Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
über die Stirn und zerrt Roberto an dessen Handgelenken in die flache Grube. Den Hund rollt er neben ihn und dann bedeckt er die beiden mit Erde und Lianen, Zweigen und Laub und bildet so einen Hügel, den die Tiere in der Nacht mit Sicherheit zerstören werden.
Er sieht, dass ich wach bin und hebt einen Finger, um mir deutlich zu machen, dass ich noch eine Sekunde warten solle. Er läuft zum Wasser und wäscht sich die Hände. Dann kommt er zu mir.
»Wie geht es deinem Kopf?«, erkundigt er sich und hilft mir, mich aufzusetzen.
»Gut«, lüge ich und frage mich, wie viel Schmerz ich ertragen müsste, wenn ich das Codein nicht hätte.
»Was ist mit dem Bein?«
Der Schmerz kommt und geht. Ich atme mehrmals tief durch. »Besser. Denke ich.«
Er wirkt skeptisch.
»Wirklich«, sage ich.
Er setzt sich neben mich. Keiner von uns erwähnt, was geschehen ist. Stille breitet sich zwischen uns aus.
»Das mit Roberto tut mir leid«, sage ich schließlich.
»Es ist nicht deine Schuld.« Er wirft einen Blick zum Fluss. Tut es ihm jetzt doch leid, dass er nicht ins Familiengeschäft eingestiegen ist? Alles muss doch besser sein als das hier.
Ein Gürteltier schlendert über die Lichtung. Dann noch eines. Zeichen eines Lebens, so surreal, dass es kaum zu fassen ist. Wir leben außerhalb jeder Logik. Alles scheint möglich zu sein.
Benicio zieht Robertos Handy hervor und klappt es auf. »Kein Netz.« Er klappt es wieder zu.
In der Sekunde, in der wir wieder Empfang haben, werde ich es benutzen, um Oliver anzurufen. Der Gedanke treibt mich an aufzustehen und weiterzulaufen.
»Wenn Roberto nicht zurückkommt, werden sie ihn suchen«, sagt Benicio. »Bis heute Abend haben sie es gemerkt.«
»Was sollen wir tun?«
»Nicht hierbleiben.«
»Wie weit ist es noch bis zum Kiosk?«
»Zu weit für dich, um es zu Fuß zu schaffen. Wir müssen uns etwas anderes ausdenken.«
»Was gäbe es noch?«
»Wir könnten zurückgehen.«
»Und ihnen direkt in die Arme laufen?«
»Natürlich nicht.«
Benicio lehrt eine Plastiktüte aus.
»Was tust du da?«
»Ich werde vorgehen und mich bis zum Kiosk durchschlagen. Dort besorge ich ein Floß und ein paar Vorräte und komme wieder hierher zurück.«
Ich spüre, wie die Angst in mir aufsteigt. Meine Haut beginnt zu jucken. Meine Arme und Beine sind übersät mit fürchterlichen roten Stichen. Ameisen? Moskitos? Was gibt es hier sonst noch? »Wie lange wirst du fort sein?« Ich greife nach dem Insektenschutz und sprühe mich erneut ein. Ich sprühe in die Luft und auf den Boden, aber nirgends ist ein Insekt zu sehen.
»Höchstens ein paar Stunden.«
»Ein paar
Stunden
?« Ich kann mir nicht vorstellen, wie dunkel es mitten in der Nacht im Dschungel wird. »Ich komme lieber mit.«
»Du weißt, dass du das nicht kannst. Du musst hierbleiben und warten.«
Er hat recht. Aber trotzdem. »Was, wenn jemand kommt?«
»Wenn ich den Kiosk nicht entdecke, bevor er zumacht, werde ich ihn in der Dunkelheit niemals finden.«
Ich sehe mich um, krank vor Angst, doch ich gebe mein Bestes, mir nichts anmerken zu lassen.
»Hab die Waffe immer in deiner Nähe. Hier ist noch eine zweite, nur für den Fall der Fälle.« Er gibt mir Robertos Waffe, an der Seite klebt etwas Blut.
Ich wende mich ab. Er legt die Waffe auf den Boden.
Ich möchte, dass du gleich nach Sonnenuntergang am Fluss wartest«, sagt er. »Ich werde den Plastikbeutel an einen Baum binden, dann finde ich dich auf dem Rückweg.«
Ich habe wenig Vertrauen, dass die ganze Sache funktionieren wird. Es ist weitaus wahrscheinlicher, dass einer von Leons Männern mich findet, und selbst wenn sie das nicht tun, wird mich irgendetwas anderes bei lebendigem Leibe verspeisen, noch bevor die Sonne wieder aufgeht.
»Wo fließt der Fluss hin?«, frage ich.
»Wir werden ihn nicht ganz hinunterfahren. Wir überqueren ihn ein paar Kilometer, bevor er endet, und folgen dann einem Weg nach Mismaloya.
Mismaloya. Das ist die Stadt, über die ich im Internet etwas gelesen hatte, als Jonathon mir Puerto Vallarta gezeigt hatte. Dort ist »Die Nacht des Leguan« mit Richard Burton und Ava Gardner gedreht worden. Dort sieht es genauso aus, wie man sich das Paradies vorstellt.
»Und was wollen wir da machen?«, frage ich.
»In der Menge untertauchen.«
»Mit dem Gesicht und diesem Bein?«
»Ja.« Er packt ein paar Dinge in eine andere Tüte und erklärt mir, wie alles laufen wird.
»Und da bist du dir ganz sicher?«
»Du wirst schon sehen«, sagt
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