Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 1
ein, die dir gefällt.“
Ich fühle mich wie ein Kind. Oder wie eine hohle Nuss. Oder wie in der Irrenanstalt. Möglichst unauffällig suche ich nach diesem Regler, von dem ich mir nicht vorstellen kann, dass er überhaupt existiert. Bis Mathis sich über mich beugt, hinter mich greift und mir ein kleines Rädchen, ähnlich dem Lautstärkeregler an einem In-Ear-Kopfhörer in die Hand drückt. Ohne eine Miene zu verziehen, fläzt er sich wieder auf seine Seite und widmet sich dem Handy, während ich argwöhnisch die Winterlandschaft betrachte. Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung, woher Antoine und diese Pferde wissen, wo sie langlaufen müssen, denn ich erkenne keinen Weg, was vermutlich daran liegt, dass sämtliche Wege zugeschneit sind. Wir scheinen über endlos weite Felder zu kutschieren, der Schlitten ruckelt nämlich ziemlich und mir drängt sich der Eindruck auf, dass wir uns am Nordpol befinden.
„Hier ist ja echt der Bär los“, wage ich eine Bemerkung, die Mathis ein lautes Lachen entlockt. Überrascht sehe ich zu ihm. Es wundert mich, dass der Typ lacht. Mehr als ein sarkastisches Grinsen hätte ich von ihm nicht erwartet.
„Typisch Stadtkind“, fällt Mutter mir in den Rücken, obwohl ich ja nun wirklich nicht aus einer Metropole stamme. „In der Tat ist es traumhaft. Die Ruhe, die Weite. Das Auge wird durch nichts begrenzt und es gibt keinen Straßenlärm. Wie groß ist das Anwesen?“
„Meine Vorfahren haben mir knapp 41 Hektar hinterlassen“, gibt Antoine bereitwillig Auskunft. „Drei Viertel davon sind Wald, auf knapp 2.000 Quadratmetern steht das alte Schlösschen, der Rest sind Wiesen und drei Seen. Soviel Land kann man nur mit viel Aufwand kultivieren, darum versuche ich es gar nicht erst. Mir gefällt es so ohnehin urwüchsig am besten.“
„Das ist so schön unauffällig“, knurre ich und entdecke in der Nähe auch schon die ersten Bäume. „Da kann man sich schön verstecken.“
„Das ist tatsächlich einer der Vorteile“ , stimmt Antoine mir zu. „Da kann man sich in Ruhe seinen Leidenschaften widmen.“
„Ein Hektar sind 10.000 Quadratmeter“, wirft meine Mutter mit einem Blick über die Schulter ein, natürlich in meine Richtung. Sie wird sich wohl nie daran gewöhnen, dass meine miserablen Leistungen in Mathematik meiner nicht sonderlich glorreichen schulischen Vergangenheit angehören. Am besten ist es, wenn ich Mutters Bemerkung überhöre.
„ Welchen Leidenschaften frönen die beiden Herren denn?“, frage ich betont spöttisch.
„ Ich widme mich der Kunst und kümmere mich um ausgemusterte Pferde“, verkündet Antoine freundlich. „Ich danke dir übrigens, dass du Blacky gestriegelt hast, Jade.“
„ Geschenkt. Aber was meinen Sie, äh, was meinst du damit, dass du dich der Kunst widmest, Antoine. Du meinst doch bestimmt, du klaust gemeinsam mit deinem Ziehsohn Gemälde?“ Hoch zufrieden über meine freche Formulierung blicke ich in die Runde. Zustimmung sprudelt mir jedoch nicht gerade entgegen.
„Mein Neffe hat noch kein einziges Gemälde geklaut“, gibt Antoine milde lächelnd zurück. Nachdem er sich geräuspert hat, posaunt er jedoch heraus: „Das bisschen Kunst, das er braucht, malt er sich selber.“
„Die Gemälde im Erdgeschoss stamme n allesamt von Mathis“, springt Mama ein. „Sie sind großartig, nicht wahr, Jade?“
„Mit Kunst kenne ich mic h ebenso wenig aus wie du, Mama.“
„Willst du damit sagen, du hältst die Bilder für Klecksereien, Jade?“, fragt Mama. Sie bedenkt mich mit einem strengen Blick, doch jeder, der sie wirklich kennt, weiß, dass sie dieses Mal gar nicht vorhat mich maßzuregeln. Nur darum kann ich mein Stutzen gerade noch zurückhalten. Sie führt etwas ganz anderes im Schilde. Wenn ich mich nicht irre, ist meine clevere Mama gerade dabei, die Situation unter ihre Kontrolle zu bringen. Nicht schlecht. Und ich dachte, sie hätte sich mit diesem Antoine verbündet. Wie konnte ich nur so blöd sein. Die Gute ist gerade dabei, den Kerl um den Finger zu wickeln. Wenn das so ist, dann mache ich doch gleich mal mit.
„Söhne reicher Väter bringen selten Großes zustande“, ätze ich weiter herum. Ich glaube, das ist genau das, was Mama hören will.
„ Vielleicht solltest du meiner Tochter dein Atelier zeigen“, meint Mama zu Mathis, der daraufhin mir einen fragenden Blick zuwirft.
Jetzt bin ich aber baff. Der Typ hat ein Atelier? Überrascht nicke ich.
„Du wirst es nicht bereuen“, schwärmt meine
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