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Gefaehrliche Gefuehle

Gefaehrliche Gefuehle

Titel: Gefaehrliche Gefuehle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Dietz
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einen dicken Kuss auf die Wange. »Du bist die beste Mama der ganzen Welt. Eine bessere gibt es nicht«, sagte ich feierlich.
    »Was ist denn mit dir los?«, fragte sie lachend.
    »Ich wollte das nur mal sagen, weil es stimmt. Und grüß Paps von mir. Ich muss mal eben weg.«
    »Vor dem Frühstück?«
    »Ja, in einer Stunde bin ich wieder da.«
    »Ist gut. Ich halte für dich ein paar Scones im Backofen warm.«
    Ich winkte ihr noch einmal, dann folgte ich Hedi nach draußen. Es war ungewöhnlich warm an diesem Morgen. Der Himmel hing tief über den kahlen Baumwipfeln, die fast die schweren Regenwolken zu streifen schienen. Definitiv kein schöner Tag zum Sterben.

28
    H eute musst du auf die Tube drücken«, sagte ich zu Hedi. »Ich muss um halb elf am Einkaufszentrum sein.«
    Es war, als hätte sie schon die ganze Zeit auf diese Ansage gewartet, denn sie brauste durch den Verkehr, dass selbst Sebastian Vettel anerkennend gelächelt hätte. Um zehn Uhr achtundzwanzig bogen wir auf den Parkplatz des Einkaufszentrums ein. Zu meiner Erleichterung stellte ich fest, dass es ziemlich voll war. Menschen schoben gigantische Einkaufswagen in Richtung der gläsernen Schiebetüren, andere bugsierten ihre hoch aufgetürmten Lebensmittel zu ihren Autos. Freundinnen zeigten sich gegenseitig die in den Klamottenläden ergatterten Schnäppchen, Kinder pressten sich die Nase am Schaufenster mit den beweglichen Stofftieren und der großen elektrischen Eisenbahn platt. »Wir müssen da rüber«, sagte ich. Hedi rollte zum anderen Ende des Parkplatzes. Der Osteingang war der, der der Ausfahrt am nächsten lag.
    »Ich treffe jemanden und gebe ihm die Tasche. Dann fahren wir wieder«, sagte ich. Hedi ließ meine Aussage wie immer unkommentiert und fuhr rückwärts in eine Parklücke, Motorhaube Richtung Ausfahrt und bereit zur Flucht. Ich stieg aus. Sah mich um. Ich konnte weder Bastian noch einen Polizeiwagen sehen. Aber sie mussten gleich da sein. Ich stellte mich vor die Eingangstür. Immer wenn jemand rein- oder rausging und sich die Schiebetüren öffneten, kam ein Schwall warmer Luft heraus. Gestresste Mütter, die ihre kleinen Kinder hinter sich herschleiften, Omas mit silberblauen Haaren und blinkenden Rollatoren und junge Männer mit Plastiktüten des Elektromarktes. Von einem Zweimeterrussen keine Spur. Aber auch von Bastian nicht. Ich sah auf meine Uhr. Fünf nach halb elf. Ich wurde nervös. Schaute auf mein Handy. Keine Anrufe. Eigentlich gut, dass Dimitri sich verspätete, dann wäre Bastian vielleicht endlich da, wenn er käme. Wo blieb er denn? Ein Motorradfahrer auf einer schwarzen Maschine näherte sich, einen Parkplatz suchend. Obwohl er so langsam fuhr, tuckerte der Motor unheimlich laut und durchdringend wie ein völlig übersteuerter Bass, der einem die Eingeweide aufwühlte. Sehr unangenehm. Und dann blieb der Motorradfahrer auf seiner Knatterkiste mit einem gigantischen silbernen Auspuff auch noch vor dem Eingang stehen. Etwa fünf Meter von mir. Sein Visier war runtergeklappt. Es war schwarz. Wie sein ganzes Lederoutfit. Er sah aus wie der schwarze Ritter. Er guckte zu mir herüber. Mir fiel auf, wie komisch er auf dem Motorrad hing. Dämlich, dachte ich. Und dann schaute ich noch mal hin. Es sah so komisch aus, weil der Fahrer so groß war. Bestimmt zwei Meter. Dimitri, schoss es mir durch den Kopf. Ich zeigte auf ihn, dann auf die Tasche. Er nickte langsam. Ich ging auf wackligen Beinen zu ihm.
    »Sind wir dann quitt?«, fragte ich ängstlich. Aber Dimitri streckte stumm seinen Arm aus und packte mit den schwarzen Handschuhen die Tasche am Griff, riss sie mir fast aus der Hand, legte sie vor sich auf den Tank, griff wieder seinen Lenker und drehte den Gashebel auf.
    »Sind wir jetzt quitt?«, schrie ich noch einmal. Aber er schoss einfach davon, eine Wolke dunklen Rauchs quoll aus dem Auspuff. Er preschte auf die zweispurige Straße und war in wenigen Sekunden außer Sichtweite. Sein Nummernschild war so dreckig gewesen, dass man es nicht hatte lesen können. Benommen starrte ich ihm hinterher.
    Dann konnte ich endlich wieder klar denken. Es war geglückt! Die Übergabe war geglückt! Und mir war kein einziges Haar gekrümmt worden! Auch wenn ich mich nicht bei Dimitri hatte versichern können, dass die Angelegenheit jetzt erledigt war, war ich doch erleichtert. Bastian, dachte ich. Er wird sich genauso freuen wie ich. Ich schaute mich um. Aber ich konnte ihn nirgendwo entdecken. Wo war er? Ich lief über den

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