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Gefaehrlich begabt

Gefaehrlich begabt

Titel: Gefaehrlich begabt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Olmesdahl
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ins Stolpern, aber Mr. Cole zog sie entschlossen weiter. Die beiden Wachposten hingen immer noch von der Decke. Die roten Gesichter zeigten, dass ihnen das Blut in die Köpfe geschossen war.
    Sie erreichten das Erdgeschoss. Sebastian bremste ab. Annas Herz raste, deshalb wunderte sie sich, als es noch einen Zahn zulegte. Angst und Eile stellten eine ungesunde Mischung dar.
    Zwei Beiratsmitglieder versperrten ihnen den Weg, bäumten sich bedrohlich vor der Tür auf. Ihre Lippen bewegten sich unter den Worten eines Fluchs, den sie sprachen.
    Bevor Anna schalten oder Sebastian reagieren konnte, spürte sie einen Luftzug hinter dem rechten Ohr. Ein Pfeil sauste an ihr vorbei und traf den älteren der Greise in die Brust. Er klappte wie ein Kartenhaus zusammen. Tot. Ihre Knie zitterten und es fiel ihr schwer, sich noch länger auf den Beinen zu halten. Schweißperlen bildeten sich auf der Stirn und sie kniff die Augen zusammen, um ein Schwindelgefühl loszuwerden.
    Der zweite Engländer hielt inne und suchte die hinteren Reihen ab. Anna wagte nicht, sich abzuwenden, und einen Blick zu riskieren. Opa Cole kämpfte sich nach vorn durch.
    »Ich erledige auch dich, du Arschloch. Besser ist, du gibst den Weg frei.«
    Der Mann gehorchte und presste sich an die Holztür. Er rechnete sich keine Chancen aus. Klug von ihm.
    »Geht vor. Mr. Cole, Sie übernehmen das Kommando. Ich komme sofort nach.«
    Anna versuchte, einen Blick auf Sebastians Gesicht zu erhaschen. Sie wettete, dass seine Iris schwarz loderten. Sie wollte bei ihm bleiben, ihm beistehen, aber er stieß sie zur Eingangstür. Sie wusste, was er vorhatte, aber es tat ihr nicht leid. Mit jedem Toten fiel es leichter, Sebastians Vorgehensweise zu akzeptieren. Sie erschrak über ihre Gedanken und taumelte auf die Straße. Sebastian sprang Sekunden nach ihr in die Freiheit.
    »Shit«, sagte er.
    Passanten und Autofahrer warfen ihnen entsetzte Blicke zu. Wie konnten sie das vergessen? Eine blutbeschmierte Gruppe, mit ein paar Armbrüsten bewaffnet, fiel offensichtlich auf …
    Sebastian stoppte einen Wagen. Er stellte sich einfach auf die Straße und das Auto kam zum Stehen. Die magische Druckwelle blockierte die Reifen, sie drehten kurz auf der Stelle durch. Er steckte den Kopf in die Beifahrertür und der Blick des Fahrers veränderte sich. Er stieg aus, fast überfuhr ihn ein überholendes Fahrzeug. Anna kreischte, aber es ging noch einmal gut.
    »Können Sie fahren, Frau Graf?«
    Ihre Mutter nickte und spurtete um das Auto herum.
    »Anna, zeig deiner Mutter den Weg zum Wald. Wir treffen uns da. Nehmt das Mädchen mit. Mr. Cole und ich fahren mit Sallys Mutter.« Sebastians Befehlston spornte zur Eile an und ihre Mutter trat aufs Gas, bevor sie die Wagentür geschlossen hatte. Wann hatte sich ihre zögerliche Mutter so verändert?
    Anna sah in den Rückspiegel. Sebastian hielt ein zweites Auto an und bezirzte den Fahrer. »Halt dich links und an der zweiten Ampel rechts«, versuchte sie, korrekte Angaben zu machen. Angst wand sich in der Magengrube, ihr Hirn arbeitete nur langsam. Hatte sie es sich richtig gemerkt? Nach wenigen Minuten erkannte sie das Restaurant.
    »Park in fünfhundert Metern«, sagte sie und stieß erleichtert die Luft aus. Sie klang grauenhaft. Heiser, piepsig, kraftlos. Die trockene Kehle brannte und sehnte sich nach Wasser. Ihre Mutter bremste hart ab. Sie sprangen zeitgleich aus dem Wagen, Anna zog Vanessas kleine Schwester hinterher. Das Mädchen hatte bislang kein Wort gesprochen.
    Sie rannten über die Straße und in den Wald. Hinter ein paar Tannen blieben sie stehen und japsten nach Luft.
    Ein Auto bremste scharf auf der Straße ab. Hoffentlich Sebastian mit dem Rest. Schritte spurteten über den Waldboden.
    »Tempo!«
    Sebastian! Schon tauchten sie vor ihnen auf. Ihr fiel ein riesiger Stein vom Herzen. Kraftlos glitt die Armbrust zu Boden, die tauben Arme gaben nach. Ihre weichen Knie drohten, das Gewicht nicht länger zu tragen, und sie warf sich mit letzter Kraft Sebastian an den Hals. Er packte sie.
    »Wir haben’s geschafft«, flüsterte Anna.
    Sebastian stellte sie auf die Füße. Er wirkte distanziert. Sein Gesicht glich einer Eisskulptur. Glatt, ausdruckslos, kühl.
    »Was ist?«
    »Wir müssen noch die anderen holen. Ich schlage vor, wir arbeiten uns noch ein Stück tiefer in den Wald vor, ihr gönnt euch eine Pause, während ich zurück zum Jagdschloss gehe.«
    »Ich lass dich nicht allein«, schoss aus ihr hinaus.
    »Du stehst kurz

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