Gefährliche Glut
vor seelischen Schmerzen gefeit zu sein. Doch das war, wie sich jetzt herausstellte, ein Irrtum gewesen, und Rocco irrte sich nicht gern. Noch weniger allerdings behagte ihm dieses drängende Verlangen, das ihn in Julies nur schwach erhelltes Zimmer getrieben hatte, in dem noch immer ihr nach Rosen duftendes Parfüm in der Luft hing.
Das Schlafzimmer war leer, und nebenan im Kinderzimmer schlummerte Josh friedlich in seinem Bett. Rocco schloss die Tür und schaute in Richtung Bad. Dort sang gerade eine Sängerin mit dunkler tränenerstickter Stimme von dem Verlust einer großen Liebe, von Wut, Trauer und Einsamkeit. Ihr Lied verschluckte das Geräusch, das er beim Eintreten machte. Julie lag mit geschlossenen Augen in der Badewanne. Aus ihrem hochgesteckten Haar hatten sich feuchte Haarsträhnen gelöst und ringelten sich um ihr Gesicht. Sie war so in sich selbst versunken, dass sie von ihrer Umgebung nichts mitbekam. Die Lippen hatte sie leicht geöffnet, und ihre Brust hob und senkte sich schneller als normal, woraus Rocco schloss, dass sie auf höchst intime Weise vor sich hin träumte. Aber garantiert nicht von ihm! Ihre linke Hand lag auf dem Wannenrand, ohne den Trauring, den er ihr heute an den Finger gesteckt hatte.
Schlagartig wurde Rocco von einem Gefühl erfasst, das er lieber nicht näher untersuchen wollte. Es war durch und durch irrational, eine haushohe Welle, die alles mit sich riss, was auch nur annähernd als Vernunft oder gesunder Menschenverstand durchgehen konnte.
Julie war seine Ehefrau, und heute war ihre Hochzeitsnacht. Und sie träumte von einem anderen Mann? Oh nein, das würde er nicht zulassen! Ohne sich Rechenschaft über sein Tun abzulegen, stürmte er zur Badewanne und ergriff ihre Hand.
Julie riss erschrocken die Augen auf und fuhr hoch. Durch die schnelle Bewegung schwappte das Wasser über den Rand und spritzte Rocco von oben bis unten nass.
„Wo ist dein Ehering?“
Warum schaute er sie an, als ob sie etwas verbrochen hätte? „Ich habe ihn abgenommen, weil er ein bisschen locker sitzt. Ich hatte Angst, ihn im Wasser unbemerkt zu verlieren.“
„Du lügst. Du hast ihn abgenommen, damit du in aller Ruhe von deinem geliebten James träumen kannst, ohne an mich erinnert zu werden.“
Für einen Moment starrten sie sich ungläubig an, beide sicher, dass sie sich verhört hatten.
„Das ist nicht wahr“, protestierte Julie schließlich aufrichtig empört.
„Ach nein? Ich bin doch nicht blind. Ich konnte genau sehen, wo du eben in Gedanken warst. Dein Körper lügt nicht.“
Nach diesen Worten streckte Rocco die Hand aus und fuhr ihr mit dem Zeigefinger über ihre harte Knospe, die sie beim Aufsetzen ungewollt freigelegt hatte.
„Und wage es bloß nicht abzustreiten, dass du von deinem Liebhaber geträumt hast“, fuhr Rocco aufgebracht fort.
Julie reckte das Kinn. Ihr Herz hämmerte – vor Wut, wie sie sich einzureden versuchte. Obwohl sie ganz genau wusste, dass ihr Herzklopfen viel mehr mit Erregung zu tun hatte, oder, weit schlimmer, mit unverhüllter Begierde.
„Also gut, ich gebe es zu“, sagte sie, plötzlich gefährlich ruhig. „Ich habe an meinen Liebhaber gedacht.“ Was ja auch stimmte, nur dass Rocco nicht wusste, wer dieser Liebhaber war. „Na und?“, fragte sie. „Was ist so schlimm daran?“
Schockiert über sich selbst, lauschte sie ihren eigenen Worten nach. Gleichzeitig verspürte sie eine tiefe Genugtuung.
„Das fragst du auch noch?“ Rocco presste erbittert die Lippen zusammen, seine Augen loderten vor Zorn. „Es sind noch keine vierundzwanzig Stunden vergangen, seit du eingewilligt hast, meine Frau zu werden.“
Seit du eingewilligt hast, meine Frau zu werden! Bei diesen Worten wurde sie von einer wilden verbotenen Lust überschwemmt, die alles bestätigte, was sie bereits über ihre Gefühle wusste.
Versuchte sie ihn solange zu provozieren, bis er die Beherrschung verlor und sie nahm? Na, und wenn schon? Er war schließlich ihr Mann, deshalb hatte sie das Recht …
Das Recht? Wozu? Ihn durch raffinierte Tricks dazu zu bringen, dass er mit ihr schlief, obwohl er es eigentlich gar nicht wollte? Julies Wangen brannten vor Scham.
„Ich glaube, du gehst jetzt besser“, sagte sie, plötzlich verunsichert. Das Badewasser war nur noch lauwarm, und sie fröstelte, was allerdings weniger an der Temperatur des Wassers lag als an ihrer inneren Verfassung.
„Meinst du wirklich?“
Roccos Stimme war weich wie eine mit Seide umhüllte
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