Gefährliche Gefühle - zu schön zum Sterben
hoch. Silvy versuchte, mich so gut wie möglich zu ignorieren, und wandte sich an ihre Mutter, die gerade eine eingehende Nachricht auf ihrem Handy checkte. »Mutter, du wirst David doch sicher für einen Moment entbehren können«, sagte sie eisig, »dann kann ich ihm zeigen, wie ich mir die Fernsehaufnahmen vorstelle.«
»In Ordnung, Silvy«, sagte Dr. Kern abgelenkt. »Aber um achtzehn Uhr brauche ich ihn für die Telefonkonferenz.«
Silvy warf mir einen triumphierenden Blick zu, dann dampfte sie glücklich mit ihm ab. Ich fuhr mit Hedi nach Hause. Als ich in meinem Zimmer war, rief ich Enzo noch mal an. Zum Glück erwischte ich ihn persönlich. Ich sagte ihm, dass es nicht nett von mir gewesen war, einfach aufzulegen, und dass es mir leidtäte.
»Schon gut«, sagte er. »Und schön, dass du anrufst.«
»Ja«, sagte ich und dann wusste ich plötzlich nicht mehr, was ich sagen sollte. Dauernd poppte das Wort Violetta in meinem Kopf auf, aber damit wollte ich nicht wieder anfangen. Ich wollte, dass wir uns vertrugen. Und dass alles wieder gut war.
»Und, was hast du heute noch so gemacht?«
»Mit meinem Chef telefoniert. Er hat vielleicht wieder einen Job für mich.«
»Oh. Cool. Und bei wem?«
»Ist noch gar nichts klar, deswegen kann ich dir leider nichts sagen.«
»Wieso nicht?«, fragte ich neckend und versuchte, es wie einen Scherz klingen zu lassen. »Hast du Angst, dass ich eifersüchtig werden könnte?« Natürlich klang es gar nicht wie ein Scherz. Nicht nach der Sache mit Violetta. Mist. Ich kritzelte auf meiner Schreibtischunterlage rum. »Sorry, Enzo«, seufzte ich dann. »Das war blöd von mir.«
»Du weiÃt doch, dass du mir vertrauen kannst, oder?«, fragte Enzo.
»Ja, natürlich. In der Theorie jedenfalls«, fügte ich hinzu. »In der Praxis erweist es sich allerdings als schwierig, dass du dauernd mit deiner Ex rumhängst.« Es kam schmollender raus als beabsichtigt.
»Natascha«, sagte Enzo nachdrücklich. »Sie braucht Hilfe und ich bin mit ihr befreundet.«
»Sie will dich zurück und du merkst es nicht einmal.« Mein Ton wurde ärgerlich.
»Hör auf damit. Ich stell mich schlieÃlich auch nicht an, wenn du dich mit Justus triffst«, rief er plötzlich ebenfalls sauer. Und dann war auf einmal die Leitung tot! Er hatte aufgelegt! War das zu fassen? Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich auch diesmal schuld war. Verdammter gigantischer Riesenmist! Vielleicht war ich nicht der Typ für eine Beziehung. Oder vielleicht war Enzo einfach nicht der Typ für eine Beziehung mit mir. Vielleicht sollte ich wieder dahin zurückkehren, Männer von Ferne anzuhimmeln. Das war auf jeden Fall stressfreier. Ich lieà mich aufs Bett fallen, umarmte mein Kissen und drückte es an mich und stellte mir vor, dass es Enzo wäre. Ach, Sander, dein Leben war auch schon mal besser gelaufen.
Am nächsten Morgen hatte ich wirklich Schwierigkeiten, mich zum Aufstehen zu motivieren. Es war Donnerstag, der 13. Dezember. Es war dunkel. Der Wind pfiff an meinem Fenster vorbei. Es regnete. Ein Wetter, bei dem ich noch nicht mal meine Gute-Laune-Schuhe anziehen konnte, meine knallroten Chucks. Die wären in der ersten Pfütze durchnässt. Ich wühlte mich aus meinen zwei Daunendecken und der Fleecedecke, die ich immer noch extra über meine Beine legte, und setzte mich auf. Der Tag lag vor mir wie eine Wüste, die es ohne Wasser zu durchqueren galt. Ich fühlte mich einsam. Und verloren. Und es gab gar nichts, worauf ich mich richtig freute. Da fiel mein Blick auf den Karton, den Justus mir geschenkt hatte. Ich hatte den Adventskalender bisher noch nicht angerührt, weil ich nicht fand, dass ich ihn verdient hatte. Und nach seinem Verrat war ich nicht drangegangen, weil ich fand, dass Justus es nicht verdient hatte, mir Freude zu bereiten. Doch heute, an diesem trüben Morgen, wo sowieso eins nicht mehr zum anderen passte und ich mal wieder knietief in der Patsche saÃ, war genau der richtige Moment gekommen. Ich nahm den Karton mit in mein Badezimmer, wo es schön warm war, und setzte mich auf den flauschigen blauen Teppich. In Herz Nummer eins fand ich einen zusammengerollten Zettel. Ein Liebesbrief, ahnte ich und rollte ihn entschlossen auf. Aber es war ein Cartoon. Homer Simpson, der von gefräÃigen Aliens entführt worden
Weitere Kostenlose Bücher