Gefaehrliche Maskerade einer Lady
Mätresse und ihre Tochter erwähnt. Oh Gott.“ Sie sah Rafe ratlos an, und er hatte plötzlich eine Ahnung davon, wie Ayisha als unglückliche alte Frau einmal aussehen könnte.
Lady Cleeve presste ihre schmalen, runzeligen Hände an die Wangen. „Wie schrecklich. Ich hätte beinahe meine Enkelin fortgeschickt, ohne sie mir auch nur anzusehen. Und das nur wegen einer intriganter Behauptung einer völlig fremden Person.“
Rafe tätschelte ihr beschwichtigend den Arm. „Glauben Sie mir, Ayisha hat es nicht auf Ihr Vermögen abgesehen. Alles, was sie sich wünscht, ist eine Großmutter, die sie liebt. Sie hat mir einmal gestanden, wie traurig es sei, keine Familie zu haben und zu niemandem zu gehören.
Lady Cleeve schluckte.
„Sie hat dabei von Ihnen gesprochen, nicht von sich selbst. Ich habe alles versucht, um sie zu überreden, mit mir nach England zu kommen. Und ihre Weigerung bekam einen ersten Riss, als sie begriff, dass Sie völlig alleine auf dieser Welt sind.“ Mit belegter Stimme fügte er hinzu: „Der Abschied fiel ihr unendlich schwer, müssen Sie wissen. Es gibt in Kairo Menschen, die sie lieben. Und sie ist sehr liebenswert, das werden Sie bald feststellen.“
Lady Cleeves Augen füllten sich mit Tränen.
Rafe reichte ihr sein Taschentuch, und sie betupfte sich die Augen. „Es tut mir sehr leid“, erklärte sie beschämt, „was ich über St. John’s Wood sagte. Ich bin, ich neige zur Bitterkeit, wenn es um Mätressen und deren Sprösslinge geht. Mein Mann, ach, nun gut, ich möchte Sie nicht damit langweilen. Das gehört nicht hierher.“
Rafe interessierte sich nicht für alte Geschichten. „Ich werde Ayisha heiraten. Niemand, weder Sie noch mein Bruder, noch die ganze Gesellschaft, nicht einmal Lord Wellington, kann mich davon abbringen“, stellte er klar.
„Aber warum hat sie Ihnen dann verschwiegen, dass ihre Mutter eine Sklavin war?“
Rafe nahm diese berechtigte Frage zur Kenntnis, antwortete jedoch, ohne eine Sekunde zu zögern. „Sie wird ihre Gründe dafür gehabt haben.“
„Das nehmen Sie so einfach hin?“, fragte sie ungläubig. „Haben Sie so großes Vertrauen in sie?“
„Ja, absolutes Vertrauen“, antwortete Rafe leise. „Das werden Sie verstehen, wenn Sie Ayisha kennenlernen. Letztlich war es klug von Ihnen, vorsichtig zu sein, bevor ich sie Ihnen vorstelle.“
Lady Cleeve zog die dünnen grauen Augenbrauen zusammen. „Wieso sagen Sie das jetzt?“
Rafe schmunzelte. „Weil Sie gar nicht anders können, als sie zu lieben. Jeder, der Ayisha kennenlernt, verliebt sich in sie.“ Und das entsprach der Wahrheit. Sie hatte alle Passagiere und Matrosen an Bord des Schiffes verzaubert, und am Ende sogar die säuerliche alte Mrs Ferris.
„Sie lieben das Mädchen sehr, hab ich recht?“
Rafe stutzte. Die Frage hallte in seinem Kopf wider. Die Antwort hallte noch lauter, erschütterte ihn bis ins Mark.
Er erhob sich brüsk. „Entschuldigen Sie mich! Ich sehe nach, wo sie so lange bleibt.“
„Ich habe Adams angewiesen, ihr Tee in der Küche zu servieren“, gestand Lady Cleeve kleinlaut, „in der Hoffnung, sie begreift, dass sie hier nicht erwünscht ist.“
Rafe fluchte in sich hinein. „Ich hole sie.“ Er riss die Tür auf. Der Butler Adams wich erschrocken einen Schritt zurück. Wieder einer, der an Türen lauschte.
„Wo ist Miss Cleeve?“, fragte Rafe schneidend.
Der Butler wirkte betreten. „Ich weiß nicht, Sir. Ich dachte, sie ist bei Ihnen.“ Er warf Lady Cleeve einen ängstlichen Blick zu. „Sie wurde in der Küche erwartet, aber dort ist sie nie erschienen. Wir dachten, sie sei mit der Katze im Garten, aber dort ist sie auch nicht.“
Rafe fuhr herum. Das Gepäck stand immer noch in der Halle. Der Katzenkorb war ebenso verschwunden wie Ayishas Koffer und ihr neuer Umhang. Durch den Griff seines Koffers war ein gefaltetes Blatt Papier geschoben. Er riss es an sich, brach das Siegel und las:
Mein liebster Rafe,
Es tut mir leid, Dich so zu verlassen, ohne mich persönlich zu verabschieden, aber ich sehe keine andere Möglichkeit.
Du hast mir nie gesagt, dass Du der Erbe eines Earls sein wirst und nie erwähnt, dass ich einmal Countess sein könnte. Und Du hast mir auch nicht gesagt, dass Du bereits mit einer adeligen, reichen Dame aus vornehmer Familie verlobt bist. Auf dem Schiff hast Du davon gesprochen, mein Ruf könne Schaden nehmen. Aber aus Lady Cleeves Worten, die ich soeben gehört habe, ist es doch vielmehr so, dass eine Ehe
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