Gefährliche Liebe unter dem Hakenkreuz (Junge Liebe) (German Edition)
habt bestimmt noch einiges zu besprechen.“ Er hatte Richards Kopf an seine Schulter gezogen und sein Kinn ruhte auf seinem Scheitel. „Wir sehen uns dann übermorgen. Ich werde kurz vor Einbruch der Dunkelheit hier sein.“
***
Die Sonne ging in einem feuerroten Ball unter und tauchte die Landschaft in sanfte, warme Farben, als Heinrich zwei Tage später wieder auf der Auffahrt anhielt. Die Schönheit des Anblicks drang nicht in sein Bewusstsein vor. Er war nervös und schwitzte. Ob es von der Hitze oder von seiner Nervosität kam, war ihm unklar. „Hallo, Heinrich.“ Silke kam auf ihn zu. Sie sah seltsam füllig aus. „Ich habe mehrere Kleidungsstücke übereinander gezogen“, gab sie zu, als sie seinen Blick bemerkte. Ein verlegenes Lächeln in den Mundwinkeln. Er unterdrückte ein Grinsen. Er hatte es Richard nicht geglaubt, als er ihm erzählte, dass Silke sich was aus Kleidung machte. Aber der An blick dieser Person, die augenscheinlich innerhalb von zwei Tagen ungefähr zwei Konfektionsgrößen zugelegt hatte, bestätigte die Aussage. „Das muss doch wahnsinnig warm sein?“ Wie zur Bestätigung seiner Frage lief Silke ein Schweißtropfen am Hals entlang und verschwand in ihrem Ausschnitt. „Ich habe mal gehört, dass die Finnen sowas wie eine Sauna haben. Ein Raum, in dem man schwitzt. Das muss sich ähnlich anfühlen.“ Sie zwinkerte ihm zu. Wenigstens hat sie ihren Humor nicht verloren. „Wo ist Richard?“ „Ich bin hier.“ Eine große Kiste, die die Worte zu sprechen schien, kam auf ihn zu. „Was ist denn das?“ Er bestaunte das Ungetüm, das sein Freund mit einem lauten Stöhnen vor seinen Füßen abstellte. „Du hast doch gesagt, dass du mir die Sachen nachschicken willst.“ „Ja, aber ...“ Er umrundete die Kiste. Schlagartig war er sich sicher, dass er in dieser Nacht mit den Scheinwerfern den Himmel anstrahlen würde, wenn er dieses Ungetüm im Kofferraum hatte. Der Auszug aus dem gelobten Land. Er wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Der verzweifelte Versuch der Geschwister, so viel wie möglich aus ihrem bisherigen Leben mitzunehmen, ging ihm an die Nieren. „Wo sind eure Koffer?“ „Hier.“ Samuel kam mit zwei Koffern aus dem Haus. Er baute sich vor Heinrich auf. „Ich fahre mit!“ „Es ...“ Unsicher sah dieser zu Richard, der verlegen die Schultern hochzog. „Kein Problem“, murmelte er dann und unterdrückte die Enttäuschung darüber, dass in den letzten Stunden, die sie zusammen verbringen würden, der Bruder anwesend war. Somit schien die Möglichkeit, sich einigermaßen vernünftig zu verabschieden, mit der Sonne untergegangen. Aber er konnte verstehen, dass Samuel Abschied nehmen wollte. „Was ist mit eurer Mutter?“ „Wir haben uns bereits verabschiedet. Sie ist für die nächsten Tage zu einer Freundin gefahren. Sie sagte, sie wolle sich Zeit lassen, bis sie das Haus wieder betritt.“ Er erwiderte nichts, nickte nur. „Wir sollten los.“ Samuel öffnete ungefragt den Kofferraum und verstaute die Koffer und die Kiste darin. „Richard, du solltest den Plunder hierlassen. Das passt nicht alles hinein.“ „Nein!“ Hilfesuchend sah er zu Heinrich. „Wir können unsere Koffer auch auf den Schoß nehmen“, kam Silke ihm wie so oft zu Hilfe. „Euer Bruder hat recht. Wir sollten wirklich losfahren.“ Heinrich ging auf die Fahrerseite. Die anderen folgten ihm an den Wagen. Samuel öffnete die Beifahrertür und stieg selbstverständlich ein. Die Blicke der Drei trafen sich. Alle zogen gleichzeitig die Schultern hoch und stiegen dann ebenfalls ein. „Ein schöner Wagen.“ Samuels Körper schien das Wageninnere zu dominieren. Heinrich kam sich klein und unscheinbar neben ihm vor. Er murmelte ein „Danke“ und startete den Motor. Während der Fahrt beobachtete er durch den Rückspiegel immer wieder die Geschwister auf der Rückbank. Sie hielten sich an ihren Koffern fest und sahen aus den Fenstern. Ganz so, als ob sie versuchten, jede Kleinigkeit der Umgebung in sich aufzusaugen. „Mein alter Schulweg.“ Richard murmelte die Worte gegen das Glas. Silke legte ihm die Hand auf den Arm. „Meiner auch.“ Er drehte den Kopf und sah zu ihr hinüber. „Silke, ich habe Angst.“ „Ich auch“, gab sie unumwunden zu. „Aber ich bin mir sicher, dass wir das schaffen. Wer weiß, vielleicht können wir ja irgendwann wieder zurück.“ „Es wird nicht mehr dasselbe sein – ohne Mama.“ Es fiel ihm schwer, die letzten beiden Worte auszusprechen.
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