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Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
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Der könnte mir auch gefallen. Während ich den Artikel überflog, um rauszufinden, wie der Designer des Mantels hieß, vergaß ich tatsächlich, was eigentlich auf meiner Prioritätenliste ganz oben stand. Die Leiche. Aber in der großen Pause war sie sofort wieder da – ich meine nicht die Leiche, sondern der Gedanke.
    Das Biolabor würde ich in der zweiten Pause unter die Lupe nehmen, denn in der Stunde davor hatten wir Chemie und waren sowieso im Marie-Curie-Trakt. Die große Pause würde ich jetzt nutzen, um die Feuertreppe, die vom Biolabor herunterführte, und den Wirtschaftshof nach Spuren abzusuchen. Ich schlenderte über den Schulhof und spielte Touristin. Eine von der Sorte, die sich alles ganz genau ansah. Natürlich merkte ich, wie ich von den anderen Mädels beobachtet wurde. Besonders die Prinzessinnen-Clique glotzte herüber und kicherte. Es juckte mich in den Fingern, zu ihnen zu gehen und Hallo zu sagen und ein bisschen Verwirrung zu stiften, aber um so einen Kinderkram konnte ich mich jetzt nicht kümmern. Ich staunte lieber demonstrativ über die Bänke im Schatten des Gebüschs und begaffte die weiße Fassade des Gebäudes, die mit hübschen Erkern verziert war. An der Hausecke wachte eine steinerne Heiligenfigur im langen Kleid mit gnadenvollem Gesicht. Ich starrte im Gehen darauf und tat so, als ob ich gar nicht merkte, dass ich mich vom normalen Schulhof entfernte. Endlich war ich um die Ecke und außer Sichtweise und konnte mit dem Theater aufhören. Ich legte einen Zahn zu und eilte den Gang zwischen Mauer und Schulgebäude entlang zum Wirtschaftshof und Lehrerparkplatz. Schon sah ich sie: die Feuertreppe hinten rechts, die ins Biolabor im zweiten Stock führte. Linker Hand entdeckte ich neben dem Lagerhaus ein breites stählernes Tor, durch das Autos, aber auch Lkws passten. Hier fuhren also die Lehrer durch und hier wurden sicher auch Waren angeliefert – oder abgeholt. Mmhh. Theoretisch war es also möglich, dass jemand mit dem Auto auf den Hof gefahren war, die Leiche über die Feuertreppe herunter- und weggebracht hatte. Ich umrundete den Hof, die Augen fest auf den Boden geheftet, und musste plötzlich über mich selbst lachen. Wonach hielt ich eigentlich Ausschau? Nach Haarbüscheln, einem blutigen Messer oder Plastikfolie, in die der Täter sein Opfer eingewickelt hatte? Wohl kaum. Wenn ich wenigstens ein paar von diesen coolen CSI-Apparaten hätte, mit denen man Körperflüssigkeiten und anderes Geschmier sichtbar machen konnte, dann würde das hier ja noch Sinn machen. Aber so? Ich überlegte. Zwischen meinem Entdecken der Leiche und dem erneuten Öffnen der Tür waren höchstens acht Minuten vergangen. Nicht viel Zeit, um eine Leiche verschwinden zu lassen. Wenn ich der Mörder wäre, hätte ich mein Opfer irgendwo im zweiten Stock versteckt und dann nach Schulschluss in aller Ruhe abtransportiert. Mensch, Sander. Da hättest du auch vorher drauf kommen können! Du hast ihm alle Zeit der Welt geschenkt, sein Opfer ganz gemütlich zu entsorgen. Jaja, so ist das, wenn Detektive erst mal eine Runde baden müssen – da sind alle Spuren längst beseitigt.
    Trotzdem würde ich jetzt nicht aufgeben. Wenn es einen Mord gab, dann gab es auch Spuren. Mein Blick fiel auf die Müllcontainer. Klassisch! Da würde ich vielleicht irgendeinen Hinweis finden. Bevor ich mich an die wirklich ekligen Abfälle des Restmülls begab, öffnete ich den vordersten Container mit dem gelben Deckel, der für Kunststoffabfälle vorgesehen war. Aber auf dem Boden des Containers lagen nur einige durchsichtige Plastikfolien, sonst nichts. Die nächsten beiden Container waren für Altpapier. Einer war der, den Nora gestern unter das Fenster der Toilette geschoben hatte. Der stand wieder an seinem alten Platz und quoll fast über vor Papier. Der vordere war nicht ganz so voll. Ich schob den Stahldeckel nach hinten, was wegen seines beträchtlichen Gewichts nicht einfach war. Der Container war ungefähr bis zur Hälfte gefüllt mit Pappe, Zeitungen, Papierschnipseln. Doch was war das dahinten? Etwas Rotes. Glänzendes. Konnte Satin sein. Oder was Flüssiges. Ich versuchte, das Pappstück, das darauf lag, wegzuziehen, kam aber nicht dran. Der Rand des Containers war zu hoch. Ich schaute mich um und entdeckte hinter den Müllcontainern einen ausrangierten Blecheimer. Den holte ich, drehte ihn um und stieg hinauf. Ich streckte meinen Kopf in den Müllbehälter und schnupperte vorsichtig. Geruch: unauffällig. Ich

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