Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz (Junge Liebe) (German Edition)
über so banale Dinge wie den Inhalt von Richards Koffer gestritten. Richard war schmal geworden in den letzten Wochen. Die ganze Situation setzte ihm zu. Die Sorge um seine Mutter und um seinen Bruder, der nicht zu überzeugen war, doch noch mit ihnen zu gehen, hinterließ Spuren. Heinrich wusste, auch ohne dass sein Freund es aussprach, dass er litt. Es war kaum zu übersehen. Die blasse Gesichtsfarbe, die nervösen Bewegungen sprachen Bände. Er konnte es nur zu gut verstehen. Auch seine Reizschwelle war extrem niedrig. Wenn er nicht im Dienst war oder sich mit Richard traf, dann vergrub er sich in seinem Zimmer aus Sorge, mit Gott und der Welt Streit zu bekommen, wenn er es verließ. Lieber saß er in dem ihm verhassten Raum, als dass er durch eine Unachtsamkeit die Flucht zum Scheitern bringen würde. „Herr von Wiesbach. Telefon!“ Die Stimme seiner Wirtin schallte durch das Treppenhaus. „Endlich!“ Er ballte die Faust, ging dann aber betont gelassen aus seinem Zimmer und die Treppe hinunter. „Wer ist es denn?“ „Wieder dieser Herr aus England. Was will der denn dauernd von Ihnen?“ Die Neugierde wollte der Frau geradezu aus den Augen springen. „Es geht um den Ausflug, den ich mit Freunden unternehmen will. Wir wollen nach England, für eine Woche.“ „Als ob unser schönes Heimatland nicht selbst genügend schöne Flecken hätte.“ Sie schüttelte den Kopf. „Die jungen Leute von heute. Mit nichts mehr zufrieden.“ Er lächelte sie pflichtschuldig an, die Hand über die Sprechmuschel gelegt und antwortete: „Manchmal muss man etwas Neues sehen.“ Und jetzt mach, dass du Land gewinnst, fügte er nicht hinzu. „Hallo.“ Die Tür zur Küche hatte sich geschlossen, als Heinrich das Gespräch aufnahm. „Sorry, Jack, but I have to wait until my landlady has closed the kitchen door.“ Er lauschte, als die Antwort aus dem Apparat kam. „Yes, of course. They will come. The only thing that’s missing at the moment is the date of take off. - Sure, I’ll give you a recall when I know the exact date. – Yes, have a nice time too.“ Er legte auf. Die Enttäuschung, dass es nicht der erwartete Anruf gewesen war, betäubte ihn. Ohne weiter darüber nachzudenken, griff er wieder nach dem Telefon, als es erneut klingelte, und meldete sich. „Von Wiesbach. - Ja? Was gibt es?“ Sein Körper spannte sich an, als er die Stimme des Fliegers erkannte. „In zwei Tagen? Ja, das schaffen wir. Vielen Dank für Ihre Hilfe.“ „Du sprichst ja richtig gut Englisch.“ Heinrich zuckte zusammen. Zusammen mit Siegfrieds Worten erklang ein mächtiger Donnerschlag. Er versuchte, das Zittern seiner Hand zu verbergen, als er auflegte und sich umdrehte. „Ich war als Kind oft in England. Da bleibt es nicht aus, dass man die Sprache lernt.“ Was, zum Teufel, sucht der hier? Der prüfende Blick, der ihn traf, ging wie ein gezielter Schlag in den Magen. Er wischte sich verstohlen die feuchte Hand am Saum seiner Jacke ab. „Du steckst doch immer wieder voller Überraschungen!“ Siegfrieds Lächeln war genauso falsch wie seine Kameradschaft, die er in den letzten Wochen an den Tag gelegt hatte. „Wo soll es denn genau hingehen?“ Heinrich überlegte fieberhaft, was er gehört und vor allem, was er verstanden hatte von den beiden Telefonaten. „Ich plane einen Urlaub mit Freunden. Wir wollen für eine Woche nach England. Deswegen habe ich mit einem alten Freund Kontakt aufgenommen, bei dem wir wohnen können und einen Flieger engagiert.“ Warum fühle ich mich eigentlich wie ein Pennäler, der bei einer Straftat erwischt wird? Er ärgerte sich über seine Unsicherheit. „Ein Urlaub mit Freunden? In England? Nette Idee. Wann soll es denn losgehen?“ „Das wissen wir noch nicht genau.“ „Na, ich hoffe mal, dass du auch Urlaub bekommst.“ Siegfrieds Gesichtsausdruck war freundlich und gefährlich zugleich. „Danke für deine Fürsorge. Aber ich denke, das schaffe ich schon.“ Er ging an ihm vorbei die Treppe hoch in sein Zimmer. Von innen lehnte er sich gegen die geschlossene Tür. Zwei Tage? Noch zwei Tage, dann wäre Richard in Sicherheit. Weg aus der Gefahrenzone! Und er? Er wäre alleine. Heinrich wusste nicht, ob er sich für seinen Freund freuen oder bei dem Gedanken daran, dass er für die nächste Zeit ohne ihn sein würde, verzweifeln sollte. „Reiß dich zusammen, von Wiesbach! Es geht jetzt erst um Richards Leben und um das von Silke natürlich“, maßregelte er sich selbst, bevor er nach
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