Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 1
die Möglichkeit habe, Clément vor seiner Abreise zu erwischen.
Kapitel 21
Mit dieser ihr eigenen, unverwechselbaren Art geht sie aus dem Raum. Es mag blöd klingen, denkt er, während sie ihm dieses seltsam abwesende Lächeln schenkt und gleich darauf die Tür zu seinem Atelier zuknallt, aber ihre Art zu gehen, kann er nur mit Schwingen beschreiben. Ihre Füße schwingen nach vorn, bevor sie sie aufsetzt. Ihr an den Enden gelocktes, langes Haar schwingt bei jedem Schritt hin und her, sofern sie es nicht wieder an ihren Kopf geknotet hat. Ihre langen, schlanken Arme schwingen anmutig vor und zurück. Ihr Körper ist ein einziges, harmonisches Schwingen. Vor allem aber schwingen ihre Hüften. Und besonders das macht ihn schier wahnsinnig.
Wie soll er dabei ruhig bleiben? Ihr kleiner, runder Arsch ist die pure Sünde. Seit gestern hat er ihn so oft vor Augen gehabt, dass er ihn blind malen könnte. Gezeichnet hat er ihn längst. Aber nicht nur ihren Apfelpopo. Er hat sie von ihrer Rückseite gezeichnet. Mit Kohle. In dem Moment, wie sie ihren Kopf nach hinten wendet und gleichzeitig ihre Arme und ihr Haar in einem einzigen, perfekten Bogen um sie … herumschwingen. Da ist es wieder, das Wort, ohne das er nicht auskommt, wenn er an sie denkt.
S eit er sie an dem Hotelfenster entdeckt hatte, als sie ihr süßes, gerades Näschen durch den Vorhang steckte und ihn mit diesen riesigen, grünen Augen forschend betrachtete, hatte er pausenlos an sie gedacht. Sollte er sie eines Tages wirklich in Öl malen, würde er ihre Augenfarbe mischen müssen, denn diese Farbe gibt es nicht zu kaufen. Es ist ein klares und dennoch warmes Grün, beinahe transparent und doch ist es kein Pastellton.
Aber heute wird er sie nicht malen, sondern bemalen. Und er weiß auch schon wie. Was er allerdings nicht weiß, ist, wie er die Prozedur überstehen soll, ohne sie anzufallen.
Er dreht sich um und nimmt eine frische Plastikfolie aus dem Regal. Es wird Zeit, dass er den Raum und die Farben vorbereitet. Sonst steht er noch wie angewurzelt da, wenn sie nachher wieder zu ihm hineinschwingt. Und das letzte, was er will, ist, dass sie ihn für einen Idioten hält. So einen hat sie bereits zu Hause. Und so wie er sie einschätzt, kann sie dem Hampelmann nicht mehr in die Augen sehen, wenn er sie erst nach allen Regeln der Kunst verführt hat.
Kapitel 22
Mathis hat zwar gefragt, ob er mich auf mein Zimmer begleiten soll, aber das ist nicht nötig. Er soll lieber die notwendigen Vorbereitungen für das Bodypainting und die anschließende Fotosession treffen. Den Weg finde ich inzwischen allein. Ich brauche dringend ein paar Minuten für mich, denn Cléments Nachricht setzt mir mehr zu, als ich wahrhaben will. Es ist etwas anderes, mit jemandem herumzumachen, als von seinem langjährigen Freund zu erfahren, das er sich seiner Liebe nicht mehr sicher ist. Das haut rein.
Es ist einfach viel zu viel in viel zu kurzer Zeit passiert. Das überfordert mich. Ich bin der besonnene Typ, Impulsivität ist nicht meine Sache. In den vergangenen Tagen habe ich bereits mehrfach meine Grenzen überschritten. Inzwischen weiß ich gar nicht mehr, wo diese Grenzen verlaufen. Ich fühle mich wie ein Blättchen im Wind. Ich werde getrieben und mache, mache, mache. Und alles, ohne Zeit zum Nachdenken. Aber was hilft es?
Ich bin da. Ich atme tief durch und betrete Mutters Raum, der leer und dunkel vor mir liegt. In der Hoffnung, ein wenig Klarheit in meine Gedanken zu bringen, schalte ich Festbeleuchtung ein, gehe ins Bad und spritze mir eine ordentliche Ladung eiskaltes Wasser ins Gesicht. Dann kämme ich mir die Haare und stöpsele mein Glätteisen ein. Als ich auf der Toilette sitze, fällt mir Mutters Laptop ins Auge.
Ohne großartig darüber nachzudenken, was ich da tue, starte ich den Computer . Ich verabscheue mich selbst dafür, dass ich das Schreibprogramm aufrufe und die Arbeit, an der sie zuletzt gesessen hat. Es ist erbärmlich, in den Sachen anderer Leute herumzuschnüffeln, aber besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen und dies hier ist eine sehr besondere Situation.
Viel finde ich nicht. Sie hat Notizen über das Schloss und über Antoine gemacht. Sein Geburtsdatum hat sie notiert und Stichworte über Antoines Kindheit. Etwas abgesetzt steht da: Docetaxel, Medikament. Wogegen?
Anscheinend hat Antoine eine Krankheit. Aber mit fast sechzig ist das wohl normal.
Ich schließe das Dokument . Anscheinend will meine Mutter tatsächlich die
Weitere Kostenlose Bücher