Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)
das Begehren ist wieder da, ihn zu berühren, obwohl ich glaube, dass es unmöglich ist, braucht es nur einen Finger, der über ein Schlüsselbein streicht, eine Hand auf dem Bauch, eine Wange und alles beginnt wieder von vorn.
Am Abend klopft Frau Freymann. Wenn wir nicht an die Tür kommen, sagt sie, wird sie unser Abendessen auf den Tisch im Flur stellen. Der Duft von Pfefferminztee dringt unter der Tür durch. Ich erhebe mich nackt vom Bett und öffne die Tür. Mein langes, zerzaustes Haar wickelt sich um meinen Kopf und meine Schultern. Ich streiche es zurück und hole das Tablett mit roten und weißen Servietten, frischen Brötchen, Käse, Prosciutto mit Melone und natürlich dem Pfefferminztee herein. Ich schließe die Tür ab und trage das Tablett zum Bett.
»Die meiste unserer gemeinsamen Zeit haben wir damit verbracht, Brot und Käse von einem Tablett zu essen, während wir irgendwo eingesperrt waren«, sagt Benicio schließlich.
Ich sehe ihm zu, wie er kaut, der kleine Höcker auf seiner Nase stört die sonst so eleganten Züge seines Gesichts. Ich suche nach einem weiteren Makel oder danach, was ihn trotzdem so attraktiv macht. Ich sehe ihn jetzt noch viel lieber an. So unvollkommen. Einfach perfekt.
»Wir haben es inzwischen immerhin zu Prosciutto mit Melone und Tee gebracht«, sage ich.
»Stimmt.« Er küsst den Schweiß von meiner Stirn. Und dann zieht er eine Strähne aus meiner verschwitzten Lidfalte und streicht sie dorthin, wohin sie gehört.
Ich wende ihm mein Gesicht zu und presse meine Lippen in seine Hand. Er riecht nach Sex und Schweiß und Melone.»Weißt du, wie viel Geld ich besitze?«, frage ich in seine Hand-fläche.
»Ich kann es mir ziemlich gut vorstellen.«
»Soll ich davon ausgehen, dass du wegen mir hier bist oder wegen des Geldes?«
»Mit Geld ist das hier nicht zu bezahlen.«
»Natürlich ist es das.«
»Nein, so etwas nicht.« Er küsst meinen Hals.
Ich lege den Kopf in den Nacken, spüre ihn zwischen meinen Beinen, noch bevor er mich berührt. Ich fühle seinen warmen Atem in meinem Ohr. Ich schließe die Augen. Mein Mund öffnet sich und ich spüre, wie sich meine wunden Lippen spannen. Ich fühle mich trunken. Benommen und zufrieden. Meine Zunge badet in ihrem eigenen Speichel, bereit für seinen Mund, seinen Schwanz. Er rast durch meine Adern. Er ist in mir, sein Atem, sein unbeugsames, schlagendes Herz.
38
Jede gemeinsame Stunde fühlt sich an, als sei sie aus einem anderen Leben gestohlen, in dem wir beide uns nie wieder sehen werden. Aber was jetzt? Wir spielen verschiedene Möglichkeiten durch, wo wir hinfahren und was wir als nächstes tun, aber nichts davon erscheint vernünftig. Wir stammen aus zwei verschiedenen Ländern und keines von beiden können wir als unsere Heimat bezeichnen.
»Magst du Hunde?«, frage ich.
Wir sind albern, haben den ganzen Morgen genauso verbracht wie den Tag zuvor, nur jetzt finden wir die ganze Situation lächerlich in unserem Delirium. Wir sind übermüdet, verängstigt, geradezu traumatisiert von unserem unglaublichen Glück, das noch einen weiteren Tag andauert. Wir können überhaupt nicht aufhören zu lachen.
»Ja. Aber nur brünette Hunde mit langen Ohren.«
»Was zum Teufel ist ein brünetter Hund?«
»Ich meine die Farbe.«
»Ich weiß, was brünett bedeutet, nur nicht bei einem Hund.«
»Bedeutet es bei einer Frau etwas anderes?«
»Ja.«
»Und was?«
»Keine Ahnung.«
»Okay …«, sagt er.
»Also alle Hunde mit langen Ohren?«
»Ja.«
»Okay.« Ich schüttle meinen Kopf schnell und ruckartig. »Was ist deine Lieblingsfarbe?«
»Orange.«
»
Orange?
Orange steht nicht zur Debatte.«
»Was gefällt dir nicht an Orange?«
»Ich weiß nicht. Es passt einfach nicht.«
»Du hast erwartet, dass ich Rot sage, oder? Mexikaner, Lateinamerikaner, Rot.«
»Heißer mexikanischer Typ.«
»Versuch nicht, mich von meinem Orange wegzulocken. Das funktioniert nicht. Es gehört zu mir. Ich liebe diese Farbe.«
»Ich liebe den Duft von Welpenpfoten.«
Benicio stützt sich auf einen Ellbogen. »Heilige Maria. Wie riecht denn eine Welpenpfote?«
»Wie Welpenpfoten. Sie riechen einfach wie Welpenpfoten. Das ist alles.«
»Aber sie müssen doch nach irgendetwas riechen.«
»Wieso? Du würdest doch auch nicht fragen, wonach eine Zitrone riecht. Oder welche Farbe Orange hat. Das ist einfach, wie es ist.«
Er legt sich zurück aufs Kissen, die Hände hinter dem Kopf und starrt an die Decke, als würde er sich das
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