Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 1
Sessel auf, „Menschen haben mehr als ein Talent.“
An unserer Zimmertür klopft es leise. Mutter öffnet und drückt dem zotteligen Typen, der unsere Haustür eingebaut hat, mein Handy in die ausgestreckte Pranke. „Es ist alles drauf.“
„Mutter, das ist mein Handy“, melde ich mich.
„Du hast deine Tochter mitgebracht?“, brummt der Zottel, mit dem ich keine drei Worte gewechselt habe, als er sich in unserem Haus als Handwerker betätigte.
„Wir machen uns ein schönes Wochenende in der Stadt. Auf sie ist Verlass.“
„Okay“, nickt er und seine Nicht-Frisur wackelt. „Ich bin dann in der Redaktion. Mille fois merci, Aurore.“ Tausend Dank. Er drückt meiner Mutter einen Kuss ins Gesicht, den sie strahlend erwidert. „Gute Nacht, Jade“, sagt er zu mir und verschwindet.
Mir wird schlecht und ich muss mich setzen. Wie in Zeitlupe klettere ich in das Bett. Auf mich ist also Verlass. Das ist ja ganz toll. Was geht hier ab? Ich kann es nicht fassen, dass meine Mutter die Hilfsfotografin für einen Sensationsreporter spielt und mich davon abhält, die Polizei zu rufen, während wir einen Einbruch beobachten.
„Hättest du geschlafen“, meint sie und schließt die Tür unseres Hotelzimmers, „hättest du nichts von all dem mitbekommen. So war das geplant.“
Ich bin vollends sprachlos.
Aber jetzt ist meine Mutter in ihrem Element. „Die Leute von der Polizei werden uns befragen, Jade. Wir sind zufällig hier, machen uns ein paar schöne Tage in unserer Hauptstadt. Wenn du verstehst, worauf ich hinaus will.“ Ihre Augen funkeln in der Dunkelheit.
„Ich soll die Polizei belügen?“ Ich schnappe nach Luft.
„ Nicht belügen, Jade. Du sollst lediglich für dich behalten, dass die Fotos mit deinem Handy aufgenommen wurden. Es befindet sich ja nun ohnehin nicht mehr in deinem Besitz. Oder willst du, dass sie uns verdächtigen, etwas mit der Sache zu tun zu haben?“
„ Uns? Wohl eher dich. Hast du, Mutter?“ Ich klettere nochmal aus dem Bett und werfe einen Blick aus dem Fenster. Drüben ist der Teufel los. Polizisten stürmen das Haus. Leider zu spät. Ich lege mich wieder hin.
Mama schüttelt den Kopf. „Ich schwöre. Robert hat einen Geheimtipp erhalten. Ehrlich, Jade.“ Sie sieht mich eindringlich an.
I ch glaube ihr. Das ist bestimmt wieder eine dieser idiotischen Sachen, die sie manchmal macht. Wie damals, als sie in einen Banküberfall geriet. In einer Bank in Meaux, bei der sie kein Konto hat. Da hat sie hinterher den Bankräuber identifiziert. Langsam bezweifele ich, dass sie zufällig in der Bank war. Zumal sie bekanntermaßen fast nie das Haus verlässt. Vielleicht war das auch so ein Geheimtipp von ihrem zotteligen Bekannten, der in Wirklichkeit kein Hautür-Monteur ist, sondern Reporter.
Mutter setzt sich zu mir auf die Bettkante, legt einen Arm um meine Schultern und drückt mir einen Kuss auf die Wange. So wie früher, als ich noch ein Kind war und schlechte Träume hatte.
„Lass uns gemeinsam einen Roman über diese Geschichte schreiben“, sie sieht mir so fest in die Augen, dass ich gar nicht ausweichen kann, obwohl ich es will, „oder ein Drehbuch für einen Film. Beides. Und sieh den Aufenthalt in diesem Hotel als Recherche. Seine Quelle gibt man nach alter Journalistenmanier niemals preis. Das weiß doch auch eine Drehbuchautorin für Liebesfilme, nicht wahr?“
Das wird ja immer toller. Erst hilft sie bloß ihrem guten Bekannten aus, jetzt will sie den Einbruch in einer Geschichte verbraten. Und ich soll mitmachen. Ich weiß gar nicht mehr, was ich denken soll. „Seit wann bist du Journalistin, Mama?“
„Als du klein warst, habe ich uns mit solchen Aufträgen über Wasser gehalten. Ich war nicht von Anfang erfolgreich mit meinem Geschreibsel.“
„Mit solchen Aufträgen?“, entsetzt zeige ich zum Fenster.
„Kaninchenzüchterverein, Ortsverein der Partei, das Verschwinden des Skeletts aus deiner Grundschule …“ Sie legt sich zu mir ins Bett, deckt sich zu und zieht sich die alberne Schlafmaske vor die Augen. Ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Ich kann doch jetzt nicht schlafen. Wie soll denn das gehen? Im Haus gegenüber wird eingebrochen, Mama fotografiert das. Mit meinem Handy. Oh. Mann. Ich glaub‘, ich dreh‘ durch.
„Vor morgen früh vernimmt uns die Polizei sowieso nicht“, ist Mamas letzte Verkündigung für diesen Tag. Danach fällt sie von einer Sekunde auf die andere in einen tiefen Schlaf. Genau wie Clément, nachdem wir
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