Gefährliche Begierde
konnte sie sich nicht umdrehen und ihn ansehen. Sie brachte es lediglich fertig, auf die Klumpen nasser Gartenerde im Spülbecken zu starren.
»Aber Sie können es nicht, oder? Was ist so schwer daran?« fragte sie.
»Die Fakten sprechen dagegen.«
»Und was, wenn ich Ihnen sage, dass die Fakten irreführend sind?« Sie drehte sich langsam nach ihm um. Er stand nun direkt vor ihr, so nah, dass sie sein Gesicht berührt hätte, wenn sie ihre Hand ausgestreckt hätte. »Was dann?«
»Dann wäre ich gezwungen, meinem Gefühl zu vertrauen. Aber in diesem besonderen Fall sind meine Gefühle an den Teufel verpfändet.«
Sie starrte ihn an und war plötzlich verwirrt von den Signalen, die er aussandte, von den Signalen ihres eigenen Körpers. Er hatte sie ihrer Rückzugsmöglichkeiten beraubt, ihr Rücken stieß gegen die Küchenspüle. Sie musste ihren Kopf heben, um in seine Augen sehen zu können. Sein Anblick, seine Größe, seine Macht, war mehr als nur ein wenig beängstigend. Obwohl es nicht Angst war, was das Blut schneller durch ihre Adern pumpen ließ, sondern ein warmes und unerwartetes Gefühl der Begierde.
Sie entschlüpfte seiner Umzingelung und positionierte sich am entgegensetzten Ende der Küche. Sie brauchte den Abstand. Dringend. »Ich habe das, was ich sagte, auch so gemeint. Ich verzichte auf Rose Hill Cottage. Wir sollten besser gleich zum Notar gehen.«
»Wollen Sie das wirklich?«
»Ich weiß, dass ich nichts von seinen Sachen will. Nichts, das mich an ihn erinnert.«
»Sie würden das Cottage einfach aufgeben?«
»Es bedeutet mir nichts. Ich habe es noch nicht einmal gesehen.«
Chase wirkte überrascht. »Er hat Sie nie nach Rose Hill mitgenommen?«
»Nein. Oh, er erzählte mir davon. Aber es war sein Refugium. Nicht die Art von Ort, die er mit mir geteilt hätte.«
»Sie könnten ein Vermögen mit der Immobilie machen, wenn Sie sie verkaufen.«
»Ich brauche Richards Geld nicht.«
Er betrachtete sie mit zusammengekniffenen Augen.
»Ich verstehe Sie nicht. Jedesmal, wenn ich denke, ich hätte begriffen, schlagen Sie eine andere Volte.«
»Sie projizieren Dinge ich mich hinein, die mir nicht entsprechen.«
»Sie haben es geschafft, Richard zu faszinieren.«
»Ich war kaum die erste Frau, der das gelang.«
»Aber Sie sind die erste, die ihn jemals verlassen hat.«
»Da sehen Sie, wohin das geführt hat.« Sie stieß ein bitteres Lachen aus. »Sie mögen es vielleicht nicht glauben, aber ich hielt mich immer für eine Frau mit einer hohen Moral. Ich habe meine Steuern bezahlt, bei jeder roten Ampel angehalten und alle Regeln befolgt.« Sie drehte sich um und starrte aus dem Fenster. Dann sagte sie leise: »Und dann verliebte ich mich in Ihren Bruder. Plötzlich wusste ich nicht mehr, wie die Regeln lauteten. Ich schlitterte auf fremdem Territorium herum. Gott, das machte mir Angst. Zugleich fühlte ich mich aber … lebendig. Und das machte mir noch mehr Angst.« Sie wandte sich nach ihm um.
»Ich würde alles dafür geben, die Zeit zurückdrehen zu können. Mich wieder … unschuldig zu fühlen.«
Er kam langsam auf sie zu. »Manche Dinge können wir nicht noch einmal erleben, Miranda.«
»Nein.« Sie blickte zu Boden. Ihre Wangen erröteten vor Scham. »Manche Dinge verliert man für immer.«
Seine unerwartete Berührung ließ sie zurückschrecken. Seine Hand streichelte ihr sanft über die Wange. Verblüfft schaute sie zu ihm auf und begegnete seinem suchenden Blick, vor dem sie sich nirgendwo verstecken konnte. Sie hasste dieses Gefühl, nackt und durchsichtig zu sein, doch sosehr sie es auch gewollt hätte, sie konnte sich ihm nicht entziehen. Die Hand, die ihr Gesicht liebkoste, war so warm und überzeugend.
Da bin ich und tappe wieder in dieselbe alte Falle, dachte sie. Bei Richard habe ich meine Unschuld verloren. Was verliere ich bei diesem Mann? Meine Seele?
»Ich habe meine Lektion von ihrem Bruder gelernt, Chase. Ich bin keine leichte Beute mehr.« Dann wandte sie sich um und ging ins Wohnzimmer.
»Ich bin nicht Richard.«
Sie blickte zurück. »Es spielt keine Rolle, wer Sie sind. Wichtig ist, dass ich nicht mehr dieselbe alte, vertrauensvolle Seele bin, die ich vorher war.«
»Er hat Sie wirklich verletzt, nicht wahr?« Er beobachtete sie von der Türschwelle aus. Seine Schultern schienen den Türrahmen auszufüllen.
Sie antwortete nicht, ließ sich aber in einen Sessel fallen und starrte auf ihre Dreck verschmierten Knie.
Chase beobachtete sie aus der
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