Gefährliche Intrigen
Aufrichtigkeit dieser Worte trieben Emma Tränen der Erleichterung in die Augen.
»Oh. Ich bitte um Entschuldigung. Ich dachte …«
Doreen sprang auf und kniete sich vor Emma auf den Boden.
»Mylady, mir tut es leid. Ihr seid eine großzügige Frau! Obwohl Ihr mich für Eure Rivalin hieltet, habt Ihr mir Eure Hilfe angeboten! Ich danke Euch. Ich werde Euch das nie vergessen!«
Die beiden Frauen lächelten sich schüchtern an.
»Übrigens gibt es keinen Grund, an der Treue Eures Mannes zu zweifeln. Ich kenne ihn schon ebenso lange wie den Earl, und wenn er Euch sein Herz geschenkt hat, dann wird er Euch niemals verletzen.«
»Warum glaubt Ihr das?«, fragte Emma.
Doreen überlegte, was sie Emma anvertrauen konnte, doch dann entschied sie, dass diese Frau es verdient hatte, die Wahrheit zu kennen.
»Nun, die Sache ist die: Wusstet Ihr, dass Euer Mann und Eure Schwägerin vor vielen Jahren ein Paar waren?«
Logan und Roxana? Emma hörte das zum ersten Mal, also schüttelte sie den Kopf und hoffte, Doreen würde ihr schnell alles erzählen. So erfuhr sie von der großen Enttäuschung in Logans Leben und von dem Schutzwall, den er seither um sein Herz errichtet hatte.
Gebannt hörte Emma zu, doch dann fragte sie:
»Warum hat Aiden seinem Bruder das angetan?«
Doreen antwortete traurig:
»Weil er in Wirklichkeit seinen kleinen Bruder bewundert. Er dachte, indem er Logan die Frau wegnimmt, würde er der bessere Mann von beiden werden. Und er brauchte eine Frau, die zufrieden damit war, einen Earl zum Mann zu haben. Denn seine ungeteilte Liebe würde niemals seiner Frau gehören. Einmal hat er gesagt, wenn ich nicht nur die Tochter eines französischen Händlers wäre, hätte er mich zu seiner Braut gemacht.«
Wehmut und Schmerz klangen in diesen Worten mit.
Emma konnte sich nicht vorstellen, wie unglücklich diese Frau sein musste: Allein ihrer Herkunft wegen war es ihr nicht vergönnt, den Mann, den sie liebte, zu heiraten.
»Glaubt Ihr, Logan hat noch immer Gefühle für Roxana?«
Doreen dachte einen Moment nach.
»Nein! Diese Frau ist einfach nur von Gier getrieben. Sie würde alles und jeden verraten, wenn es ihr einen Vorteil einbringt. Das hat auch Euer Mann erkannt. Ich könnte mir denken, dass es Euch gerade deshalb gelungen ist, ihn zu erobern. Ihr seid genau das Gegenteil: Großzügig und hilfsbereit. Außerdem seid Ihr viel schöner als es Lady Roxana jemals war.«
Emma freute sich über dieses Kompliment, und so unterhielten sich die beiden Frauen noch eine Weile, ehe sich Doreen - begleitet von Doktor Ashford - auf den Weg machte.
Emma hatte an diesem Nachmittag einiges erfahren: Sie wusste nun, dass sie dem, was Roxana ihr erzählt hatte, doch lieber etwas kritisch gegenüberstehen sollte. Außerdem konnte sie verstehen, was Aiden an seiner Mätresse liebte. Doreen war nett und freundlich und schien wahre Gefühle für ihn zu hegen. Sie entschied, ihrem Schwager doch eine Mitteilung zu schicken. Dann konnte er selbst entscheiden, ob er seinen Sohn sehen wollte oder nicht.
Roxana hatte, während sie und Logan in Frankreich waren, ein Mädchen zur Welt gebracht. Emma fragte sich, ob sich die beiden Halbgeschwister wohl jemals kennenlernen würden.
Nach diesem Tag, der durch Doreens Besuch etwas aufgelockert worden war, kehrte wieder dieselbe Lethargie zurück, die bereits zuvor von allen Besitz ergriffen hatte. Auch eine Woche nach dem Ball hatte Logan noch nicht wieder das Bewusstsein erlangt. Doktor Ashford hatte Emma darauf aufmerksam gemacht, dass es ihre Aufgabe war, eine letzte Ölung zu veranlassen.
Nach diesem niederschmetternden Gespräch hatte Emma den ganzen Tag geweint und sich dann abends erneut an Logan gekuschelt. Seine Atmung war schwach, und sein ehemals kräftiger Körper war ausgezehrt. In dieser Nacht vergoss sie viele Tränen über die Ungerechtigkeit dieser Welt. Warum nur wurde ihr alles, was sie liebte, genommen?
Am nächsten Morgen brachte ein Bote ein Schreiben aus dem Palast des Königs. Obwohl Emma kaum noch Kraft hatte, machte sie sich eine Stunde später auf zum Gerichtsgebäude. Ein königlicher Schreiber hatte ihr mitgeteilt, dass der Prozess gegen ihren Onkel Wilbour und seine Frau Alvina heute stattfand. In einem dunkelbraunen, hochgeschlossenen Kostüm betrat Emma das Gerichtsgebäude. Zu ihrer Verwunderung übernahm der König selbst den Vorsitz und ließ die zwei Angeklagten hereinbringen.
Zuerst wurde Alvina Davelle aufgerufen, sich auf den
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