Gefaehrlich sexy
anderes will, als in der Nähe dieser Frau zu sein, die zeit meines Erwachsenenlebens stets wie eine Mutter zu mir war. Ich hatte kommen und sie um Verzeihung bitten wollen, aber jetzt suche ich vor allem den Trost, den sie mir schon so oft gespendet hat.
Ich versuche, ihr zu widersprechen, doch sie streicht mir eine Haarsträhne hinters Ohr und sieht mich an. »Schätzchen, hör mir zu. Alles, was ich wollte, war, dass du versuchst, Bens Verhalten vor drei Jahren zu verstehen und ihm vielleicht zu verzeihen.«
Ich hole tief Luft und fange ganz von vorne an. »Das ist mir inzwischen klar. Und ich habe auch mit ihm geredet …«
Ich erzähle alles, was seit seinem Wiederauftauchen geschehen ist – auch, dass ich das Gefühl habe, als würden uns alle plötzlich hohe Mauern trennen, als drifteten wir auseinander und es gäbe keinen Weg zurück.
Wir reden über eine Stunde. Hin und wieder fällt sie mir ins Wort oder gibt mir einen Rat, aber meistens hört sie einfach zu. Als ich nichts mehr zu sagen habe, legt sie mir ihre Gefühle dar. »Alles, was ich will, ist, dass ihr beide glücklich seid. Ich weiß, dass das nicht heißt, dass du wieder zu ihm zurückgehst. Weil du schließlich mit River glücklich bist. Aber ich mache mir einfach Sorgen um Ben. Er ist vollkommen verloren, und das Leben, das er kannte, gibt es jetzt nicht mehr. Ich dachte, dass er sich deshalb noch nicht entschieden hat, was er aus seinem Leben künftig machen will, weil er noch immer denkt, dass er dich vielleicht doch noch mal zurückgewinnen kann. Nur deshalb wollte ich, dass du ihm verzeihst. Damit er sieht, dass zwischen euch nicht mehr als Freundschaft übrig ist.« Sie legt eine Pause ein und sieht mir ins Gesicht. »Und, Dahlia, er hat vor kurzem bei mir angerufen und gesagt, dass er es jetzt versteht.«
Obwohl sie es dabei belässt, weiß ich, was sie meint. Sie sieht mich mit einem schmalen Lächeln an, und als sie meine Hand loslässt, bricht mir das Herz bei dem Gedanken, dass die Liebe, die mich einst mit Ben verbunden hat, verloren ist. Ich kann sie nicht zurückholen und möchte es auch nicht. Aber ich hoffe, eines Tages findet Ben etwas wie das, was River mir gegeben hat und täglich gibt.
»Und jetzt musst du nach Hause fahren und mit River sprechen.« Grace erhebt sich von der Couch, führt mich zur Tür und drückt noch einmal meine Hand. »Du solltest ihm ganz ehrlich sagen, was du fühlst. Was du für ihn empfindest, dass dir sein Verhalten Angst macht, all die Dinge, über die du eben auch gesprochen hast. Halt nichts davon zurück. Denn wenn du dich ihm öffnen kannst, werdet ihr eure Probleme lösen, weil die Liebe, die euch beide verbindet, etwas ganz Besonderes ist. Das weiß ich, Dahlia, denn ihr beide seht euch oft genauso an, wie mein Mann mich immer angesehen hat. Deshalb weiß ich, dass das Band, das euch verbindet, unverbrüchlich ist. Das, was ich mit meinem Mann hatte, war derart stark, dass ich es nie vergessen werde, selbst nach all den Jahren nicht.«
Ich umarme sie zum Abschied und erkenne, sie hat recht. Ich weiß, wie sehr sie ihren Mann geliebt hat, und obwohl ich ihm niemals begegnet bin, habe ich ihr diese Liebe täglich angesehen.
Während wir so eng umschlungen in der Haustür stehen, verspüre ich urplötzlich das Bedürfnis, ihr etwas zu sagen, was mir selber bisher nie ganz klar gewesen ist. »Du weißt, wie sehr ich dich liebe, Grace. Weil du für mich in all den Jahren nicht einfach wie eine Mutter, sondern wie eine echte Mutter warst.«
Ihre Lippen fangen an zu beben, und mit einem unmerklichen Nicken nimmt sie mich noch fester in den Arm. »Oh, Dahlia, ich liebe dich so sehr. Vielen, vielen Dank.«
Schließlich machen wir uns wieder voneinander los. Ich sehe sie genauer an. Sie sieht erschöpft aus, und unter ihren Augen, die normalerweise immer fröhlich blitzen, nehme ich zwei tiefe, bläulich schwarze Ringe wahr. »Bitte mach dir keine allzu großen Sorgen, Grace. Ich weiß genau, dass Ben für die Probleme, die er gerade hat, eine Lösung finden wird. Er ist unglaublich zäh und bekommt sein Leben garantiert auf Dauer wieder in den Griff.«
»Das hoffe ich, Dahlia, das hoffe ich. Und jetzt fahr nach Hause und sprich mit River.« Und noch während sie mich aus dem Haus und in den Regen scheucht, ruft sie mir hinterher: »Dahlia, Schatz, wo ist dein Schirm?«
Ich muss lachen, denn sie weiß genau, dass meine Regenschirme immer innerhalb kurzer Zeit verlorengehen.
Als ich in
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