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Gedrillt

Gedrillt

Titel: Gedrillt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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krümmten und schlossen sich fest um die Fliege, doch als er sie wieder öffnete, war da keine Fliege. »Meinen Sie, Gus?« fragte Dicky.
    Er lächelte listig. »Da bin ich verdammt sicher. Ich habe mit den Yanks in Korea zusammengearbeitet. Im Corps-Hauptquartier. Ich weiß, wie die sind.« Er wischte sich die Hand am Hosenbein ab, als ob die Reste der Fliege daran geklebt hätten. Vielleicht juckte sie.
    »Wie sind sie denn?« fragte Dicky, pflichtschuldig das Stichwort liefernd, auf das Stowe wartete.
    Stowe sah Dicky an und schniefte in der verächtlichen Art des geübten Vortragsredners. »Es gehört zu den Eigenarten des durchschnittlichen Amerikaners, als Aspekt seiner Geschichte, daß er von Natur aus neugierig ist, aufgrund seiner Erziehung sich zu helfen weiß und seine Erfahrungen anwenden kann«, sagte Stowe. »Mit anderen Worten: Yanks sind Leute, die dauernd die Nase in anderer Leute Angelegenheiten stecken, verdammt störende Bastarde, die man sich vom Leibe halten muß.« Er griff vergeblich nach der Fliege und winkte ihr zornig nach, als sie wegflog. »Und ich will nicht, daß einer von euch großen Verschwendern mit dunkler Brille im Wiener Hilton aufkreuzt und den Mann an der Rezeption fragt, ob sie da einen Nachtsafe und Telexanschluß haben. Kapiert?« Dicky, der Luxus auf Spesen ohnedies mehr im Imperial zu suchen geneigt war, nickte beifällig.
    Stowe muß mir am Gesicht angesehen haben, daß Dicky mir

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    über das, was zur Debatte stand, nicht viel gesagt hatte.
    Tatsächlich hatte er mir nichts gesagt. Stowe sagte:»Sie fahren zu einem Geheimtreffen mit Leuten von der anderen Seite.«
    Angesichts meines verständnislosen Blicks fügte er hinzu: »Ich meine Russkis. Fragen Sie nicht, wen oder wie oder wo, denn das darf ich Ihnen nicht verraten.«
    »Jawohl, Sir«, sagte ich.
    »Äußerst dringend, wir dürfen also annehmen, daß sie irgendeine Scheißbeschwerde vorzubringen haben. Drohungen wird es auch geben, falls ich irgendwas davon verstehe, wie diese Bastarde vorgehen. Bleiben Sie eisern, und lassen Sie sich nicht aus der Fassung bringen.«
    »Ist das etwas, das die Wiener Einsatzgruppe machen könnte?« fragte ich so schüchtern, wie ich konnte. »Ich habe nie erlebt, daß einer von denen auch nur im geringsten aus der Fassung gebracht worden wäre.«
    Stowe berührte seinen kahlen Kopf sehr zart, fast so, als glätte er sich das Haar. Er muß gedacht haben, daß die Fliege sich auf seinem Kopf niedergelassen hätte, tatsächlich aber marschierte sie über seinen Tisch. Für einen Augenblick schien er die Unterhaltung zu vergessen, die wir führten, dann sah er mich an. »Ich sagte es schon: Wir müssen den Yanks aus dem Weg gehen.« Seine Augen fixierten mich, und dann setzte er hinzu: »Wien ist voller Yanks … ich meine, CIA.«
    Nicht Touristen oder Lexikonverkäufer machten ihm also Sorgen. »Weshalb sollte die CIA interessiert sein?« fragte ich.
    »Oder meinen Sie, daß wir von jetzt an zu jedem Geheimkontakt eigens jemanden nach Wien schicken?«
    Langsam kam ein Lächeln in Stowes Gesicht. Kein besonders gelungenes, aber was es an Fröhlichkeit vermissen ließ, machte es mit List wett. »Sehr gut, Bernard!« sagte er, und seine Stimme hatte einen beifälligen Ton, den ich bei ihm noch nicht gehört hatte. »Sehr gut.« Er wandte den Kopf, um den Spaß mit Dicky zu teilen. Dicky raffte sich zu einem

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    pflichtgemäßen Grinsen auf, das verriet, daß er keine Ahnung hatte, was zum Teufel da gespielt wurde. Ich erkannte das sofort: Es war eine von Dickys Standardmienen.
    Aber bald sah ich, daß Stowes Vergnügen vorgetäuscht war; seine Art, darauf zu reagieren, was er für impertinente Fragen eines Untergebenen hielt. Langsam sagte Stowe: »Ich weiß, daß die CIA interessiert ist, weil ein kleines Vögelchen es mir gesagt hat. Und wenn mir befohlen wird, dafür zu sorgen, daß solche Ereignisse zukünftig immer glatt über die Bühne gehen, werde ich vielleicht jedesmal jemanden nach Wien schicken.
    Und das könnten verdammt wohl jedesmal Sie sein. Wäre Ihnen das lieb, Bernard?«
    Ich antwortete nicht. Dicky lächelte, um zu zeigen, daß er nun wußte, wovon Stowe redete. Hilfsbereit sagte er: »Sie glauben also, daß die Wiener CIA versuchen wird, sich einzumischen, Gus?«
    »Ich weiß verdammt genau, daß sie genau das machen werden«, sagte er. »Brody, der Wiener Resident, ist ein alter Sparringpartner von mir. Er wird uns diesmal die Tour vermasseln, wenn er

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