscheln auf seinen Wangen, und große Dickichte davon bedeckten die Rücken seiner Hände. Seltsam also, daß er so kahl war. Das sorgfältig gekämmte Haar und die langen Koteletten betonten nur die glänzende rosa Kuppel seines Kopfes.
»Sie brauchen gar nicht da rumzusitzen und sich den Arsch zu kratzen, Dicky. Irgendein Scheißkerl wird hinmüssen«, sagte Stowe mit
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