Gefaehrliche Begierde
versperrte ihr den Fluchtweg. »Ich will dir nichts tun.«
»Wo bin ich?« Eine gewichtige Frage. Ihr Akzent deutete an, dass sie Österreicherin war. Mit fest umklammerter Waffe veränderte sie ihre Position, bewegte sich nach links und schob eine niedrige Couch zwischen sie. »Wer bist du?«
»Nian. Der Mann, der dir das Leben gerettet hat.«
Ihre Brust hob und senkte sich mit jedem keuchenden Atemzug. Ihre Hände zitterten, zwangen sie dazu, ihren Griff um den Schürhaken zu korrigieren. »Was ist passiert?«
»Woran kannst du dich noch erinnern?«
»Das Letzte, woran ich mich erinnere?« Die geflüsterte Frage klang bestürzt. Sie zog die Brauen zusammen, und Nian sah, dass sie sich jetzt darauf konzentrierte, zurückzudenken. »Drei Kerle haben mich auf dem Marktplatz auf-gegriffen. Ich bin immer so vorsichtig, aber ... ich habe sie nicht kommen sehen. Plötzlich waren sie einfach da, haben mir dieses schreckliche Getränk eingeflößt und ...« Tränen traten ihr in die Augen. »Kein Mensch hat mir geholfen. Ich habe geschrien und geschrien, aber niemand hat mir geholfen!«
Das war nicht weiter überraschend. Kein Mensch hatte ihre Hilferufe hören können. Die Fähigkeit, sich zu tarnen - unsichtbar und unhörbar zu werden in jeder Situation -, war eine der Spezialitäten von Drachenkriegern, ein Verteidigungsmechanismus, um sich versteckt zu halten in einer Welt, in der die Menschen ihnen tausend zu eins überlegen waren. Diese Fähigkeit allerdings zu benutzen, um Frauen zu kidnappen, brach jede Regel, jedes Gesetz, das erlassen wurde, um ihre Spezies zu regieren.
Jede Frau wäre wehrlos angesichts derartiger Macht. Grace war keine Ausnahme, und als er beobachtete, wie sie sich bemühte, es zu begreifen, litt er mit ihr. Es hätte nicht passieren dürfen, nicht ihr und auch niemand anderem. Die Realität - die, die er nicht länger ignorieren konnte -war jedoch, dass es passierte. Regelmäßig passierte es Frauen in Prag, und vielleicht auf der ganzen Welt.
Der Gedanke schnürte ihm die Kehle zu. Er räusperte sich, vertrieb die unschönen Gefühle, bevor sie ihn überwältigten. »Weißt du noch, was hinterher passiert ist?«
Sie schüttelte den Kopf. Und Nian dankte Gott dafür. Grace brauchte nicht zu wissen, dass sie nackt in einem Raum voll fremder Männer ausgestellt gewesen war.
Er hielt ihren Blick fest und ging um sein Bett herum weiter in den Raum hinein. Als sie zurückwich, blieb er stehen und stellte den Matchbeutel auf einen Beistelltisch. Das Geräusch, das dabei entstand, als die Metallknöpfe an der Unterseite des Beutels auf das Glas trafen, hallte wider in der Stille. »Ich möchte, dass du mir sehr genau zuhörst, Talmina. Es ist jetzt vorbei. Du bist hier in Sicherheit.«
»Du wirst mir wirklich nichts antun?«
»Ich verspreche dir, dich nicht anzurühren«, sagte er. »Aber wir müssen darüber reden, was als Nächstes kommt.«
Sie wich einem Sessel aus, und er sah, dass sie auf den Kamin zuging. Der Kamin war nicht geheizt, und auf dem Rost lag nur ein Häufchen grauer Asche. Der Saum ihres Morgenmantels strich über die Kaminplatte, der Mantel öffnete sich und enthüllte einen wohlgeformten Schenkel. Heftige Begierde packte ihn blindlings. Nian schluckte und wehrte seine Reaktion rigoros ab, ließ diese plötzlich aufwallende Lust nicht zu. Das war nicht gut. Das war gar nicht gut. Komplikationen konnte er nicht gebrauchen. Es reichte ihm so schon. Sie war aber auch ein Anblick, so süß und sexy und ...
Großer Gott. Was war nur sein Problem? Er ließ sich nie von Begierde treiben. Aber Grace anzusehen, brachte sexuelles Verlangen auf Hochtouren. Was überhaupt keinen Sinn ergab. Sie war keine Frau mit hoher Energie, also sollte er nicht so fixiert sein auf sie wie ...
Ihre Energie entfachte sich, dann explodierte sie förmlich. Das damit einhergehende Lodern erfüllte ihre Aura. Nian zuckte zusammen, als sie mehr und mehr von sprudelndem Licht umgeben war. Sie ließ den Schürhaken sinken und gab ihre Kampfhaltung auf, entspannte sich, traute seinen Worten und ...
Streichen wir den letzten Gedanken. Keine Frau mit hoher Energie, - er tickte wohl nicht richtig!
Je ruhiger sie wurde, desto heller leuchtete ihre Verbindung zum Meridian. Was bedeutete - so unwahrscheinlich es auch schien -, dass sie eine der Seltensten der Seltenen war. Eine Z inmera, eine Frau, die ihren Energiestrom genauso verändern konnte, wie Chamäleons ihre Farbe. Sie konnte mit ihrer Umgebung
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