Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
Jeans heraus. Beides wirft sie mir zu.
»Kommt«, sagt Benicio und bedeutet uns, in den nächsten Raum zu gehen. Er ist lange nicht so gepflegt, das Doppelbett ist nicht gemacht und die Vorhänge vor dem Fenster sind noch geschlossen. Isabel zieht ein paar Herrenjeans und ein schwarzes T-Shirt aus einer Schublade und gibt beides Benicio.
Ich werfe einen Blick auf den Verband an meiner Wade, der bereits rot durchweicht ist. Der brennende Schmerz nimmt mit jedem Schritt zu.
Benicio befiehlt Isabel, den Flur zurückzugehen, und ich höre die Wut und die Entschlossenheit in seiner Stimme.
Isabel durchquert den Raum, in dem wir gefangen gewesen sind, und setzt sich auf den Stuhl, an den Benicio gefesseltwar. Ich kann es mir kaum verkneifen, sie zu fragen, was für ein Gefühl es ist, jetzt selbst dort gefangen zu sein, doch Isabel lässt Benny nicht aus den Augen. Sie ist eben eine Mutter, die sich um ihren Sohn sorgt, und in diesem Moment kann ich an nichts anderes denken als an Oliver.
Benicio geht rückwärts zur Tür.
»Bitte sehr«, sage ich und setze Benny mit seiner Decke und dem Bär an der Stelle auf den Boden, wo Isabel die Tabletts hereingeschoben hat. Zum ersten Mal fällt mein Blick auf meine Sneakers am Fußende des Bettes. Ich lege die Sachen hin, die sie mir gegeben hat, und schlüpfe in meine Schuhe. Vor Schmerz zucke ich zusammen. Mir fällt das zerbrochene Glas wieder ein und ich greife nach dem blutigen Handtuch und nehme damit die Scherben auf. Dann werfe ich alles zusammen aus dem Fenster. Isabel sieht mir benommen zu.
Benicio tätschelt Benny den Kopf und der kleine Junge sieht zu ihm auf und grinst, als sei das alles ein tolles Spiel.
Ich sammle die Kleidungsstücke ein, den Rest der Mullbinde und den Alkohol. Rückwärts verlassen Benicio und ich den Raum und verriegeln die Tür.
In der Küche zieht Benicio eine Einkaufstüte aus Plastik aus einer Schublade und stopft Chips und Brot und eine Flasche Wasser und Salami aus dem Kühlschrank hinein. Er durchwühlt die anderen Schubladen, findet noch ein Messer, ein Feuerzeug, eine Taschenlampe und noch weitere Plastiktüten. Er verschwindet im Badezimmer und kommt mit Mückenschutz und ein paar Medikamenten im Arm zurück.
Ich habe mir eine der anderen Tüten genommen und alle Sachen hineingeworfen. Ich suche nach Autoschlüsseln oderHandys, aber nichts davon finde ich. Plötzlich durchfährt mich ein fürchterlicher Gedanke. Ich hüpfe den Flur hinunter und treffe auf Benicio, der mir entgegenkommt. »Hat Isabel ein Handy?«
»Scheiße!« Benicio rennt zurück in den Raum. Ich stolpere hinter ihm her. Als wir die Tür aufstoßen, sieht Isabel grinsend von ihrem Handy auf. Sie klappt es zu, hat ihren Anruf gerade erledigt.
Benicio stürmt mit einer solchen Gewalt auf sie zu, dass ich ihn anschreie, er solle ihr nichts tun. Er packt Isabels Handy und wirft es aus dem Fenster. Er schreit noch lauter, aber ich beschwöre ihn mitzukommen, weil uns die Zeit davonläuft.
»Sie können noch nicht weit gewesen sein, als sie sie angerufen hat«, sage ich und mir ist klar, dass uns dieser Fehler das Leben kosten könnte.
Ich verschließe die Tür hinter uns, während Benicio im zweiten Schlafzimmer die Schubladen durchwühlt. Ich komme zu ihm, als er gerade eine Pistole und ein dickes Bündel Dollarnoten hervor zieht.
»Hier.« Er gibt mir eine schwarze Waffe. Jonathon hatte Recht. Sie fühlt sich leichter an, als man erwartet. »Du weißt, wie man damit umgeht?« Benicio lässt, wie ich es aus dem Fernsehen kenne, das Magazin herausspringen und prüft, ob Patronen darin sind. Es ist voll.
»Ich lerne schnell«, sage ich.
Er schiebt das Magazin wieder zurück, bis es einrastet. Sein Gesicht ist so entstellt, dass ich kaum noch erkennen kann, wie er eigentlich ausgesehen hat. »Fertig?«, fragt er.
»Si«, erwidere ich mit einem Grinsen.
Der Plan, den wir uns ausgedacht hatten, wird nicht mehr funktionieren. Wir hatten dabei nicht Benicios gebrochene Nase einkalkuliert und dass ich eine Kugel im Bein haben würde. Wir wollten, so schnell wir konnten, den Hügel hinunterrennen, doch das können wir jetzt vergessen. Jeden Moment wird einer von den anderen zurückkommen. Außerdem hat Benicio von Anfang an recht gehabt. Es ist viel zu riskant. Die Ferienwohnung. Das Konsulat. Die Polizei. Mit alldem würden unsere Gegner rechnen.
Ich sage mir immer wieder, dass ich eines Tages Oliver als Mann erleben werde. Ich werde seine Kinder sehen, meine
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