Gefährliche Intrigen
siehst, dann weißt du, dass ich es bin! Außerdem trage ich doch den Ring – eine Verwechslung also ausgeschlossen!«
Sie küsste ihren Mann zum Abschied und blickte ihm nach, als er davon ging.
Emma war gerade dabei ihr Frühstück nun alleine zu beenden, als es an der Tür klopfte. Eine Zofe meldete die Ankunft der Schneiderin; Emma erhob sich. Dabei bemerkte sie einen gefalteten Zettel auf dem Boden. Sie bückte sich danach. Das musste die Nachricht sein, die Logan heute Morgen erhalten hatte. Bestimmt war ihm die Karte bei der Tollerei auf dem Boden aus der Tasche gerutscht. Sie überlegte kurz, was sie damit tun sollte, und brachte dann das Kärtchen in Logans Arbeitszimmer. Als sie es ablegte, bog sich die Karte auf und ein Name sprang Emma ins Auge: Doreen . Sie drehte dem Schreibtisch den Rücken zu und überlegte. Warum bekam Logan Briefe von anderen Frauen? Und warum erzählte er ihr nichts davon? Ach, was sollte diese Eifersucht! Gerade hatte Logan ihr seine Liebe gestanden, und beteuert, dass sie die einzige Frau in seinem Leben sei. Sie würde die Karte einfach lesen. Mit Sicherheit war es nur eine ganz harmlose Mitteilung. Genau so musste es sein!
Mit zitternden Fingern öffnete Emma die Karte und überflog die wenigen Zeilen.
Lieber Lord Torrington,
ich bin mit dem Kind aus Frankreich zurück. Ich hoffe Ihr könnt meine Entscheidung nach London zu kommen verstehen, denn der Junge ist krank und braucht ärztliche Hilfe. Ich bitte dringend um Eure Unterstützung.
Sollte das Kind sterben, habe ich nur einen Wunsch. Es soll ein einziges Mal seinen Vater gesehen haben!
Bitte verzeiht, dass ich mich auf diesem Weg an Euch wende, aber ich sah keine andere Möglichkeit.
Ich bin in der South Market Street 13 untergekommen.
Doreen Chevalier
Der ganze Raum schien sich auf einmal um Emma zu drehen, und schnell ließ sie sich in den nächstbesten Sessel fallen. Oh Gott! Wie konnte das nur sein? Vor nicht einmal einer Stunde hatte er ihr seine Liebe geschworen, und jetzt hielt sie den Beweis seiner Ehrlosigkeit in den Händen. Es war genau so, wie Roxana es ihr gesagt hatte: Ihr Ehemann hatte anscheinend bereits Kinder mit irgendwelchen Frauen. Und diese Dame schien auf seinen Wunsch hin das Kind in Frankreich zur Welt gebracht zu haben. Was für ein Schuft! In ebendiesem Moment war er vermutlich auf dem Weg zu seiner in Not geratenen Mätresse. Oh, wie sie die Vorstellung hasste, er könne sich, da er nun schon einmal da war, auf ein kleines Stelldichein mit dieser Doreen einlassen! Am liebsten würde sie ihm unbemerkt folgen!
»Mylady? Da seid Ihr ja! Die Schneiderin wartet schon seit einer ganzen Weile auf Euch. Wollt Ihr nicht mitkommen?«, fragte die Zofe vorsichtig nach.
Emma hatte die arme Frau ganz vergessen. Mechanisch erhob sie sich und folgte der Zofe zu ihren Gemächern. Als sie nun hier in diesem Zimmer stand, in dem sie und Logan sich in den letzten Nächten so leidenschaftlich geliebt hatten, konnte sie das alles nicht glauben! Nein! Sie liebte ihren Mann und sie würde ihm vertrauen! Was auch immer es mit dieser Doreen auf sich hatte, es musste passiert sein, bevor er sie gekannt hatte. Sie würde abwarten und ihn bei gegebenem Anlass darauf ansprechen. Sicherlich würde er ihr die Wahrheit sagen und ihr alles erklären.
Mit großem Stolz auf ihr neu gewonnenes Vertrauen in die Liebe widmete sich Emma nun euphorisch den Vorbereitungen für den Maskenball.
Kapitel 28
London, South Market Place
In dem kunterbunten, hektischen Treiben der Gässchen, die zum South Market Place führten, konnte man sich leicht verirren. Dieser Marktplatz war vor allem für die Gerber und Tuchmacher Londons gedacht gewesen; direkt in der Nähe hatten diese Zünfte ihre Werkstätten. In den letzten Jahren hatten sich immer mehr Handwerksbetriebe hier angesiedelt, sodass sich der South Market zu einem der wichtigsten Handelsplätze Londons entwickelt hatte. Leider war der eigentliche Marktplatz mit der Zeit viel zu eng für alle Stände geworden. So wurden in den zum Markt führenden Gassen die Waren direkt vor den Werkstätten angeboten, was dazu führte, dass die ohnehin engen Straßen von Fuhrwerken kaum mehr befahren werden konnten, ohne dass die Waren oder gar die Händler unter die Räder kamen.
Wie überall, wo Geld den Besitzer wechselte, wimmelte es auch hier an jeder Ecke von Taschendieben oder anderen Betrügern. Viele der Straßenkinder in diesem Viertel lebten nur
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