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Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Titel: Gefährliche Nebenwirkung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Braun
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nutzlose Stummel an meinen Beinen.
    Ich versuche, einen Blick hinüber zu Benicio zu werfen, aber Leon reißt mich an sich und zwingt mich, aufrecht stehen zu bleiben. Sobald ich einigermaßen mein Gleichgewicht wiedergefunden habe, zieht er mich in den Flur und von dort in ein kleines Badezimmer. Sand bedeckt den kalten Steinboden und die kleinen Körner fühlen sich unter meinen Füßen wie Glassplitter an. Er kommt mit mir herein und schließt die Tür. Wir stehen nur Zentimeter voneinander entfernt in der Dunkelheit. Die kalte Toilettenschüssel berührt meine Waden. Der ganze Raum stinkt nach Schwefel aus dem Abwasserrohr.
    »Pinkel«, sagt er.
    Ich rühre mich nicht.
    »Jetzt.«
    Ich ziehe meine Hosen herunter und setzte mich auf die Toilette. Kaum ein Tropfen verlässt meinen ausgetrockneten Körper. Ich wische mich ab und ziehe meine Shorts wieder hoch, während ich aufstehe.
    »Nein«, sagt er. «Zieh dich aus.«
    Ich rühre mich nicht.
    »Jetzt«, sagt er.
    Ich fange an zu weinen.
    Er zerrt meine Shorts und mein Bikinihöschen nach unten. Er reißt mir das Shirt über den Kopf und ich schreie auf, obwohl ich versuche, es nicht zu tun. Er schlägt mich ins Gesicht, wenn auch nicht so hart wie Isabel. »Halt den Mund«, sagt er. Er zieht die Schleife an meinem Bikinioberteil auf und einen Moment später liegt es am Boden. Ich zittere am ganzen Körper. Ich kann nicht aufhören zu weinen.
    »Ruhe!«, flüstert er nicht besonders leise. Und dann steht er einfach da. Noch mehr Psychospielchen. Lass mich nur schwitzen. Damit mir auch ganz klar wird, was als Nächstes kommt.
    »Muy linda«, sagt er und grinst.
    Wir stehen eingeklemmt zwischen der Tür und der Toilette. Ich zittere so heftig, dass meine Brüste sein Shirt streifen.
    Mit den Fingerspitzen streicht er über meine Schläfe, meine Wange, meinen Hals, mein Schlüsselbein. Es könnte sich genauso gut um eine giftige Schlange handeln, so sehr fürchte ich mich. Er packt meinen Arm und schiebt mich in Richtung Dusche. Mit der freien Hand dreht er sie auf und drückt mich unter den eiskalten Strahl. Er versetzt mir einen Schlag auf meinen nackten Hintern, wie einer Kuh, die ins Schlachthaus getrieben wird.
    Ich unterdrücke einen Schrei und gebe nur ein ersticktes Stöhnen von mir.
    »Noch einen Ton und ich erschieße dich.«
    Irgendwo im Haus ist eine Rauferei zu hören, dann gibt es einen dumpfen Schlag, als würde jemand gegen eine Wand prallen. Ein Mann schreit vor Schmerz. Ich verkneife mir jeden Laut und beginne zu beten. Noch nie in meinem Leben habe ich mir mehr gewünscht, dass diesen Schrei nicht Jonathon ausgestoßen hat oder, der Herr möge es verhüten, Oliver.
    »Nimm die Seife und wasch dich«, sagt Leon.
    Zitternd fahre ich mit den Händen über meinen Körper. Die Seife brennt an meinen aufgescheuerten Handgelenken und Knöcheln. Sie gibt nicht viel Schaum her, und ich hoffe, Leon sieht, dass es an der Seife liegt und nicht an mir. Ich gebe jedenfalls mein Bestes.
    Er dreht das Wasser aus, noch bevor ich die Seife vollkommen abspülen kann. Er zieht mich aus der Dusche, reicht mir ein Handtuch. Während ich mich nervös abtrockne – die Intimität der Situation ist mir peinlich –, nimmt er einen Stapel Kleidung von einem Regal, das mir bisher gar nicht aufgefallen ist. »Zieh das an.«
    Es sind meine eigenen Sachen aus meinem Koffer. Unterwäsche, BH, Shorts und eine ärmellose weiße Bluse, die Jonathon immer an mir geliebt hat. Ich will schreien, eine Erklärung erbetteln. Aber das Entsetzen über die möglichen Zusammenhänge macht mich stumm. Ich tue, was man mir gesagt hat, erleichtert und gleichzeitig entsetzt von dem vertrauten Duft meines Waschmittels.
    Leon schiebt mich zurück in das Zimmer, aber dieses Mal fesselt er mich nicht. Er geht hinaus, schließt die Tür und verriegelt sie.
    In der Ferne höre ich einen Hahn krähen. Die Sonne steigt über dem Horizont auf und taucht den Raum in ein sanftes orangefarbenes Licht.
    »Benicio?«
    Ich sehe den leeren Stuhl. »Benicio?« Ich bin allein. Sie haben ihn fortgebracht und jetzt begreife ich, dass er der Mann war, den ich habe schreien hören.
    Ich lege mich aufs Bett und krieche unter die Decke. Ich zittere, als hätte ich einen Krampfanfall. Ich bin sicher, dass ist der Schock. Eine Heldin in einem Roman von Joella Lundstrum überlebt ein Erdbeben und muss dann erfahren, dass ihr einziges Kind direkt neben ihr von einem Balken erschlagen worden ist. Die Frau glaubt, sie wird

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