Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung
Einrichtungen. 49 Manche nennen diesen Plan „Psychiatrisierung von Gesunden“.
Der Bundespräsident
, der als letzte Instanz den Verfassungsverstoß hätte verhindern können. Als ich mit Freiburger Juristenim Dezember 2010 die Möglichkeiten erörtere, die wir als Bürger haben, ein solches Gesetz doch noch zu stoppen, fordern wir den Bundespräsidenten auf, das Gesetz nicht zu unterzeichnen. Vielleicht erfolgte die Prüfung im Präsidialamt ähnlich intensiv wie die Beratung im Rechtsauschuss. Wir erhalten die lapidare Mitteilung, dass die Prüfung des Gesetzes keinen Anlass bot, es nicht in Kraft treten zu lassen. Noch jemand, der im Schwarzer-Peter-Spiel den Kopf weit unten „in der Furche“ hält.
Die Polizei
, die sich als Verlierer im „Schwarzer-Peter-Spiel“ sieht. Zumindest greift der Freiburger Polizeidirektor Heiner Amann diese Metapher auf und meldet sich unter der Überschrift „Wir haben den Schwarzen Peter“ 50 zu Wort. Er schreibt, dass die Polizei überlastet bis überfordert sei, wenn sie – zeitweise – bis zu sieben entlassene Sicherungsverwahrte observieren muss; zudem sei die psychische Belastung für die eingesetzten Beamten hoch.
Bis heute hat mir niemand erklärt, weshalb für diese Männer, älter und zum Teil gesundheitlich eingeschränkt, jeweils fünf Beamte bereitstehen müssen. Ist die Polizeiführung einer Dämonisierung aufgesessen? In Gesprächen mit Polizeibeamten, die mit der Observation meiner Klienten betraut waren, ist eher von einem unaufgeregten denn belastenden Dienst die Rede. Viele der eingesetzten Beamten bestätigten, dass sie lieber diesen Dienst versehen, als beispielsweise die Baustelle am Stuttgarter Hauptbahnhof zu bewachen.
Vielleicht haben aber auch personalstrategische Überlegungen eine Rolle gespielt. Selten bekommt die Polizei derart emotional besetzte Argumente für eine Aufstockung ihres Personals serviert wie in diesem Fall. Zu den Plänen der seit März 2011 regierenden grün-roten Koalition in Stuttgart gehört auch eine Stellenvermehrung bei der Polizei.
Ob der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die praktizierte Dauerüberwachung als der Menschenrechtskonventiongenügend ansieht, ist offen. Der Rechtsweg dorthin hat allerdings in den grundsätzlichen Entscheidungen zur Sicherungsverwahrung runde zehn Jahre gedauert. Eine lange Zeit für die Betroffenen.
Kritik aus der Fachwelt
Viele Fachleute, auch außerhalb der parlamentarischen Anhörung, haben sich kritisch zum Umgang mit den Sicherungsverwahrten geäußert. Beeindruckend ist die Liste der Unterzeichner unter den „Greifswalder Appell“, für den der Kriminologe und Strafvollzugsexperte Prof. Dr. Frieder Dünkel verantwortlich zeichnet: Neben ihm haben ca. hundert Experten aus kriminologischer Wissenschaft und Praxis diesen Appell unterzeichnet. Sie fordern vor allem, besonnen und verantwortungsvoll zu handeln und beispielsweise für die ehemaligen Opfer qualitativ hochwertige Unterstützung bereitzustellen, den jetzt kurz vor der Entlassung stehenden Menschen dabei zu helfen, Wohnung und Arbeit zu finden, ihnen zumindest für den schwierigen Übergang in die Freiheit, bei Bedarf aber auch langfristig, schnell eine sozialpädagogische oder therapeutische Begleitung anzubieten. Die jeweils zuständige Führungsaufsicht soll angemessen ausgestattet und Unterstützung und Beratung durch geeignete Stellen gewährt werden.
Obwohl es sich um keine leichte Aufgaben handele, müsse unsere Gesellschaft zum Schutz unserer verfassungsrechtlichen Grundwerte mit der kritischen Situation leben, dass vereinzelt Menschen in die Freiheit entlassen werden, auch wenn sie im Hinblick auf ihre Rückfallgefahr nicht als vollkommen unbedenklich eingestuft werden können. Generell jedoch – so die Ergebnisse kriminologischer Forschung – bewahrheiten sich negative Rückfallprognosen bei Menschen, die schwere Straftaten begangen haben, oft nicht. Wir sollten uns davor hüten, diese und andere Ängste und Unsicherheiten auf die kleine Gruppe der nun zu entlassenden Sicherungsverwahrtenzu konzentrieren. Stattdessen müssen wir gegen Entsolidarisierung und gesellschaftliche Verrohung eintreten, Tabuisierungen überwinden, uns mit den Ursachen delinquenten Verhaltens auseinandersetzen und problematischen Entwicklungen frühzeitig, aber klug und integrativ entgegenwirken. Dabei müssen wir Ausgrenzungen vermeiden und auch mit denjenigen, die anderen großes Leid zugefügt haben,
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