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Gefährliche Begierde

Gefährliche Begierde

Titel: Gefährliche Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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ihre Streits mit den Fäusten austrugen. All das war unter der Glasur der Ehrbarkeit verborgen. Welch privates Leid wir doch insgeheim erdulden müssen.
    »Warum ausgerechnet diese Menschen?« fragte sie plötzlich.
    »Weil sie am meisten zu verlieren haben?« schlug Chase vor. »Wir sprechen hier über alteingesessene Inselfamilien.
    LaPierre, Everhard, St. John. Das sind alles sehr respektable Namen.«
    »Außer Tony Graffam.«
    »Das stimmt. Ich glaube, da gibt es auch eine Unterlage über ihn …« Er hielt inne. »Warte. Da ist unsere Verbindung.«
    »Was?«
    »Die Nordküste. Du hast noch nicht lange genug hier gelebt, um alle Familien zu kennen. Ich bin mit ihnen aufgewachsen. Ich erinnere mich an die Sommer, in denen ich mit Tony LaPierre gespielt habe. Und Daniel Steiner. Und Valerie Everhard. Ihre Familien besitzen alle ihre Sommerhäuschen da draußen.«
    »Das könnte Zufall sein.«
    »Oder alles erklären.«
    Chase starrte stirnrunzelnd auf die Straße. Der Nebel lichtete sich. »Wenn wir zu deinem Haus zurückkommen«, sagte er, »dann lass uns die Namen noch einmal gründlich ansehen. Mal abwarten, ob mein Gefühl mich trügt. Ich bin wirklich sehr gespannt.«
    Anderthalb Stunden später saßen sie an Mirandas Esstisch, wo die Papiere vor ihnen ausgebreitet lagen. Die Reste eines hastig zubereiteten Abendbrots – Champignonomelett und Toast – waren zur Seite geschoben. Sie waren bei ihrer zweiten Tasse Kaffee angelangt. Eine so häusliche Szene, dachte sie wehmütig, beinahe wie ein frisch verheiratetes Paar am Abendbrottisch. Nur dass der Mann, der ihr gegenüber saß, niemals in das Bild passen würde. Er war lediglich ein weiterziehender Gast, der sich an ihrem Tisch stärkte.
    Miranda zwang sich dazu, sich auf das Blatt Papier zu konzentrieren, das Chase gerade studierte.
    »Okay, hier ist die Liste«, sagte Chase. »Jeder aus Richards Mappe. Ich bin beinahe sicher, dass alle von ihnen Grundstücke an der Nordküste besitzen.«
    »Fehlen irgendwelche Namen?«
    Chase lehnte sich zurück und ging im Geist die Sommerhäuser durch, die an der Straße lagen. »Da ist natürlich Richard, dann der alte Mann auf Sulamans Grundstück die Straße hinunter, ein Hummerfischer im Ruhestand, Typ Einsiedler. Und dann gibt es da noch das Frenchman’s Cottage. Ich glaube, es wurde vor ein paar Jahren verkauft. An Hippies, wie ich hörte. Sie verbringen die Sommer da oben.«
    »Also müssten sie jetzt da sein.«
    »Wenn ihnen das Cottage noch gehört. Aber sie sind nicht von hier. Ich sehe auch nicht, dass Richard sich die Mühe machte, Informationen über sie auszugraben. Und was den alten Sully betrifft, na ja, ein fünfundachtzigjähriger Mann scheint ein ziemlich ungewöhnliches Opfer für eine Erpressung zu sein.«
    Erpressung. Miranda blickte auf die Papiere auf dem Tisch. Was hatte Richard sich ausgedacht? fragte sie sich.
    »Was hatte er gegen diese Leute?«
    »Vielleicht hatten sie etwas mit der Landvermessung zu tun. Gehörten irgendwelche von ihnen zur Bebauungskommission?«
    »Selbst wenn, sie hätten sowieso nicht wählen können. Sie wären disqualifiziert worden, du weißt, wegen des Interessenkonflikts.« Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück.
    »Vielleicht hat unser Einbrecher auch nach etwas völlig anderem gesucht.«
    »Dann ist die Frage, hat er – oder sie – es gefunden?« Von irgendwo aus dem Haus erklang ein Geräusch, dass sie beide aufhorchen ließ. Chase nahm sofort Mirandas Hand und bedeutete ihr, leise zu sein. Sie gingen zusammen vom Esszimmer ins Wohnzimmer. Ein rascher Rundumblick überzeugte sie, dass alle Fenster heil waren. Sie blieben einen Augenblick lang stehen und horchten, aber sie hörten nichts mehr. Chase lenkte seine Schritte in Richtung Schlafzimmer.
    Sie gingen durch die Diele, als sie, diesmal lauter, das Geräusch von zersplitterndem Glas vernahmen.
    »Das kam aus dem Keller!« sagte Miranda.
    Chase lief zurück in die Küche. Er schaltete das Licht an und riss die Kellertür auf. Eine einzelne, nackte Glühbirne erleuchtete die enge Treppe. Im Schatten schienen merkwürdige Nebelschleier herumzuwirbeln. Sie verdunkelten die Stufen. Die beiden waren erst zwei Stufen hinuntergestiegen, als sie beide den Rauch rochen.
    »Bei dir brennt es!« sagte Chase und nahm noch ein paar Stufen. »Wo ist dein Feuerlöscher?«
    »Ich hole ihn!« Miranda rannte in die Küche zurück, holte den Feuerlöscher vom Regal und hastete erneut die Kellertreppe hinunter.
    Inzwischen

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