Gefährliche Ideen
daraufeingehen müsse. Auf den ersten Blick mag das vernünftig klingen, doch tatsächlich handelt es sich um einen reichlich dummen Vorschlag.
Denken Sie beispielsweise an die äußerst erfolgreiche Spielkonsole Nintendo Wii. Ich kann mich nicht daran erinnern, vor meiner Bekanntschaft mit diesem Produkt jemals das Bedürfnis nach einer Spielkonsole verspürt zu haben, die sich durch Herumwedeln mit einer Handsteuerung bedienen lässt. Der Gedanke an ein derartiges Gerät war bei mir einfach nicht vorhanden, insofern konnte ich kaum ein Bedürfnis danach entwickeln. Seit ich es aber gesehen habe, halte ich es für unverzichtbar, ich muss es einfach besitzen. Die Einführung eines neuen Produkts hat also das Bedürfnis erst hervorgerufen.
Wir erkennen hieran, dass eine kreative Produktentwicklung sich grundlegend von der Identifizierung von Bedürfnissen unterscheidet. Es geht vielmehr darum, das Undenkbare zu ersinnen – etwas, das sich in ein Bedürfnis verwandeln lässt. Wer sich in der herkömmlichen Gewissheit wiegt, dass es zur Entwicklung neuer Produkte einer ernsthaften und erwachsenen Suche nach dem Notwendigen und Vernünftigen bedarf, wird nie eine Wii oder ein Handy erfinden oder einen Energydrink namens Red Bull. All diese Produkte wurden von Menschen entwickelt, denen es gelang, sich gedanklich von der Weltsicht der Erwachsenen zu lösen und die Ernsthaftigkeit einmal beiseite zu lassen – Träumer mit einer verspielten kindlichen Denkweise. Und nur deshalb konnten sie diese ungemein erfolgreichen Ideen hervorbringen.
Realität und Schock
Erwachsenenkonventionen und der Glaube an Seriosität schaden unserer Kreativität nicht deshalb, weil das Erwachsensein auf irgendeineWeise besonders unkreativ wäre, sondern weil wir intuitiv dazu neigen, die im Alltagsleben erforderliche reife, rationale Denkweise auch auf die Ideenentwicklung zu übertragen. Das Hervorbringen neuer Ideen ist ein völlig anderer Prozess, der voraussetzt, dass wir uns gedanklich weit von Nützlichkeits- und Bedürfniserwägungen und -erklärungen entfernen.
Erwachsenenkonventionen und der Glaube an Seriosität schaden unserer Kreativität nicht deshalb, weil das Erwachsensein auf irgendeine Weise besonders unkreativ wäre, sondern weil wir intuitiv dazu neigen, die im Alltagsleben erforderliche reife, rationale Denkweise auch auf die Ideenentwicklung zu übertragen.
Dies lässt sich sehr gut an folgendem Beispiel erläutern. Eine Zeit lang war das meistverkaufte Programm (oder App) für Apples iPhone ein Produkt mit dem prägnanten Namen iFart. Genau, das Spitzenprodukt für eine der am meisten gehypten und bewunderten technologischen Entwicklungen unserer Zeit konnte nichts weiter, als das Geräusch einer menschlichen Flatulenz zu imitieren, wenn auch in beeindruckend großer Vielfalt. Als die App Ende 2008 auf den Markt kam, wurde sie innerhalb der ersten zwei Wochen über 100 000 Mal heruntergeladen, wodurch sie sich für den Entwickler sofort bezahlt machte. Stellen Sie sich nun das folgende Szenario vor: Dieser fröhliche digitale Unterpupser nimmt an einem Wettbewerb für Unternehmenskonzepte teil oder muss sich einem internen Bewertungsausschuss stellen und seine Idee präsentieren. »Jaaa, also, ich habe da ein Programm entwickelt, das … Pupsgeräusche imitieren kann.« Glaubt irgendjemand, dieser Vorschlag wäre mit offenen Armen empfangen worden? Oder dass er einen Wettbewerb gewonnen hätte? Natürlich nicht. Die Grundidee dieses Produkts war dumm, albern und kindisch und ganz sicher kein lohnendes Investitionsobjekt. Das Problem: Es war auch äußerst erfolgreich. Was nur beweist, dass niemand allwissend ist.
Unsere Rationalität ist stets ein Ausfluss unserer Vergangenheit, während Kreativität auf die Zukunft gerichtet ist.
Wollen Sie Ihre Fähigkeit zur Ideenentwicklung verbessern? Dann
werden Sie alberner
. Ignorieren Sie das, was Menschen »benötigen« oder was »funktioniert« oder wofür Menschen »zu zahlen bereit sind«. Keine der bisherigen Verhaltensweisen von Verbrauchern funktioniert auch künftig zuverlässig, und jeder Versuch, rational über zukünftige Geschäftsmöglichkeiten nachzudenken, ist dazu verdammt, sich zum Gefangenen der Geschichte zu machen. Genau genommen ist unsere Rationalität stets ein Ausfluss unserer Vergangenheit, während Kreativität auf die Zukunft gerichtet ist.
Als Apple den iPod auf den Markt brachte, wurde er von einer Mehrzahl aller Kommentatoren und
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