Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 1
Pferdestall denken.
„Ging es in dem Telefonat um mich?“
„Wie kommst du denn darauf?“
„Es hörte sich so an.“
„Was genau klang denn nach dir? Normal, lang, mager oder die Zicke?“
Was für ein Idiot! Aber das ist mein Moment. Der Moment, auf den ich seit heute Vormittag in der Küche lauere, als ich ihn mit dem Handy sah. Blitzschnell schießt meine Hand unter der Heizdecke hervor und schnappt sich das verdammte Mobiltelefon. Blöderweise hat der Kerl exzellente Reaktionen. Seine langen Arme schnellen gleichzeitig hinter meiner Hand her, die ich so weit aus dem Schlitten hinausstrecke, wie es nur geht. An das Handy reicht er nur ran, wenn er sich auf mich setzt, aber das wagt er nicht.
„Was soll das?“, brummt Mathis. Sein weicher Wollmantel berührt meine Wange.
„Hast du von mir gesprochen?“ Die Unterseite meines Oberarmes knallt schmerzhaft auf den Rand des Schlittens , als wir schon wieder über einen Huckel fliegen. Lange halte ich diese Position nicht aus, aber ich habe keine Ahnung, wie ich das Handy sonst vor Mathis‘ Zugriff schützen soll.
„Warum interessiert dich das?“ Jetzt steht Mathis auf. Ich fasse es nicht! Bei der Geschwindigkeit erhebt der sich. Aber was habe ich erwartet? Einer, der Fassaden hochklettert, schreckt bestimmt nicht davor zurück, in einem Schlitten aufzustehen. Als er für den Bruchteil einer Sekunde das Gleichgewicht zu verlieren scheint, ziehe ich meinen Arm in den Schlitten und schiebe mir das Handy unter den Hintern.
Ich kann mich vor Lachen gar nicht mehr halten. Besonders, als ich Mathis‘ verdutztes Gesicht sehe. Mir kommen fast die Tränen. Damit hat er nicht gerechnet. Wow. Ich bin stolz auf mich. Ich sitze auf dem Handy wie die Henne auf dem Ei. Da soll der Kerl doch erstmal versuchen hinzufassen. Aber noch sieht er mich an wie ein Auto. Jetzt müsste ich bloß noch wissen, wie ich blind die Telefonfunktion auf dem iPhone aufrufe. Dann wäre alles geritzt, dann könnte ich Hilfe rufen.
Mathis hebt ein Bein über meinen Schoß und stützt sich mit den Händ en auf der Lehne hinter mir ab.
Scheiße. Das ist jetzt nicht mehr ganz so gut. Nicht lange und er packt sich meine Arme. Den Griff kenne ich von heute Vormittag. Dagegen habe ich keine Chance.
„Ich will doch nur meinem Freund eine Nachricht schicken, dass es mir gut geht .“ Ich sehe ihm flehentlich in die Augen. Jetzt, wo sich unsere Gesichter so nah voreinander befinden, erkenne ich die Farbe ganz deutlich. Die beiden Laternen, die neben den Rücksitzen angebracht sind, machen es möglich. Mathis‘ Augen sind knallblau. Das ist das erste Mal in meinem Leben, das ich einem Menschen begegne, der solche blauen Augen hat. Ich bin ganz gebannt von diesen Augen, ungefähr so wie in der Nacht, als er bemerkte, dass ich ihn bei dem Einbruch beobachtet habe. Mein Gott, das ist keine 48 Stunden her, und mir kommt es vor, als wären seitdem Wochen vergangen. Ein Wunder, dass ich mich überhaupt noch an Clément erinnere. Und was war da mit dem Kommissar?
„Ho-ho“, tönt es plötzlich von vorn und mit einem Mal bremst der Schlitten ab .
Mathis fällt direkt auf mich. Seine Knie knicken weg und er landet mit seinem harten Hintern auf der Heizdecke über meinem Schoß. Sein Gesicht knallt unsanft gegen meinen Hals. Als er den Kopf hebt, befinden sich seine Lippen nur wenige Millimeter neben meinen. Sein warmer Atem weht über mein Gesicht. Er riecht nach Menthol.
„Was ist denn da hinten los?“ , erklingt Mutters Stimme.
„Vermutlich ist das eines dieser Verhöre deiner Tochter, bei denen der Befragte einen Kuss bekommt, wenn er etwas verrät“, brummt Antoine.
„Die kleine Wildkatze hat mir das Handy abgenommen“, petzt Mathis anzüglich, ohne den Blick von meinen Augen zu nehmen und ohne den Kopf auch nur einen Millimeter zu heben. Ich presse meinen Kopf bereits so weit nach hinten in den Sitz, wie es geht. Wenn ich die Lippen nur ein wenig spitze, berühren sich unsere Münder.
„Ich will meinen Freund anrufen“, zische ich. „Jetzt sofort. Oder ihm wenigstens eine SMS schicken.“
„Lass sie in Ruhe, Mathis.“ Antoine hat sich halb zu uns herumgedreht. „Sie kann ihm später eine SMS senden, aber nicht von diesem Handy.“
„ Onkelchen, glaubst du, dass ich das zulasse?“ Noch immer befindet sich Mathis‘ Gesicht so nah vor meinem, dass nicht viel mehr als ein Blatt Papier zwischen unsere Lippen passt. „Du hast gehört, was er gesagt hat, Jade“, raunt er.
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