Gefaehrlich verliebt in Mona Lisa 1
Hier gibt es nur Geröll. Die Typen haben alles entkernt und den Schutt liegen lassen.“ Er sieht mich fragend an. Als ich den Kopf schüttele, schließt er die Tür wieder ab und fügt grinsend hinzu: „Ihre Handys haben sie mitgenommen.“
Ich seufze und folge Mathis ins Erdgeschoss, das mir fast schon vertraut vorkommt. „Sind die Gemälde wirklich alle von dir? Auch die im zweiten Stock?“
Er nickt und grabbelt gleich über der ersten Tür nach dem Schlüssel.
„ Du musst von morgens bis abends malen.“
„Hast du eine bessere Idee, was ich hier in der Einöde anstellen soll?“
„Du könntest in die Stadt ziehen.“
Die Tür schwingt auf und Mathis schaltet das Licht ein. In dem Raum stehen mehrere Staffeleien in unterschiedlichen Größen, auf denen halb fertige Gemälde in der Art stehen, die überall im Schloss an den Wänden hängen. Sehr einfallsreich ist der Typ nicht. Die Bilder bestehen sämtlich aus ineinander verwischten Farbflächen, wie die zig Gemälde auf den langen Gängen.
„Ich habe eine Wohnung in Marais, wo ich immer bin, wenn mir die Einöde auf den Wecker geht.“
Okay. Ein Schloss auf dem Land, eine Wohnung in Marais, vermutlich im Galerienviertel. Am Hungertuch nagt der Typ nicht gerade. „Und das alles kann man sich von euren Einbrüchen leisten? Ich meine, ohne dir nahe treten zu wollen, diese Bilder sehen mir nicht gerade wie Kassenschlager aus.“
Merkwürdigerweise lacht Mathis und sein Lachen sieht wirklich reizend aus, wenn man das bei einem Mann sagen kann. Seine Augen verziehen sich dabei zu Bögen, ähnlich wie bei einer Manga-Figur.
„ Tut mir leid, dass ich dich enttäuschen muss“, lacht er noch immer. „Aber die Dinge sind nicht immer die, wonach sie aussehen. Es verhält sich genau umgekehrt. Von den Einbrüchen können wir leider nicht leben. Ehrlich gesagt, bin ich selbst erstaunt, dass die Leute ausgerechnet auf diesen Kram hier abfahren. Ich habe auch schon überlegt, ob ich nicht ein paar Künstler beschäftige, die die Bilder für mich produzieren. Das kann wirklich jeder. Willst du es versuchen?“
„Such‘ dir eine andere Sklavin. Ich habe genug mit meinem Drehbuch zu tun.“ Abwehrend hebe ich die Hände und trete ganz nah vor eines der Bilder, das fertig aussieht. Mit zusammengekniffenen Augen versuche ich, die Signatur zu entziffern. Aber ich kann bloß vermuten, dass der erste Teil, der mit M beginnt, Mathis heißen soll. Beim Nachnamen fehlt mir jegliche Phantasie. Ich tippe mit dem Finger auf das Gekritzel, was zur Folge hat, dass Mathis wie ein Verrückter auf mich zuschießt und meinen Arm zurückreißt.
„ Die letzte Schicht ist noch leicht feucht. Außerdem verliert das Bild an Wert, wenn du mit deinen Pfoten darauf herumtatschst.“
Erstaunt betrachte ich die Spitze meines Zeigefingers. Eine Pfote? Auf alle Fälle glitzert die Fingerspitze goldfarben. „Was ist das für eine Versiegelung?“
„Das ist Goldstaub. Die Versiegelung kommt noch.“
„Goldstaub?“, frage ich entgeistert. „Echtes Gold? Dann bist du Mathis Giraud? Der Mathis Giraud, von dem überall in Paris Plakate herumhängen?“ Da bleibt mir doch glatt die Spucke weg. Über diese Bilder habe ich mehrere Berichte im Radio gehört. Außerdem hängen überall in Paris Plakate, die auf entsprechende Ausstellungen hinweisen. Sogar das Moma in New York hat ein paar Girauds erworben. Und auch der Louvre hat Interesse angemeldet. „Oder sind das Fälschungen?“
Mathis drängt mich aus dem Atelier. „Die alberne Goldschicht ist der Clou an den Bildern. Komm, lass uns gehen. Es gibt gleich Essen und du möchtest sicher noch ein Paar Schuhe überziehen.“
„ Ach, war‘s das schon mit der Besichtigung?“ Nicht, dass es mich danach drängt, mir noch mehr von diesen Goldstaubgemälden anzusehen. „Sagtest du nicht, du würdest nicht nur malen.“
„ Später. Nach dem Essen. In fünf Minuten sollen wir im Speisesaal aufkreuzen. Da du nicht weißt, wo der ist, und deine Mutter bereits dort ist, begleite ich dich nach oben, du ziehst ein Paar Schuhe über und dann starten wir gemeinsam durch.“
„ Gehst du so? In Jeans und Pulli?“, keuche ich, als Mathis vor mir die Treppe hochjagt und ich versuche, mit ihm Schritt zu halten.
„Gefalle ich dir im Anzug besser?“
„Du gefällst mir überhaupt nicht“, stoße ich hervor.
„Schade“, lacht Mathis lauthals. „Du gefällst mir nämlich ausgesprochen gut.“ Und dann bleibt er unvermittelt am oberen
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