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Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Titel: Gefährliche Nebenwirkung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Braun
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stehe auf demselben Marmorboden, auf dem auch Annaliese und Sonja vor mir gestanden haben, umgeben vondenselben graublauen Mauern aus Stein. Ich stelle mir vor, wie Annaliese verträumt durch die schmalen, hohen Fenster gestarrt und sich neue Rezepturen ausgedacht hat, während sie auf ihr Geld wartete.
    Je länger ich dort stehe, desto mehr komme ich mir vor wie in einer protestantischen Kirche. Einfach und doch opulent, schön und von elegischer Anmut.
    Bei genauerem Hinsehen entdecke ich Risse in all dieser Herrlichkeit. Die abgenutzte Kante einer Mauer, eine Steckdose, die locker sitzt, kleine Sprünge im Marmorboden zu meinen Füßen, wo die Platten aneinander stoßen.
    Ein junger Mann in einem gut geschnittenen blauen Anzug kommt auf mich zu und fragt, ob er mir helfen könne. Er führt mich zu seinem Schreibtisch in der offenen Halle.
    Der Stuhl duftet nach edlem Leder, seine Rückenlehne ist dick und hart und ich komme mir viel zu klein darauf vor. Der Mann – hatte er mir seinen Namen genannt? – wirkt gepflegt und riecht, als habe man ihn in Rasierwasser getaucht. Sein Schreibtisch aus Mahagoni ist offensichtlich handgemacht, eine gute Arbeit. Eine Antiquität.
    Er schreibt alle notwendigen Informationen aus meinem Reise pass ab. Dann geht er die Unterlagen meiner Mutter durch und tippt etwas in seinen Computer. Plötzlich verändert sich sein Verhalten. Seine Schultern scheinen sich zu heben. Er starrt, da bin ich mir sicher, noch intensiver auf seinen Bildschirm.
    »Haben Sie das Konto gefunden?«, erkundige ich mich auf Deutsch.
    »Einen Moment bitte«, erwidert er. Das Lächeln von vorhin ist einem rein geschäftlichen Gesichtsausdruck gewichen.
    Und dann kehrt das Lächeln plötzlich wieder zurück, während er aufsteht und mich bittet zu warten, nur einen Moment. Er will sofort zurück sein.
    Mein Herz beginnt zu rasen. Hat Jonathon irgendetwas gemacht? Fehlt in dem Bild noch irgendein Puzzlestück, das mir bisher entgangen ist? Oder durchlebe ich einfach noch einmal Annalieses Albtraum? Werden sie mich warten lassen, nur um sich einen Spaß daraus zu machen? Ich drücke meinen Rucksack gegen die Brust, starre durch die hohen schmalen Fenster und warte.
    In dieser schwer lastenden Stille breitet sich mein Jetlag wie dickes, zähflüssiges Gel in meinem Hirn aus und meine erschöpften Augen fangen an zu brennen.
    Nach gefühlten zehn Minuten kehrt der Mann mit einer elegant aussehenden Frau zurück, die einen cremefarbenen Hosenanzug über einer blauen Seidenbluse trägt. Sie ist dezent geschminkt. Ihr blondes Haar ist säuberlich im Nacken zusammengesteckt. Sie streckt mir die Hand entgegen.
    »Bitte verzeihen Sie, dass Sie warten mussten.« Sie spricht Englisch. »Mein Name ist Erika Zubriggen. Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Mrs. Donnelly.«
    »Celia. Bitte. Sie können mich Celia nennen.«
    »Würden Sie mich bitte begleiten?«, bittet Erika.
    »Gibt es ein Problem?« Mein übermüdetes Hirn versucht zu durchschauen, was hier gerade passiert. Ich merke, dass ich die Fäuste geballt habe. Ich werde mich nicht unterkriegen lassen.
    »Keineswegs«, sagt Erika. »Sie sind nur zur falschen Bank gekommen. Nun ja, nicht wirklich zur falschen Bank. Ich meine …Was ist das richtige Wort? Niederlassung. Ja, ich glaube das ist es, Sie sind bei der falschen Niederlassung der Bank.«
    Bilde ich mir das alles nur ein oder benimmt sich die Frau genauso komisch wie der Mann? Der Mann. Wo ist der Mann? Er ist irgendwohin verschwunden. Ich senke den Blick. Die Papiere und mein Reisepass liegen immer noch auf seinem Schreibtisch. Ich greife nach ihnen und drücke sie gegen meine Brust.
    »Ich verstehe nicht ganz«, sage ich und schiebe alles in meinen Rucksack.
    »Bitte. Kommen Sie. Ich zeige es Ihnen.«
    Wir gehen durch die riesigen Türen hinaus, ich bin sicher, dass eine Schweizer Version des FBI dort bereits mit Handschellen auf mich wartet. Meine Knie werden weich. Der Schorf auf meinem Bein beginnt zu brennen.
    Erika führt mich den Bürgersteig hinunter und um eine Ecke. Sie sagt irgendetwas über den gestrigen Feiertag, den Sonnenschein und einen Ort ganz in der Nähe, wo es ein türkisches Bad gibt, nur für Frauen, fügt sie hinzu. Na herrlich.
    Ich lasse meinen Blick über die Autos schweifen und suche den Wagen, in den sie mich gleich stoßen werden. Aber da ist nichts und es benimmt sich auch niemand verdächtig.
    Vor einer glänzenden Glastür bleiben wir stehen. Ein mittelalterliches

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