Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 1
anmerken zu lassen. Inzwischen hege ich die Hoffnung, dass ich mich an diese fürchterliche Situation gewöhnen werde. Andere Menschen begeben sich gern in Pferdeboxen. Ich hatte einst eine Freundin, die eine absolute Pferdenärrin war und die ihre Freizeit lieber im Stall der Pivalons verbrachte als mit mir zu spielen. Camille hieß die blöde Ziege.
Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass Mathis sich von Blackys Box entfernt. Kurz darauf höre ich kräftiges Striegeln aus der Box nebenan, durchwirkt von besänftigenden Worten, die Mathis dem Pferd zumurmelt. Unwillkürlich schüttele ich meinen Kopf. Irgendwie scheint mir diese Tierliebe nicht zu einem Verbrecher zu passen.
Ich werde immer mutiger, bürste immer kräftiger auf und ab, kreuz und quer. Blacky steht friedlich vor mir, die Hufe schön am Boden und das Maul geschlossen.
„Wenn du mit einer Seite fertig bist, machst du mit der anderen Seite weiter“, ertönt es hinter mir.
Mein Kopf fährt herum. Mathis Kopf und Schultern gucken über die brusthohe Trennwand zwischen den Boxen. Seine hohen Wangenknochen sind leicht gerötet, was mich daran erinnert, wie sehr ich schwitze. Meine Stirn ist klatschnass und ich wische mir den Schweiß mit dem Am ab.
„ Wandere aber besser nicht hinten um Blacky herum. Das mag er nicht“, warnt er mich, bevor Mathis im nächsten Augenblick an der Box vorbeiläuft, in der ich mich allein mit einem riesigen Pferd befinde, das es nicht mag, wenn man hinten um es herumwandert.
„Wohin gehst du?“, rufe ich Mathis nach, sorgsam darauf bedacht, meine Stimme fest klingen zu lassen, und außerdem hoffend, dass ich Blacky durch mein Geschrei nicht aufschrecke, doch meine Angst ist unbegründet. Er steht weiterhin wie angewachsen vor mir.
„ Ich bin jetzt bei Fantasy“, gibt Mathis zurück. „Das ist ein Schimmel.“ Und schon höre ich erneut eine Bürste über Pferdefell rauschen und dazu Mathis‘ Unterhaltung mit dem nächsten Tier.
Vorsichtig umrunde ich Blacky. Natürlich von vorn. Als ich vor ihm stehe, strecke ich in einem Anflug von Übermut die Hand nach seiner Nase aus, doch als er seinen Kopf leicht schüttelt, laufe ich schnell an ihm vorbei und mache auf der anderen Seite weiter mit dem Striegeln. Inzwischen rührt der Schweiß, der mir über die Schläfen rinnt, mehr von der Arbeit als von meiner Angst vor Pferden, wenngleich mein Respekt gegenüber diesem riesigen Tier immer noch gewaltig ist.
„Was macht ihr eigentlich mit den Pferden? Laufen sie für euch Rennen?“ , rufe ich über die Boxenwand hinweg.
„Die Pferde, die du in unserem Stall findest, waren einst Tournierpferde. Momentan haben wir nur vier davon. Mein Onkel hat sie gekauft, nachdem sie ausgemustert wurden. Er findet, dass sie in Würde altern sollten, nach all dem, was sie geleistet haben. Jetzt lässt er ihnen jede erdenkliche Pflege zukommen.“
Anscheinend haben alle Verbrecher eine gute Seite. Noch mehr beeindruckt hätte es mich allerdings, wenn das Verbrecherpärchen sich um Kinder in Not kümmern würde. „Menschen entführen und Pferde verhätscheln – also ich weiß nicht recht“, verkünde ich laut und deutlich und fahre mit kräftigen Bürstenzügen über Blackys gewaltiges Hinterteil. Hoffentlich befinde ich mich noch nicht zu weit hinter ihm.
„Die wahre Liebe ist die Liebe zu Tieren“ , brummt Mathis, der mit einem Mal bei mir vor der Box auftaucht. „Lass‘ es mal gut sein“, bremst er meinen Eifer, „in wenigen Minuten werden wir beim Essen erwartet. Komm mit. Die Bürste kannst du mir geben.“
„Aber ich kann mich doch nicht so an den Tisch setzen.“ Entsetzt blicke ich an mir hinab. Ich sehe aus, als hätte ich eine Schlammschlacht hinter mir, während Mathis gerade mal eine zarte Rötung auf den Wangen davon trägt.
„Den Staub kannst du abklopfen , wenn wir draußen sind“, brummt Mathis und verschließt die Box.
„Ciao, Blacky“, murmele ich, bevor ich Mathis über den Gang folge.
„Jetzt liebst du ihn auch schon“, grinst mein Entführer und schiebt das Stalltor zur Seite. „Jeder halbwegs vernünftige Mensch liebt Blacky. Er ist ein tolles Pferd.“
„Ich liebe meinen Freund“, knurre ich und renne sofort eilig durch den Schnee. „Und mein Freund liebt mich. Das ist Liebe. Nicht diese Schwärmerei für ausgemusterte Tournierpferde.“
„Wahre Liebe zwischen Mann und Frau ist ein Märchen“, gibt sich Mathis plötzlich redselig. Er hat mich eingeholt und joggt mit seinen ausladenden
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