Gefährliche Begierde
die Hauswand und kniete sich hin, um den verklumpten Boden zu lockern und die Steine auszusortieren.
Die Sonne machte sie schläfrig. Als sie dem Bedürfnis nach einem Nickerchen nicht länger widerstehen konnte, streckte sie sich auf dem Rasen aus. Da lag sie auf einem Kissen aus Gras, Hände und Knie mit Erde verschmiert. So sah ein perfekter Sommertag aus, genau wie die Tage, an die sie sich aus ihrer Kinderzeit erinnerte. Sie schloss die Augen und dachte an die Nachmittage, als ihre Mutter noch lebte. Ihr Vater hatte am Grill gestanden und gesungen, während er die Hamburger briet …
»Sie spielen ein raffiniertes Spiel«, sagte da plötzlich eine Stimme.
Miranda fuhr hoch und sah Chase, der an ihrem weißen Gartenzaun stand. Er schob das Tor auf und kam in den Garten. Als er sich genähert hatte, fiel ihr auf, wie schlampig sie aussehen musste in Gartenshorts und T-Shirt. Umgeben von Sonnenschein und blauem Himmel, wirkte Chase makellos und unberührbar. Sie kniff die Augen zusammen, um seinen Gesichtsausdruck zu erkennen, aber sie sah nur ein dunkles Oval und sein im Wind wehendes Haar.
»Sie wussten es, oder?« fragte er.
Sie erhob sich und wischte den Dreck von ihren Händen weg.
»Was wusste ich?«
»Wie haben Sie das geschafft, Miranda? Haben Sie ihn becirct? Bedenke mich in deinem Testament und ich bin für immer dein?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen?«
»Ich komme gerade vom Anwalt der Familie, wo uns eine hässliche Überraschung erwartete. Vor zwei Wochen hat Richard ein neues Testament gemacht. Er hinterlässt Ihnen Rose Hill Cottage.«
Ihre spontane Reaktion bestand aus fassungslosem Schweigen. Sie starrte ihn ungläubig an.
»Haben Sie gar nichts dazu zu sagen? Wollen Sie es nicht leugnen?«
»Ich hätte niemals erwartet …«
»Ich glaube, Sie haben genau das erwartet!«
»Nein!« Verwirrt wandte sie sich von ihm ab. »Ich wollte niemals etwas, nicht das Geringste …«
»Ach, kommen Sie!« Er packte sie am Arm und drehte sie zu sich herum. »War es Erpressung? Eine Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass Sie über die Affäre schweigen?«
»Ich weiß nichts von einem Testament! Oder vom Cottage! Abgesehen davon, wie kann er es mir hinterlassen? Geht es nicht an seine Frau? Evelyn gehört die Hälfte …«
»Nein, sie gehört ihr nicht.«
»Warum nicht?«
»Rose Hill stammt aus dem Familienbesitz meiner Mutter. Ein Erbe, das direkt an Richard ging, deshalb kann Evelyn es nicht für sich beanspruchen. Richard konnte damit machen, was er wollte, und er hat entschieden, es Ihnen zu vererben.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann mir das absolut nicht vorstellen.«
»Das Cottage war der einzige Platz auf dieser Insel, an dem ihm wirklich etwas lag. Der einzige Platz, an dem uns beiden etwas lag«, sagte Chase.
»In Ordnung!« brüllte sie. »Dann nehmen Sie es! Es gehört Ihnen. Ich unterschreibe noch heute eine Erklärung, dass ich es Ihnen überlasse. Ich will es nicht. Ich will nur eines, in Ruhe gelassen werden.« Sie blickte direkt in sein kaltes und unbewegliches Gesicht. »Und ich will nie wieder, niemals mehr solange ich lebe, einem Tremain begegnen.«
Sie ließ ihn stehen und stürmte die Verandatreppen hinauf ins Haus. Die Tür schlug hinter ihr zu. Sie rannte in die Küche, wo sie plötzlich stehen blieb. Es gab nichts, wo sie hätte hinlaufen können. Wütend ging sie zum Spülbecken und drehte den Wasserhahn auf. Dort, von ihren Lieblingsfarnen umgeben, schrubbte sie sich wie wild den Dreck von den Händen.
Sie schrubbte immer noch, als sie hörte, wie die Tür langsam geöffnet wurde und leise wieder zufiel. Lange Zeit sagte er gar nichts. Sie wusste, dass er hinter ihr stand und sie beobachtete.
»Miranda«, hob er schließlich an.
Zornig drehte sie den Wasserhahn ab. »Verschwinden Sie endlich.«
»Ich möchte Ihre Version hören.«
»Warum? Sie würden mir doch nicht glauben. Sie wollen mir nicht glauben. Aber wissen Sie was? Es interessiert mich nicht länger.« Sie schnappte sich ein Küchenhandtuch und trocknete ihre Hände daran ab. »Ich gehe noch heute zum Anwalt und unterzeichne eine Verzichtserklärung oder wie auch immer das heißt. Ich würde das Cottage nie annehmen. Alles, was von ihm kommt, ist befleckt. Genau wie ich.«
»Sie täuschen sich, Miranda. Ich möchte Ihnen doch gerne glauben.«
Sie stand ganz ruhig da und hatte Angst, sich umzudrehen und ihm ins Gesicht zu sehen. Sie spürte, wie er sich ihr näherte, und trotzdem
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