Gefaehrliche Liebe
etwa genauso weit entfernt wie der Landstreifen zu meiner Linken. Jenseits des Wassers liegt, wohin man auch blickt, ein schmaler Strand und dahinter dichtes Grün. Ich suche den Kreis nach Tributen ab, halte nach Peeta Ausschau, doch das Füllhorn versperrt mir den Blick.
Ich schöpfe eine Handvoll Wasser und rieche daran. Dann berühre ich mit dem nassen Finger meine Zunge. Salzwasser, ganz wie ich gedacht habe. Genau wie die Wellen, die Peeta und ich auf unserem kurzen Abstecher zum Strand in Distrikt 4 gesehen haben. Aber immerhin scheint es sauber zu sein.
Es gibt keine Boote, keine Seile, nicht mal ein bisschen Treibholz, an dem man sich festhalten könnte. Nein, es gibt nur einen Weg zum Füllhorn. Als der Gong ertönt, zögere ich nicht und tauche nach links. Es ist weiter, als ich gewohnt bin, und durch die Wellen zu schwimmen, ist nicht so einfach wie das Schwimmen in meinem ruhigen See zu Hause, doch mein Körper fühlt sich eigenartig leicht an, und ich gleite mühelos durchs Wasser. Vielleicht liegt es an dem Salz. Tropfnass ziehe ich mich an Land und renne über den Sand bis zum Füllhorn. Ich sehe niemanden, der sich von meiner Seite her nähert, allerdings versperrt mir das goldene Horn zu einem Gutteil die Sicht. Doch ich lasse mich von dem Gedanken an mögliche Gegner nicht bremsen. Ich denke jetzt wie ein Karriero und als Erstes will ich mir eine Waffe schnappen.
Im letzten Jahr waren die Vorräte ziemlich weit um das Füllhorn herum verstreut und die wertvollsten Sachen befanden sich ganz nah am Horn. Doch in diesem Jahr scheint die Beute an der gut sechs Meter hohen Öffnung gestapelt zu sein. Mein Blick fällt sofort auf einen goldenen Bogen in Reichweite und ich reiße ihn heraus.
Da ist jemand hinter mir. Eine leichte Bewegung im Sand oder vielleicht nur eine Veränderung des Luftstroms hat mich alarmiert. Ich ziehe einen Pfeil aus dem Köcher, der immer noch in dem Stapel eingeklemmt ist, und während ich mich umdrehe, spanne ich die Sehne.
Da steht ein paar Meter von mir entfernt Finnick in all seiner Pracht, er hält einen Dreizack bereit. An seiner anderen Hand baumelt ein Netz. Er lächelt ein wenig, aber die Muskeln seines Oberkörpers sind schon gespannt. »Du kannst ja auch schwimmen«, sagt er. »Wo hast du das in Distrikt 12 gelernt?«
»Wir haben eine große Badewanne«, gebe ich zurück.
»Sieht ganz so aus«, sagt er. »Gefällt dir die Arena?«
»Nicht besonders. Aber dir doch sicherlich. Sie haben sie bestimmt extra für dich erbaut«, sage ich eine Spur bitter. So sieht es jedenfalls aus, mit all dem Wasser, denn garantiert kann nur eine Handvoll der Sieger schwimmen. Und im Trainingscenter gab es kein Schwimmbecken, keine Chance, es zu lernen. Entweder kommt man als Schwimmer hierher oder man sollte es schleunigst lernen. Selbst wer nur an dem anfänglichen Blutbad teilnehmen will, muss erst mal zwanzig Meter Wasser durchqueren. Damit hat Distrikt 4 einen gewaltigen Vorteil.
Einen Augenblick lang sind wir wie erstarrt, schätzen einander ab, die Waffen des anderen, sein Geschick. Da grinst Finnick plötzlich los. »Gut, dass wir Verbündete sind. Oder?«
Ich wittere eine Falle und will den Pfeil schon abschießen, in der Hoffnung, dass er sein Herz durchbohrt, bevor ich von dem Dreizack aufgespießt werde, doch da bewegt er die Hand, und etwas auf seinem Handgelenk blitzt in der Sonne auf. Ein Armreif aus massivem Gold mit Flammenmuster. Derselbe, den ich heute Morgen an Haymitchs Handgelenk gesehen habe, als ich mit dem Training anfing. Ganz kurz überlege ich, ob Finnick ihn gestohlen hat, um mich reinzulegen, aber irgendwie weiß ich, dass es nicht so ist. Haymitch hat ihm den Armreif gegeben. Als Zeichen für mich. Oder besser als Befehl. Ich soll Finnick vertrauen.
Ich höre weitere Schritte näher kommen. Ich muss mich sofort entscheiden. »Na gut!«, sage ich schroff, denn auch wenn Haymitch mein Mentor ist und versucht, mir das Leben zu retten, ärgert es mich. Warum hat er mir nichts von diesem Arrangement erzählt? Wahrscheinlich, weil Peeta und ich Verbündete ausgeschlossen hatten. Da hat Haymitch einfach selbst einen ausgesucht.
»Duck dich!«, kommandiert Finnick mich mit durchdringender Stimme, die so ganz anders ist als sein einschmeichelndes Gesäusel, dass ich gehorche. Sein Dreizack saust über meinen Kopf und ich höre einen ekelerregenden Schlag, als er sein Ziel trifft. Der Mann aus Distrikt 5, der Trinker, der sich bei der Schwertkampfstation
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