Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben

Titel: Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
Vom Netzwerk:
aussah wie ein o. Das war der allerletzte Beweis, den ich gebraucht hatte: Nora hatte das Tagebuch selbst geschrieben.
    In der nächsten Pause zog ich mich in eine Ecke des Schulhofs zurück, um mir in Ruhe die Noten anzusehen, die ich aus dem Klassenbuch abfotografiert hatte. Leider waren natürlich nur die Noten dieses Jahres eingetragen. Doch komfortablerweise stand der Notendurchschnitt der vorangegangenen Jahre in einer Extraspalte ganz vorne. Während Laura sich im vergangenen Jahr plötzlich dramatisch verschlechtert hatte, hatte sich Nora in einem Halbjahr sprunghaft verbessert. Ich rief Justus an, der glücklicherweise auch gerade Pause hatte, und erzählte es ihm. »Wenn sie eine Sportlerin wäre, würde ich sagen, sie dopt«, kommentierte er.
    »Genau. Das geht nicht mit rechten Dingen zu. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder sie hat ein geniales Pfuschsystem.« Mir fiel meine ex-beste Freundin Silvy, das Biest, ein. »Oder sie kennt die Prüfungsaufgaben.«
    »Aber wie kommt sie daran?«
    »Eines steht fest. Sie hat keine Freundin, die sie für sie klaut.« Ich überlegte einen Moment. »Vielleicht hackt sie den Schulcomputer?«, schlug Justus vor.
    »Das könnte natürlich sein«, sagte ich. »Wobei ich bisher nicht gemerkt habe, dass sie besonders fit ist am Computer.«
    »Du könntest das rausfinden, indem du dich selbst einhackst.«
    »Ohne Passwort kann ich das nicht«, seufzte ich. »Außerdem darf ich mich auf keinen Fall mehr beim Schnüffeln erwischen lassen. Enzo, dieser Idiot, will mich sonst bei meinem Vater verpfeifen. Er erpresst mich geradezu, dieser…« Mir blieb das Wort im Hals stecken. Denn da lag die Lösung vor mir, glatt ausgebreitet wie ein Handtuch in der Sonne, auf das man sich nur legen musste. »Erpressung!«, hauchte ich ins Telefon. »Nora wusste von dem Verhältnis von Laura mit dem Musiklehrer! Sie hat den Musiklehrer erpresst, um an die Prüfungsaufgaben zu kommen.«
    »Logisch!«, rief Justus. »Deswegen wollte sie dich mit dem Tagebuch auf die falsche Fährte locken!«
    »Genau. Sie wollte nicht, dass das Verhältnis mit dem Lehrer rauskommt. Weil sie davon profitierte.«
    Mein Hirn rotierte wie ein Kettenkarussell. Ich war der Lösung ein ganzes Stück näher gekommen. Jetzt musste ich nur noch die Fährten bis zum Ende zu verfolgen und den Schuldigen dingfest machen. Ach, war das aufregend! Eine Welle an Adrenalin wühlte mein Innenleben auf.
    Also: Nora hat den Musiklehrer erpresst. Aber könnte sie auch an Lauras Tod schuld sein? War Laura hinter die Erpressung gekommen und Nora hatte sie umgebracht? Oder hatte Pascal Laura umgebracht, weil sie mit ihm Schluss gemacht hatte und er sie nicht gehen lassen wollte? Oder hatte sie sich doch selbst umgebracht, weil sie die Trennung nicht verkraftet hat? Die Liste meiner Verdächtigen wurde immer unübersichtlicher. Mir schwirrte der Kopf und ich nahm mir vor, wie auf der Slackline immer einen Schritt nach dem andern zu machen. Wenn man nämlich in brenzliger Position hektisch wurde, dann fiel man unweigerlich auf die Nase. Und mein nächster Schritt würde sein, ein bisschen Bewegung ins Spiel zu bringen. Ich würde der ehrgeizigen Nora einen Köder hinwerfen.
    Am Nachmittag war wieder Theater-AG. Große Aufregung herrschte, weil die Generalprobe stattfand für die Aufführung am Freitag. Coco lästerte offen über Evelyn, die für ihre Hauptrolle in einem sensationellen Etuikleid aus roter Wildseide und einer komplizierten Mischung aus Hochsteckfrisur und dicker Lockenrolle im Nacken erschienen war und man wirklich meinte, gleich müsste Clark Gable aus »Vom Winde verweht« aus der Kulisse springen und sie küssen. Regieassistentin Merle nervte alle mit hektischen Anweisungen, Milena und Jennifer hielten sich abseits und tuschelten. Kim ließ derweil Evelyn nicht aus den Augen und kochte vor Wut über deren umwerfendes Outfit. Ich wartete nur darauf, dass sie ihr das Kleid zerfetzte wie die bösen Stiefschwestern dem armen Aschenputtel. Ich war heilfroh, dass ich nur für die Requisiten zuständig war. Noch bevor die Generalprobe losging, winkte ich Nora zu mir und tat ganz aufgeregt.
    »Was ist denn?«, fragte sie skeptisch. Ich nahm sie zur Seite und machte einen auf total geheimnisvoll. »Ich weiß es jetzt«, flüsterte ich aufgeregt. »Ich weiß jetzt, wer John ist.«
    »Was?« Sie musste plötzlich husten. »Ich dachte, du hast das Thema fallen lassen.«
    »Nee, doch nicht. Und du glaubst nicht, was ich

Weitere Kostenlose Bücher