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Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Titel: Gefährliche Nebenwirkung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Braun
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Westküste der USA ist neun Stunden. Kein großes Zeitfenster, mit dem ich arbeiten kann.
    Ich stehe auf und schüttele Herrn und Frau Freymann die Hand. Die Zwillinge riechen sogar gleich. Hirschseife und gestärkte Hemden, eine Spur Blumenerde. Ihre Gesichter sind gerötet, ihr Grinsen breit und entspannt und es enthüllt einen kleinen Unterschied zwischen den beiden. Herrn Freymann fehlt an einem Schneidezahn eine kleine Ecke.
    Die beiden lachen und klopfen mir auf den Rücken und scheinen fast so erfreut über diese Neuigkeiten, wie ich es bin.
    Noch im Zug spüre ich ihre Fröhlichkeit und Unbeschwertheit.

33
    Es sind zwei E-Mails von Willow gekommen. Die erste …
     
    Wo wohnen Sie? Bitte mailen Sie mir die Adresse.
Liebe Grüße
Willow
    Schnell tippe ich die Adresse der Pension Freymann ein. Falls mir etwas passieren sollte, muss jemand wissen, wo ich bin oder zumindest, wo ich gewesen bin.
    Ein seltsames Gefühl überkommt mich. Irgendwie weiß ich, dass die zweite E-Mail nicht von Willow ist, noch bevor ich sie öffne. Sie ist gestern Abend von Willows Adresse geschickt worden, nicht lange, nachdem ich mich abgemeldet hatte.
     
    Celia,
ich kann überhaupt nicht in Worte fassen, wie diese Tage für mich gewesen sind, als ich nicht wusste, ob du tot bist oder am Leben, als ich nicht wusste, ob ich dich jemals wiedersehen würde. Es vergeht keine Sekunde, in der ich dich nicht schmerzlich vermisse. Und eshört auch nicht auf. Es hört niemals auf. Ich ertrage es kaum, in diesem Zimmer zu sein und zu wissen, dass du hier gewesen bist. Zu wissen, dass dein Körper hier war, wo ich jetzt bin, bringt eine ganz neue Qual mit sich
.
    Aber du lebst! Dieses Wissen reicht, um es zu ertragen. Willow hat mir einiges von dem erzählt, was passiert ist, aber sie scheint die wichtigsten Dinge für sich zu behalten. Das ist okay. Sie will dich schützen. Dagegen lässt sich nichts sagen
.
    Ich muss dir so viel erzählen. Dinge, die ich schon vorher hätte sagen sollen. Bei denen ich nicht ganz ehrlich war. Wisse nur Folgendes: Wenn es möglich ist, sich in der Sekunde in jemanden zu verlieben, in der man ihn sieht, dann ist mir genau das passiert. Und zwar heftiger, als ich es jemals für möglich gehalten hätte. Wenn du mir nicht glaubst, sieh einfach in mein zerschundenes Gesicht
.
    B
    Mein Herz und mein Verstand zerspringen in Millionen winzige Stücke. Ich fahre den Computer herunter und gehe hinaus auf den Bürgersteig.
Dinge, bei denen er nicht vollkommen ehrlich gewesen ist
.
    Ich achte nicht darauf, wohin ich gehe, und pralle mit einem jungen Mädchen zusammen.
    »Entschuldigung«, sage ich.
    »Macht nichts«, erwidert sie und geht weiter. Macht nichts. Er hat mich angelogen. Macht nichts. Ich stoße gegen die Steine der unebenen Straße. Es … macht … durchaus … etwas.
    Es gibt zu viele Dinge, um die ich mich kümmern muss, um jetzt weiter darüber nachzudenken. Ich vergrabe Benicio tief in meinem Hinterkopf und schwöre, ihn dort zu belassen, solangeich kann. Ich muss stark sein. Ich denke an Sonja, wie sie im Gerichtssaal geweint hat, als sie um ihren Besitz gekämpft hat.
Ich habe dadurch schwach gewirkt
, schreibt sie in ihrem Brief, ich werde nicht schwach wirken.
    Ich kaufe einen Schal. Blauer Salbei, extra lang und überraschend günstig für so eine weiche Wolle. Ich wickle ihn mir zweimal um den Hals. Nun sehe ich aus wie eine Schweizerin und gehe weiter über die Münsterbrücke, von wo ich auf der Suche nach der Schweizer Bank in die mittelalterlichen Straßen eintauche.
    Der Kirchturm des Fraumünsters ragt über mir auf. Die goldenen Zeiger stehen auf kurz nach zehn. Einen Moment bleibe ich stehen, verzaubert von den farbigen Glasfenstern der Kirche, das Blau so ergreifend, es fühlt sich wie ein Lebewesen an, das mein Gesicht wärmt.
    Die Straßen sind schmal und die Sonne kann sie nicht immer erreichen. Menschen kommen und gehen in alle Richtungen. Niemand scheint Notiz von mir zu nehmen. Und doch kann ich das Gefühl nicht abschütteln, dass ich beobachtet werde.
    Ich betrete einen kleinen Laden, von dem Herr Freymann mir erzählt hat. Ich stopfe, was ich gekauft habe, in meinen Rucksack und gehe weiter.
    Große Doppeltüren aus altem geschnitztem Holz bilden den Eingang zur Bank. Es ist, als würde man die Halle eines alten Schlosses betreten, die Decke mehrere Stockwerke über mir, polierter Marmor quietscht unter meinen Schuhen. Die Akustik ist so gut, dass jeder zu flüstern scheint.
    Ich

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