Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben
Silvy denke. Aber ich hoffte sehr, dass ich darüber hinwegkomme. Wenn ich ein Wörtchen mitzureden hätte, dann sollte Rachsucht nicht zu meinen Fehlern gehören.
Nora saß immer noch an meinem Tisch, vielleicht überlegte sie, wie sie mich rumkriegen konnte, mir zu verraten, wie ich an die Matheaufgaben gekommen war. Ich beobachtete Prinzessin Milena, die sich von ihrem Hofstaat, der aus vier Mädchen zu bestehen schien, unterhalten ließ. Ein Mädchen löste sich jetzt aus der Fünfergruppe. Sie wäre vielleicht der Typ »graue Maus« gewesen, hatte aber eine auffallend schöne Frisur (halblange glatte schokobraune Haare, leicht asymmetrisch, mit rasant geschnittenem Pony, ungewöhnlich und klasse!). Die tolle Frisur baute sich vor der Sportskanone auf und sagte von oben herab: »Suze, du magst doch so gerne Katzen, oder?« Sie hatte eine durchdringende Stimme, die mir gestern schon ein paar Mal aufgefallen war. Suze kaute demonstrativ gelangweilt auf ihrem Kaugummi herum. »Mann, Coco, du bist ja ein echter Checker.«
Coco spitzte den Mund unter der schmalen Nase und es fehlten nur ein paar Schnurrhaare, dann wäre sie als Maus durchgegangen. »Dann wird es dich freuen, dass in der Fußgängerzone ein neues koreanisches Restaurant eröffnet hat.«
Suze guckte verwirrt.
»Die haben tolle Katzen! So was von köstlich!« Sie grinste boshaft und machte diese alberne Feinschmeckergeste, bei der man einen Kuss mit drei zusammengelegten Fingern in die Luft warf, und brach in Lachen aus.
»Du bist echt eine blöde Kuh«, sagte Suze und warf mit einer zusammengeknüllten Mütze nach Coco.
»Wer ist das?«, fragte ich, als Coco immer noch lachend auswich.
»Das ist Coco«, klärte mich Nora auf. »Eine von Milenas besten Freundinnen.«
Die Mädchen rund um Milena kicherten. Die platinblonde Tussi, die Kim hieß, Jennifer, der hellbraune Pagenkopf, und ein etwas stämmiges Mädchen mit bananenfarbenen Haaren, ausgeprägten Wangenknochen und einem viel zu engen Rock, beobachteten Cocos Attacke auf Suze grinsend. Prinzessin Milena beobachtete das ganze Schauspiel mit arroganter Trägheit, die deutlich machte, dass sie bessere Unterhaltung gewohnt war.
»Ich würde mal sagen, Cocos Frisur ist um Längen besser als ihre Witze«, sagte ich zu Nora.
»Ihr Vater ist Sören Kromberg.« Nora betonte den Namen affektiert.
»Was? Der Starfriseur?« Meine Aufmerksamkeit war sofort um hundertzwanzig Prozent gestiegen. Der wüsste bestimmt, wie man einen 1960er-Pferdeschwanz hinbekam. Nora nickte. »Coco besorgt dir gerne einen Termin bei ihm. Dafür musst du dich nur bei ihr einschleimen.«
»Schade«, seufzte ich. »Im Schleimen bin ich eine komplette Niete.«
Nora lachte. »Es gibt Schlimmeres, würde ich mal sagen.«
»Was ist, Suze?«, stänkerte Coco weiter. »Kein Interesse an Chop Suey Miau Miau?«
»Chop Suey ist ein chinesisches Gericht, du hirnlose Tussi«, brummte Suze.
»Genau«, sagte Coco völlig ungerührt. »Und was sagt uns das? Die Chinesen mögen auch gerne Katzen.«
Das Mädchen mit den bananengelben Haaren und dem schlecht sitzenden Rock amüsierte sich weiter prächtig über Cocos Attacken, was Suze veranlasste, sie anzugreifen. »Was ist los, Irina? Hast du wieder mal einen Ball an den Kopf gekriegt oder warum geierst du so irre über Cocos Sparwitze?«
Irina wurde rot und hörte auf zu lachen.
»Irina ist total schlecht in allen Ballsportarten«, informierte mich Nora. »Die könnte nicht mal einen Ball fangen, wenn man ihn ihr mit UPS liefert.«
Die Englischlehrerin kam herein und alle Mädchen kehrten auf ihre Plätze zurück. Die Englischlehrerin hieß Frau Hanemann und war eine dröge Frau in sackartigen erdfarbenen Klamotten, die schlaff an ihrem kurvenlosen langen Körper hingen, die Haare eine traurige Ansammlung von heublonden Strähnen. Mit fahrigen Bewegungen schrieb sie ein paar Wörter an die Tafel und schaute dabei immer über die Schulter, als ob sie einen Angriff von hinten erwartete. Sie wirkte wie eine Salzstange, die bei der kleinsten Berührung zerbröselt. Erstaunlicherweise war ihr Unterricht nicht so dröge, wie sie aussah. Frau Hanemann hatte einige englische Klatschzeitschriften dabei und machte ein paar Neuigkeiten aus dem englischen Königshaus zum Thema. Ich fand zwar Adelsgelaber im Allgemeinen wenig spaßig, aber als Modefan interessierten mich immerhin die Outfits von Prinzgemahlin Kate. Auf einem Bild hatte sie einen supertollen Mantel mit großen Knöpfen an.
Weitere Kostenlose Bücher