Gefaehrliche Begierde
mit einer Leiter auf. Die See gehorchte seinem gemurmelten Befehl und fing an zu brodeln. Tania schnappte nach Luft und geriet in Panik, wand sich in seinen Armen. Er packte sie fester und...
Platsch!
Das Wasser schleuderte sie in die Luft, hoch und hinaus aus der dunklen Kälte. Mitten im Flug schwenkte er Tania herum und drückte sie fest an seine Brust, den einen Arm hatte er unter ihre Beine gelegt, mit dem anderen stützte er ihren Rücken. Sie schnappte keuchend nach Luft. Seine nackten Füße landeten auf dem Boden der breiten Planken des Docks. Das Holz stöhnte, als die Pier sich durchbog, und das Wasser, das ihn überspült hatte, abfloss.
Kaum hatte er Bodenkontakt, rannte Mac über die Pier auf die Kalksteinstufen zu, die das steile Ufer hinauf zu der Hütte führten, die oberhalb der Bucht stand.
Tania wand sich in seinen Armen und sagte mit klap-pernden Zähnen: »Ich kann l-laufen.«
»Ich weiß, dass du das kannst«, beschwichtigte er ihren Stolz, dachte aber gar nicht daran, sie abzusetzen. Da hatte sie nun mal kein Glück, und er hatte keine Zeit. Auf keinen Fall würde er sie allein gehen lassen. Nicht mit seinem Drachen als Beifahrer und seinen Beschützerinstinkten auf volle Stärke gestellt. »Aber so geht es schneller.«
Und war gleichzeitig effizienter.
Während Mac mit heftig klopfendem Herzen die Treppe hinaufrannte und seine Beine wie Kolben pumpten, schickte er seinen Geist vor. Seine Zauberkraft entfachte sich, rollte auf die auf der Anhöhe stehende Hütte zu. Elektrizität knisterte und leistungsfähige Batterien - gespeist durch ein erstklassiges Solarsystem - sprangen an. Die Innenbeleuchtung schaltete sich ein, zusammen mit den Lampen, die den Fußweg beleuchteten. Er erreichte die letzte Stufe. Nur noch dreißig Sekunden, dann wäre er drinnen.
Er öffnete die Doppelverriegelung mit nichts weiter als einem Gedanken und riss die Eingangstür weit auf. Innerhalb von Sekunden hatte er die Schwelle in sein Haus übertreten, und nur einen einzigen Gedanken. Tania brauchte seine Pflege. Und egal wie sehr sie dagegen protestieren würde, das war genau das, was sie bekommen würde.
11
Venom taumelte durch die Luft und sah die Wohnblöcke und schmalen Gassen unter ihm nur noch wie durch einen Nebel. Während er über ihnen kreiste und nach einem sicheren Landeplatz suchte, breitete er seine Flügel so weit es ging aus, versuchte, dadurch seine körperliche Schwäche zu kompensieren. Der Nordwind spielte nicht mit, Fallwinde zerrten ihn nach unten, und er musste sich höllisch anstrengen, um in der Luft zu bleiben. Er unterdrückte ein Stöhnen, als die Schmerzen ihn beutelten und an den vielen Schnitten, die seinen Körper kreuz und quer überzogen, zerrten.
Verdammt, das tat weh. Aber am schlimmsten war die tiefe Wunde quer über seinem Unterleib.
Gequält sog Venom Luft ein. Das Wort Schwierigkeiten wurde der Situation nicht annähernd gerecht. Er war mitten im Krisengebiet und blutete wie ein abgestochenes Schwein. Blutplasma floss in Strömen, bedeckte seine dunkelgrünen Schuppen vom Bauch bis zu den Knien. Erschöpfung machte sich breit. Starke Übelkeit gesellte sich dazu, verbündete sich mit der verdammten Höllenbrigade, die bereits auf ihn eindrosch.
Runter. Er musste Grund unter seine Pranken kriegen. Und zwar sofort. Bevor er das Bewusstsein verlor und wie ein Kamikazeflieger in das nächste Gebäude stürzte. Und
davon gab es eine mehr als reichliche Auswahl - leider. Das menschliche Ghetto war voll von verwahrlosten und unbewohnbaren Behausungen, und die schäbigen waren eher die Norm als die Ausnahme. Aber noch schlimmer war, jedenfalls für ihn, dass anscheinend niemand in die Federn wollte heute Nacht. Es war viel zu viel los auf den Straßen: Prostituierte lungerten an den Ecken, jede Menge männliche Gestalten trieben sich herum mit zentnerschwerem Schmuck über ihren dunklen Kapuzenshirts und priesen Kunden ihre Waren an. Laut dröhnende Musik drang aus Stereolautsprechern, während da unten mit Drogen gedealt oder der aktuelle Preis für eine schnelle Nummer ausgehandelt wurde.
Verfluchte Scheiße. Viel zu viele Zeugen mit Handys, die alle mit Kameras ausgestattet waren. Zu viele Menschen, denen er das Gedächtnis löschen müsste, nachdem er mit der Fresse auf ein Gebäude geknallt war. Was - Gott gebe ihm Kraft -, mit jeder weiteren Minute wahrscheinlicher wurde.
Ein weiterer Schwächeanfall überfiel ihn. Gefolgt von schrecklicher Sehnsucht. Er wollte
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