Gedrillt
hierher geschickt. »Bezahlen Sie bar. Der Artikel wird auf 1000 Schilling geschätzt. Ich werde Ihnen dreitausend Schilling geben, das sollte reichen.
Fahren Sie dann damit nach Wien, und melden Sie sich bei von Staiger. Von dem Baron haben Sie doch schon gehört?«
»Nein«, sagte ich.
Er sah überrascht aus. »Sie werden ihm nicht persönlich begegnen, aber dort liegen Instruktionen für Sie.« Er gab mir eine Visitenkarte. Der Aufdruck nannte nur Staigers Namen und Titel und die Berufsbezeichnung »Anlageberater«. In winziger Handschrift war mit Bleistift eine Wiener Adresse dazugesetzt. Das Führen von Adelstiteln war in Österreich verboten, aber wie viele andere schien auch Staiger das Verbot nicht ernstzunehmen.
Aus der Gesäßtasche zog Hoffmann sein Geldbündel und zählte mir die österreichischen Banknoten hin. Dazu legte er einen kleinen Quittungsvordruck, wie man sie in Schreibwarengeschäften kaufen kann. »Unterschreiben Sie bitte hier«, sagte er.
Ich quittierte den Empfang des Geldes. »Sie werden also morgen nicht bei der Versteigerung sein?«
»Leider nicht. Ich fahre heute abend noch nach München.«
Er lächelte, als er sich von der Lesbarkeit meiner Unterschrift überzeugte und die Quittung in seine Brieftasche steckte.
»Wenn Sie bieten, zeigen Sie eine von den numerierten Karten.
Setzen Sie sich möglichst in die erste Reihe, wo der Auktionator Sie sehen kann, und dann wird niemand anders im Saal wissen, daß Sie bieten. Ihren Artikel können Sie etwa fünf
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Minuten, nachdem Sie ihn gekauft haben, abholen. Wenn Sie bar bezahlen, brauchen Sie keine Referenzen zu geben oder sich auszuweisen.«
»Werde ich Sie wiedertreffen?«
»Ich glaube nicht«, sagte er. Er winkte mit dem Löffel.
»Haben Sie mir sonst noch etwas mitzuteilen?«
»Nein«, sagte er. »Von jetzt an leitet Baron Staiger die Operation.« Er schaufelte den großen Klacks Schlagsahne auf seine Kuchengabel und schob ihn sich in den Mund. Ein Ausdruck reiner Seligkeit lag auf seinem Gesicht, während er sich die Schlagsahne auf der Zunge zergehen ließ und endlich schluckte. »Sie haben Ihren Tee nicht getrunken«, sagte er.
»Nein.«
Er stand auf und schlug die Hacken zusammen, als er sich verabschiedete. Ich blieb noch ein paar Minuten länger sitzen, nippte an meinem Teeglas und blickte mich im Raum um. Ich bemerkte, daß er mir die Rechnung hinterlassen hatte. Mit dem Katalog, den Hoffmann mir gegeben hatte, trat ich hinaus auf die Terrasse, von der aus man die Salzach überschauen konnte.
Es war zu kühl, als daß sich jemand dort hinaus hätte setzen wollen, aber ich genoß die Vorstellung, alleine zu sein. Ich schlug die Nummer 584 nach. Sie gehörte zu der Abteilung des Katalogs mit der Bezeichnung »Deutsche Reichsflugpost –
Zeppelinbelege« und war in jenem hemmungslosen Prosastil beschrieben, dessen sich auch die Männer bedienen, die Ferienwohnungen an der Costa Brava verkaufen.
»584. Sieger Katalog 626. Brief. Bunttafel IV. öS 1000, –
1930, Südamerikafahrt, Paraguaypost. Schmuckbrief mit Flugpostmarken, entwertet mit violettem Paraguay-Zeppelin-Sonderstempel ›Por Zeppelin‹, dazu violetter Paraguay-Flugpoststempel 16.5. Brief nach Deutschland, in dieser Erh.
ungewöhnl. schöner und extrem seltener Beleg, Spitzenbeleg für den großen Sammler.«
Ich entnahm dem allem, daß 1930 der auf der Farbtafel Nr.
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4 abgebildete Umschlag auf eintausend Schilling geschätzt worden war. Er war, versehen mit allen postalischen Formalien, auf dem Luftschiff Graf Zeppelin von Paraguay nach Deutschland expediert worden und inzwischen eine große philatelistische Rarität. Die Farbabbildung zeigte einen guterhaltenen hellblauen Umschlag mit verschiedenen Marken und Gummistempelungen, adressiert an einen Herrn Davis in Bremen. Er sah nicht aus, als wäre er auch nur annähernd tausend Schilling wert. Während ich da so über dem Fluß saß und zur Festung Hohensalzburg hochschaute, die den halben Horizont verdeckte, öffnete sich die Glastür, und ein Mann gesellte sich zu mir auf die Terrasse. Zunächst schien er mich nicht zu bemerken. Er ging bis an die schmiedeeiserne Brüstung und sah nach, wie tief man da hinunterfallen konnte, so, wie das die meisten Leute machen. Als der Mann sich umwandte, um einen besseren Blick auf die Festung jenseits des Flusses zu bekommen, konnte ich ihn eingehender betrachten. Er war einer der Amerikaner, die ich vorhin drinnen bemerkt hatte. Er trug einen
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