Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
Vom Netzwerk:
Hause kam, war ich total erschöpft und durchgefroren. Detektivarbeit ist ein Knochenjob! Ich würde mich auf mein Sofa legen unter meine warme Kuscheldecke. Aber vorher wollte ich in der Garage noch meine Beute begutachten. Mal sehen, ob sich der letzte Coup noch gelohnt hatte. Ich fand: Apfelkitsche, Mandarinenschalen, Cola-Zero-Flaschen, auf denen Pfand drauf war – elitäres Pack, das so was einfach wegschmiss –, Starbucks-Kaffeebecher, eine kleine durchsichtige Plastikflasche mit einem Rest Erdbeersirup, die neueste InTouch, einen Flyer für ein Kosmetikstudio, jeweils ein Twix-, ein Snickers- und ein Marspapierchen und ziemlich viele Taschentücher mit Lippenstiftabdrücken in Beige, für den klassischen Nude-Look. Mochte ich ja gar nicht. Besonders nicht als Lippenstift. Ich stopfte den Müllsack ins unterste Regal zu den Fahrradflicksachen und grübelte, was mir die Müllkomposition sagen könnte. Na ja, unter einer warmen Decke ließe es sich besser überlegen, am besten noch mit einer schönen heißen Tasse Tee. Doch als ich zähneklappernd in die Eingangshalle kam, wusste ich sofort, dass aus meinen Plänen nichts würde. Meine Mutter saß auf dem Sofa vor dem Kamin und hatte ihre Leidensmiene aufgesetzt. Neben ihr Enzo, ungerührt und kerzengrade. Er ließ sein Handy sinken, als er mich kommen sah.
    »Wo warst du, Natascha?«, fragte meine Mutter mit ihrer strengsten Stimme, die sich anhörte wie ein flatterndes Laken im Wind.
    »Ich musste ganz dringend was erledigen«, sagte ich. »Für die Schule.«
    »Und was soll das gewesen sein? Du hast Enzo doch gesagt, du müsstest hier jede Menge Hausaufgaben machen!«, sagte meine Mutter. Ihr behagte diese Situation gar nicht. Jedwedes Schimpfen und Bestrafen übernahm seit jeher mein Vater, aber der war offensichtlich gerade mal wieder unterwegs.
    »Ja. Das habe ich auch. Aber ich hatte eben in der Schule was vergessen.«
    »Was denn?« Meine Mutter schien schon erschöpft.
    »Ich… äh, musste für Chemie noch was besorgen. Für ein Experiment.« Ich sah Enzo herausfordernd an. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen.
    »Und was ist das für ein komischer Kittel, den du da trägst?«
    Oh. Erst jetzt bemerkte ich den Arztkittel von Justus’ Mutter, den ich immer noch anhatte. »Ist Vorschrift bei Experimenten«, sagte ich schnell. »Und das ist gut so, schließlich habe ich heute den Donna-Karan-Pullover an.«
    »Und warum hast du Enzo nicht Bescheid gegeben, dass du wegmusst?«, unterbrach mich meine Mutter. »Er hätte dich fahren können.« Sie schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Ich wollte ja, aber ich habe ihn nicht gefunden«, sagte ich dreist.
    »Du wusstest nicht, wo ich bin?«, mischte er sich ein.
    »Nein. Ich bin ja schließlich nicht dein Bodyguard, oder?«, gab ich zurück. Sein Mund verzog sich spöttisch und wurde dabei wieder schief. Lag vermutlich an der kleinen Narbe unter dem rechten Mundwinkel, einem winzigen hellen Halbmond, der auf seiner Haut schien.
    »Na gut«, sagte meine Mutter und seufzte. »Aber dass mir das nicht mehr vorkommt. Enzo ist dafür da, um auf dich aufzupassen.«
    »Und genau das brauche ich nicht, einen Aufpasser. Wie alt bin ich? Fünf?«
    Doch meine Mutter ignorierte mich. »Enzo, es tut mir leid. Ich kann mich nur für meine Tochter entschuldig…«
    »Das brauchst du nicht, Mama«, ging ich dazwischen. »Das kann ich schon selber. Es tut mir sehr, sehr leid, Enzo, dass du verschwunden warst, als ich dringend wegmusste.«
    Meine Mutter stöhnte und schloss dabei die Augen. Enzo nickte leicht mit dem Kopf. »Das mit dem Entschuldigen üben wir aber noch, Fräulein Sander.«
    »Du sollst nicht Fräulein zu mir sagen«, brauste ich auf. »Das hasse ich.«
    Er stand stumm auf, musterte mich mit seinen grünen Augen, frech, sehr frech, und ging auf mich zu. Ich fragte mich, was er vorhatte, stemmte die Hände in die Seiten, machte mich kampfbereit, aber da ging er an mir vorbei und ließ mich samt meiner Empörung einfach stehen. Der Duft seines Aftershaves hing noch in der Luft, es roch nach den Kräutern, die meine Mutter oft zum Kochen benutzte. »Natascha«, sagte meine Mutter. »Wir haben nicht umsonst einen Bodyguard engagiert. Wir machen uns Sorgen um dich.«
    »Vor einer Woche hast du dir noch keine Sorgen um mich gemacht«, sagte ich.
    Sie atmete tief ein. »Wir machen uns Sorgen um dich, seit du geboren wurdest. Genau wie um Bastian. Eltern machen sich immer Sorgen um ihre Kinder, ob sie das wollen

Weitere Kostenlose Bücher