Gefaehrliche Gedanken - Zu schoen zum sterben
rausgefunden habe: Einen John gibt es gar nicht. John ist nur ein Deckname.«
»Aber das kann doch nicht wahr sein!« Ihre Stimme klang schrill.
»Doch! Laura hatte in Wirklichkeit ein Verhältnis mit Pascal von Cappeln.«
»Nein!«, tat sie überrascht. »Wie kommst du denn darauf?«
»Da war so ein Code in dem Text«, behauptete ich. »Den habe ich geknackt.«
»Ein Code?«, fragte sie skeptisch. »Was für ein Code?« Natürlich wusste sie, dass es keinen Code gab.
»Ja, ganz geschickt hat Laura das gemacht«, bekräftigte ich. »Die Anfangsbuchstaben der Anfangswörter auf jeder Seite hintereinander gelesen ergeben die Wörter Pascal und Liebe.«
»Nein«, rief sie. »Das ist ja ein… Zufall.«
»Aber ich habe es bemerkt und jetzt wissen wir endlich, dass Pascal der Lover von Laura war.«
Nora brauchte noch ein bisschen, um die neuen Informationen zu verarbeiten. Dann fragte sie: »Und was willst du jetzt tun?«
»Ich sage es der Polizei«, sagte ich. »Vielleicht…« Ich schaute mich um, ob uns jemand zuhörte. Dann wisperte ich kaum hörbar: »Vielleicht hat er sie ja umgebracht.«
»Warum hätte er das denn tun sollen?«
»Aus Eifersucht. Weil sie Schluss gemacht hat.«
Sie wurde sichtlich nervös. »Und Milena? Du hast doch gesagt, Laura hätte sie beschimpft in dem Tagebuch. Was hat sie damit zu tun?«
»Die hat damit gar nichts zu tun.«
»Ach nein? Bist du dir da sicher?«
»Ganz sicher. Wenn es einer war, dann unser netter Musiklehrer.« Ich konnte ihre Hirnrädchen rattern sehen. Fünf Minuten später verschwand sie unter einem Vorwand nach draußen. Ich war mir sicher: Sie hatte den Köder geschluckt. Jetzt musste ich abwarten, was als Nächstes passierte. Und plötzlich wurde ich nervös. Vielleicht hatte ich gerade den Mörder auf mich aufmerksam gemacht.
32
Ich war froh, als ich an diesem Nachmittag zu Hause war.
Ich knabberte mit Justus Kekse, die meine Mutter gebacken hatte. Ich hatte ihm von meinem Köder für Nora erzählt. »Ich weiß ja, dass das notwendig war«, sagte Justus. »Aber meinst du nicht, das Ganze wird vielleicht zu gefährlich?«
»Ach was«, sagte ich, auch wenn mir selbst etwas mulmig zumute war. »Ich kann doch Kung Fu!« Ich boxte ein paar Mal in die Luft. »Hat Enzo mir beigebracht.«
Justus verzog das Gesicht, als ich seinen Namen erwähnte. »Ich habe übrigens mal wieder diese Internetseite lahmgelegt, My favorite enemy . Da gab es wieder fiese Einträge über dich und andere«, sagte Justus. »Von dieser ZickZack03 hauptsächlich.«
»Ach, bist du super«, seufzte ich. Dabei fiel mir ein, dass ich schnell bei Skype reinschauen könnte. Da war wieder eine Nachricht von wolf99. »Hör dir das an.« Ich las vor, was mir der Kommilitone meines Bruders geschrieben hatte: »Wenn dein Bruder mir nicht gibt, was mir gehört, wirst du es bitter bereuen. Du.«
»Mann, was hat der denn für ein Problem?«
»Das wüsste ich auch zu gerne. Hey, heute ist Dienstag! Da ist die Studentenparty! Da finden wir vielleicht was über meinen Bruder raus.«
»Gute Idee«, sagte Justus und machte etwas, was er nur in sehr angespannten Momenten machte: Er knetete seine Unterlippe. Ich sagte: »Wenn Basti wieder da ist, dann sind wir Enzo los.«
»Ja«, sagte er und hörte auf zu kneten. »Das wäre super.«
Im Badezimmer zog ich mir mein violettes Max-Mara-Kaschmirkleid an, Wickeloptik, schlicht, aber top geschnitten, mit überkreuzten Stoffbahnen am Oberteil. Machte einen schönen Ausschnitt. Von Dekolletee konnte man bei mir ja nicht reden. Schwarze blickdichte Strumpfhose, Stiefel, Pferdeschwanz, große silberne Creolen mit einem kleinen Aquamarin-Stein am unteren Rand, dezentes Make-up, fertig.
»Und? Meinst du, die lassen uns so rein?«, fragte ich, als ich wieder ins Zimmer kam.
»Hey, ho«, sagte Justus verblüfft.
»Sehe ich wie eine Studentin aus?«
Er musterte mich stumm.
»Bin ich etwa overdressed?«, fragte ich irritiert.
»Auf gar keinen Fall. Sieht gut aus.« Er blieb mit der Stimme oben. Normalerweise hätte er jetzt noch einen Scherz angefügt. So was wie »Damit kannst du ruhig zur Audienz bei der Königin gehen« oder »Unter den anderen Millionärinnen fällst du damit auf keinen Fall auf«. Aber er sagte nichts. »Aber?«
»Kein Aber. Sieht gut aus.« Er schluckte. »Dich lassen sie auf jeden Fall rein.«
»Dich aber auch«, feixte ich. »Du siehst aus wie der perfekte Studentenschluffi.« Komischerweise kam von ihm keine Retourkutsche, was
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