Gefährliche Enthüllung (German Edition)
hatte er Arbeit für sie. Er würde sie darum bitten, seine Sache irgendwie dazwischenzuschieben, ihr anbieten, ihr bis spät in die Nacht hinein Gesellschaft zu leisten. Und während sie an den nötigen Tests arbeitete, würde er zweifellos versuchen, sie mit Wein und Essenseinladungen zu verführen.
Sowohl der Käufer als auch der Verkäufer der Kupferschale, an der sie arbeitete, hatten eine Nachricht hinterlassen, außerdem noch fünf andere Kunden.
Annie wählte die Nummer des ersten Kunden, der angerufen hatte, sagte Hallo und wurde etwa zehn Minuten mitFragen bombardiert. Es ging um ihr letztes Gutachten zu einem Kunstwerk, das er verkaufen wollte.
An Mittagessen war vorerst wohl nicht zu denken.
Ihr knurrte der Magen. „Einen Moment, bitte“, sagte sie in den Hörer und schickte den Kunden in die Warteschleife. Dann sah sie hinüber zu Pete. „Könnten Sie mir einen großen Gefallen tun?“, bat sie. „Würden Sie bitte in die Küche gehen und mir Brot, Erdnussbutter, Gelee, einen Teller und ein Messer bringen? Ich hänge am Telefon fest.“
„Ich habe eine bessere Idee“, antwortete Pete. „Ich mache Ihnen ein Brot fertig.“
„Das müssen Sie nicht“, gab sie überrascht zurück.
„Ich weiß.“ Er lächelte. „Und eins können Sie mir glauben: Ich tue so etwas nicht für jeden.“
Aber für mich, durchfuhr es Annie, und ein wohliger Schauer durchlief sie, als sie ihm in die dunklen Augen schaute. Nicht genug damit, dass der Kerl einfach umwerfend aussah – sein Lächeln war der Hammer. Bisher hatte sie nur Liebenswertes an ihm entdeckt. Er konnte aber kaum vollkommen sein, oder etwa doch? So unrealistisch der Gedanke auch war, sie wünschte sich genau das. Peter Taylor, Sicherheitsberater und Leibwächter, war völlig unerwartet in ihr Leben geschneit. Konnte sie ernstlich darauf hoffen, dass er blieb?
Als er das Büro verließ, ging er rückwärts und ließ ihren Blick erst los, als es sein musste. Annie lauschte seinen Schritten auf der Treppe, während sie die Verbindung zu ihrem Kunden wiederherstellte.
Ein Blick auf die Uhr: Viertel vor eins. Sie freute sich jetzt schon auf die Nacht. Eine Nacht, die sie wieder mit Pete Taylor in ihrem Schlafzimmer verbringen würde. Wir werden reden, rief sie sich zur Ordnung, nur reden.
Zehn Minuten später starrte Annie das Telefon an. Ein Gespräch erledigt, noch fünf weitere warteten. Sie stieß den Atem aus und warf einen Blick auf den Wandkalender. Oktober. Es war erst Oktober. Konnte sie dieses Arbeitspensum wirklich bis Dezember durchhalten?
Im Augenwinkel nahm sie eine Bewegung am Fenster wahr und drehte sich um.
Was zum Teufel …?
Im Baum vorm Fenster hing etwas. Etwas Rotes und …
Sehr Totes.
Ein Kadaver.
Ein totes gehäutetes Tier baumelte von einem Ast. Es sah grauenvoll aus. Wieder bemerkte sie eine Bewegung. Da lief gerade jemand weg.
„Pete“, rief sie, sprang von ihrem Stuhl auf und rannte ans Fenster. Wer immer gerade noch dort draußen gewesen sein mochte, war schon fast um die Hausecke herum verschwunden. Sie sah nur noch eine schwarze Jacke von hinten. Vielleicht auch langes schwarzes Haar? „Taylor!“
Sie lief zur Eingangstür, aber Pete war schon die Treppe heruntergekommen und rannte in einem Tempo auf sie zu, das normalerweise nur Raubkatzen an den Tag legten. Er fing sie in den Armen auf, um sie nicht umzuwerfen, als er auf dem glatten Hartholzboden schlitternd zum Stehen kam.
„Was ist los?“, fragte er scharf. „Annie, was ist passiert?“ „Da draußen war jemand“, stieß sie keuchend hervor. „Beeilen Sie sich. Vielleicht erwischen Sie ihn noch!“
„Bleiben Sie hier“, befahl Pete und rannte zur Tür. Er zog seine Waffe, als er in die kühle Nachmittagsluft hinauslief. Leuchtend gelbes, goldbraunes und rotes Herbstlaub lag dicht an dicht auf dem Rasen, und er konnte sehen, welchen Weg der Eindringling genommen hatte, als er davonlief. Die Spur führte direkt in einen der Nachbargärten, mitten durch eine Hecke aus hohen Büschen.
Pete rannte zu den Sträuchern hinüber und spähte zwischen ihnen hindurch. Der Garten dahinter war leer, weit und breit niemand zu sehen. Er warf einen Blick zurück zum Haus. Es behagte ihm nicht, dass er Annie dort allein und schutzlos zurückgelassen hatte. Was, wenn das Ganze nur ein Ablenkungsmanöver war, das ihn vom Haus und damit von Annie weglocken sollte?
Im selben Moment trat sie auf die Vorderveranda ihres Hauses. Ärger durchzuckte ihn, und er
Weitere Kostenlose Bücher