Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 1
ich aber krampfhaft zu vermeiden versuche.
Mein Entführer hält mir die Tür zu dem Treppenhaus auf, durch das wir, sofern ich mich recht erinnere, in der Nacht hochgekommen sind. Jedenfalls nehme ich an, dass es diese Treppe war, weil der Weg bis dahin längst nicht so weit ist wie der, den wir mit Dominique zurückgelegt haben. Auch das unter der Voraussetzung, dass mir meine Erinnerung keinen Streich spielt.
„Wohnst du hier allein mit deinem Onkel?“, frage ich, als ich an Mathis vorbeigehe und seinen frischen Schweiß einatme.
„Nein.“
War’s das? Nein? Im Vorübergehen sehe ich in Mathis‘ spöttisch verzogenes Gesicht. Blödmann!
„Danke für diese ausführliche Antwort“, fauche ich ihn an und gehe die Treppe betont langsam hinunter, obwohl mir jetzt eher nach Rennen zumute ist. Der Mann macht mich eindeutig nervös. Trotzdem wird es ihm nicht gelingen, mich mundtot zu machen.
„Gehört das zum Plan, dass ich über alles im Unklaren gelassen werde?“, frage ich eine Spur zu schnippisch.
Wortlos überholt er mich auf der Innenseite der Treppe und ich erwische mich bei dem Gedanken, dass er da ganz leicht ausrutschen könnte. Ich brauchte ihn bloß anzustoßen. Aber das traue ich mich dann doch nicht. Stattdessen trabe ich hinter ihm her, als wäre ich sein Hund. Fehlt bloß noch, dass ich mit dem Schwänzchen wedele, aber so etwas habe ich als Weibchen natürlich nicht.
„Gehört das Schloss deinem Onkel?“, setze ich meine Fragerei fort. Inzwischen kommen die Worte allerdings nur noch gepresst aus mir heraus. Wenn das so weitergeht, brauche ich gleich wieder ein Bad. Mann, was soll die verdammte Rennerei?! Mir reicht es. Ich drossele das Tempo. Soll der Typ doch vor mir weglaufen. Umso besser. Dann kann ich mich in Ruhe nach einem Fluchtweg umsehen.
„ Alter Familienbesitz“, gibt mein Entführer überraschend eine Auskunft, mit der man tatsächlich mal was anfangen kann. Außerdem läuft er jetzt ebenfalls langsamer. Anscheinend will er mich nicht allein lassen.
„Gehört ihr etwa zum Adel?“
„Du stellst Fragen“, brummt er.
„Warum antwortest du nicht einfach? Frage – Antwort, Frage – Antwort. So geht das. Dann wäre ich irgendwann durch mit den Fragen und du hättest deine Ruhe, die du anscheinend so nötig hast.“ Ist doch wahr!
Wir haben das untere Ende der Treppe erreicht und Mathis reißt die nächste Tür auf, die uns auf den Gang im Erdgeschoss führt. Dieses Mal lässt er mich aber nicht an sich vorbei gehen, sondern gibt der Tür einen kräftigen Schubs und geht voraus, so dass ich mich sputen muss, dass ich noch durchkomme, ohne dass mir das Holzungetüm an den Kopf knallt.
„Ich kann dir gleich noch eine Frage stellen“, schlage ich giftig vor, als wir an den modernen Gemälden vorbeirennen, die mir überhaupt nicht gefallen und die kein Stück in das alte Schloss passen.
„ Mach‘ dir keine Mühe“, kommt es genervt zurück.
„Warum habt ihr uns eigentlich am allerletzten Ende von diesem Bau untergebracht? Seit gestern geht es die ganze Zeit treppauf, treppab und über endlos lange Gänge. Es wäre wesentlich praktischer, wenn die Räume ein wenig näher beieinander lägen. Immerhin gibt es hier mehr als genug davon. Also, was soll der Quatsch?“
„Es gibt 56 Räume, aber nur 16 sind renoviert. Beantwortet das deine Frage?“
„Nur 16 Räume? Ist das nicht ein wenig knapp für zwei alleinstehende Verbrecher und eine Omi namens Dominique?“, spotte ich. „Ich nehme an, dass die renovierten Räume außerdem hübsch über das ganze Schloss verteilt liegen.“
„Schlaumeier“, brummt Mathis.
Ich keuche schon wieder hinter dem Kerl her. Unbemerkt hat er erneut das Tempo angezogen und ich dumme Nuss falle darauf rein. Sofort will ich mich zwingen, langsamer zu gehen, doch da bleibt er direkt vor mir stehen, so dass ich beinahe in sein breites Kreuz hineinrenne. Im letzten Moment kann ich mich bremsen.
Mathis öffnet die Tür, vor der er so abrupt stehen geblieben ist , und winkt mich an sich vorbei hinein in eine Küche, so wie man sie aus historischen Filmen kennt. An einer Wand steht ein riesiger Herd und die Mitte des Raumes wird von einem langen, groben Holztisch dominiert, um den herum unzählige Holzschemel stehen. Die Wände sind mit weiß gestrichenen Holzschränken zugestellt.
Mathis zeigt auf eine babyblaue Porzellanuhr, die über der Eingangstür hängt. „Es ist jetzt 11. Um eins gibt es Mittagessen. Du entscheidest, ob du
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