Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 1
bist du denn aufgewacht? Verdammt, wir müssen die Polizei rufen!“
„Wenn da drüben gerade das geschieht, was ich glaube, was da geschieht, dann heult gleich eine Alarmanlage los und die Polizei wird automatisch benachrichtigt.“
Von meinem Platz hinter dem Vorhang aus gucke ich entgeistert zu dem in der Dunkelheit ganz grau aussehenden Profil meiner Mutter. „Aber dann ist der Typ weg.“
„Quatsch. Dann fahren vor den Fenstern Gitter runter.“
Ich halte die Luft an. Ist das zu fassen? Was geht denn hier ab? „Woher weißt du das alles?“
„Ich weiß es nicht , ich vermute es.“
„Was ist hier los?“ Meine Knie schlottern. Hier stimmt doch was nicht. Die ganze Situation. Diese Reise nach Paris. Hals über Kopf. Dieses Hotel. 3 Sterne. Nichts gegen Mittelklassehotels, aber seit ich denken kann, bucht meine Mutter ausschließlich First Class Hotels. Wenn sie schon zu Hause mit dem Mangel leben muss, betont sie gern, dann will sie wenigstens auf Reisen im Luxus schwelgen. Also bitte. Hier stinkt doch ganz fürchterlich was, und zwar bis zum Himmel.
„ Warte einfach ab. Vertraue mir“, murmelt sie und mein Handy klingt wie eine Sportkamera. Klick, klick, klick, geht es nur noch.
„Ich kann doch nicht mit ansehen, wie da drüben eingebrochen wird. Der Typ wandert mit dem Schmuck und dem Geld und was weiß ich, was in der Bude für Reichtümer lagern, zur Tür hinaus. Morgen kommt die Polizei und dann verhören sie uns. Und wenn du was damit zu tun hast …“
„Also ehrlich, Jade. Ich habe nichts damit zu tun. Ich habe bloß eine Vermutung …“
„Dein Geheimtipp bezog sich wohl gar nicht auf dieses schnuckelige Hotel? Und es ging dir gar nicht um einen Shopping-Ausflug …“ In meinem Kopf rattern die Rädchen.
„ Klappe, Jade! Guck‘ nach drüben. Es geht weiter. Du verpasst das Beste.“
In der Tat. Drüben geht es weiter. Spiderman verschwindet nicht auf normalem Wege aus dem Haus. Natürlich nicht. Er steigt aus dem Fenster. Ich sehe seine schlanke, gut geformte Silhouette. Er trägt den Rucksack wieder auf dem breiten Kreuz. Und dann sieht er zu mir rüber, direkt in mein Gesicht.
Ich halte die Luft an.
Klick, macht mein Handy. Spidermans Kopf zuckt zu Mama.
Verdammt, hat der Typ die Augen einer Eule?
Noch ein Klick.
Im nächsten Moment umklammert er wieder die Regenrinne und klettert wie eine Spinne nach unten.
„Wo bleiben die Gitter?“, japse ich.
„Anscheinend hat er die blockiert“, überlegt Mama.
„ Der Einbrecher ist entkommen“, keife ich. Ansonsten stehe ich wie erstarrt auf meinem Platz. So etwas ist nichts für mich. Wenn schon Aufregung, dann bitte sehr wegen Liebe. Und damit meine ich keinen Liebeskummer.
In dem Moment fahren auf der gegenüberliegenden Seite Gitter vor den Fenstern hinunter und ein fürchterliches Geheul erklingt.
„Eine super Alarmanlage“, stellt meine Mutter kopfschüttelnd fest. „Oder der Typ hat richtig Ahnung von Technik. Das ist unglaublich. Wie im Fernsehen. Besser kann man sich das nicht ausdenken. Hast du Verlockende Falle gesehen?“
Stocksteif stehe ich da. Ich bin völlig fertig. Wie kann meine Mutter jetzt an diesen Film denken. Aber n atürlich habe ich ihn gesehen. Ich sehe alle Filme, in denen Catherine Zeta-Jones mitspielt. „Was hat der Film mit dem zu tun, was da drüben vorgeht, Mutter?“
„Keine Ahnung. Ich dachte, dass sie da auch an einer Fassade herumgeklettert sind.“
„Die Fassade war ein paar hundert Meter höher“, murmele ich. Unten auf der Straße blinkt plötzlich jede Menge blaues Licht. Das penetrante Gedudel von vier Polizeiwagen hallt zu uns hoch und in den umliegenden Häusern gehen überall die Lichter an.
Schwer atmend sinkt Mutter in den karierten Ohrensessel.
„Der Reporter, der den Artikel in der Le Monde geschrieben hat, ist ein alter Bekannter von mir.“ Sie sieht mir in die Augen. Ungefähr so wie vorhin Spiderman. „Er ist im Zimmer nebenan. Er hat mich gebeten, hier die Stellung zu halten. Wegen der Fotos. Er wusste nicht, aus welchem Zimmer man die bessere Sicht hat.“
„ Doch nicht etwa dein guter Bekannter “, frage ich entgeistert, nachdem mir klar wird, dass Mama von dem Zeitungsartikel spricht, den ich nicht gelesen habe, und in dem es um die angeblich an einen Scheich vermietete Mona Lisa geht.
„Doch“, nickt sie, „genau der.“
„Aber der hat doch unsere Haustüre …“
„ Meine Güte, Jade“, stöhnt meine Mutter und springt wieder von dem
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