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Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Titel: Gefährliche Nebenwirkung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Braun
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sich mein Magen. Ist irgendwas in dem Wasser? Oder habe ich einfach nur so viel Angst?
    »Isabel«, sagt Benicio.
    Die Frau sieht ihn nicht an, aber ihr Gesichtsausdruck macht deutlich, dass er nicht mit ihr reden sollte.
    Ich trinke den Rest des Wassers und die Frau senkt das Glas.
    »Können Sie bitte meine Hände losbinden?«, frage ich und hoffe auf ein wenig weibliches Mitgefühl. »Ich sitze jetzt hier seit Stunden so. Es tut weh. Bitte. Sie können ja die Tür abschließen. Ich muss mich nur mal eine Sekunde bewegen.«
    Die Frau schlägt mir so hart ins Gesicht, dass mein Kopf zur Seite fliegt.
    »Himmel!«
    »Halt die Klappe«, sagt Isabel.
    »Isabel!«, schreit Benicio. Ich erkenne eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den beiden. Bruder und Schwester? Gehört der Wagen, den Benicio gefahren hat, wirklich seinem Cousin? Ist Leon sein Cousin?
    Benicio sagt etwas auf Spanisch zu Isabel. Sie sieht nicht in seine Richtung, nicht einmal, als er immer angestrengter klingt. »Por favor!« Mehr verstehe ich nicht. Das leere Glas in Isabels Hand zittert.
    Ein Kleinkind kommt durch die offene Tür gekrabbelt. Isabel dreht sich um, als es einen Laut von sich gibt, dann fährt sie genauso schnell wieder herum und wirft das Glas an die gegenüberliegende Wand, wo es zersplittert. Der kleine Junge plumpst auf seine Windel. Er steckt den Buchstabenwürfel in den Mund, späht in den Raum und fängt an zu weinen, bevor Hände erscheinen, ihn ergreifen und die Tür zuschlagen.
    Isabel zieht eine Pistole, die hinten im Bund ihrer Shorts gesteckt hat, und richtet sie auf Benicio. Bis zu diesem Moment hatte er auf sie eingeredet.
    Die Waffe bebt in ihrer zitternden Hand.
    »No hablan!«, sagt sie zu Benicio. Er schweigt.
    Dann richtet sie die Pistole auf mich. »Nix reden. Verstehen, Chica?«
    Ich nicke. Vor mir läuft kein Lebensfilm ab. Ich bettle nicht um Gnade. Ich denke nicht einmal an meine Familie. Stattdessen bin ich völlig unbeeindruckt von der Möglichkeit, eine Kugel in die Stirn zu bekommen. Eigentlich möchte ich nur wissen, warum man mich ausgewählt hat. Haben sie bereits gewusst, dass mein Mann Leiter einer Bank ist? Hat allein die Tatsache, dass er Amerikaner ist, ihn interessant gemacht? Ist es einfach Pech? Bin ich zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen? Es muss mehr dahinter stecken. Sie wissen, wer ich bin, auf welchem College ich war, offensichtlich kennen sie sogar meinen Notendurchschnitt. Damit bin ich wieder bei Benicio. Er könnte sich diese Informationen über unsere Adresse, unsere Kreditkartennummern, irgendwie so besorgt haben. Aber wenn er mit den anderen unter einer Decke steckt, warum ist er dann auch gefesselt?
    Ich bin mir inzwischen sicher, dass irgendetwas in dem Wasser war. Ich fühle mich betrunken und sogar ein wenig ent spannt, aber vor allem habe ich den Eindruck, dass man mir Blei in die Knochen gefüllt hat. Um mich herum scheint der Raum zu zerfließen. Es kommt mir vor, als sei mitten am Nachmittag plötzlich tiefe Nacht hereingebrochen und ich könne im Augenblick nichts anderes tun, als zu schlafen.

7
    Als ich wieder aufwache, ist es tatsächlich Nacht. Vor dem Fenster ist es so dunkel, dass ich zuerst glaube, jemand habe ein Tuch davor gehängt. Dann erkenne ich den Umriss der Bananenstaude. Ich schätze, es muss zwei, vielleicht drei Uhr morgens sein. So weit im Süden beginnt die Sonne bereits gegen halb sechs aufzugehen. Wahrscheinlich hat man mich vor fast vierundzwanzig Stunden entführt. Vielleicht ist es auch schon länger her.
    Leon betritt den Raum und beginnt, mich loszubinden. »Sch!«, zischt er. Er riecht nach Kaffee und Zigaretten. Ich wage es nicht, den Mund aufzumachen. Vielleicht bereitet er jetzt den Austausch vor, gegen was auch immer er für mich bekommt.
    Ich stelle mir Jonathon am Ende einer sandigen, verlassenen Straße vor, mit einem Aktenkoffer voller Geld. Ich würde alles dafür geben, Jonathon in diesen lächerlichen Sandalen zu sehen. Oder Oliver zu beobachten, der sich mit seiner Sonnenbrille gegen mich abschirmt, während in seinen Ohren Musik dröhnt.
    Leon gibt mir ein Stück zähes Brot. Mein Mund ist ausgetrocknet, aber ich bitte nicht um Wasser. Schnell esse ich, zwinge die Stücke meine wunde Kehle hinunter. Ich spüre seine Ungeduld.
    «Steh auf.« Er zerrt mich auf die Füße und meine Knie geben nach. Jeder Muskel in meinem Körper schmerzt und vor meinen Augen dreht sich alles. Meine Füße waren seit Stunden eingeschlafen. Sie sind

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