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Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Gefährliche Nebenwirkung (German Edition)

Titel: Gefährliche Nebenwirkung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audrey Braun
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unseres, das zu einem Buchgeschäft umge-baut worden ist, mit einem kleinen Café und auch einer Ecke mit Schallplatten. Da geht den ganzen Tag die Post ab. Er zahlt mir den Mindestlohn, was wohl heißt, dass ich meinen ersten Job habe. Aber sag mal, was soll ich denn mit der Schule machen? WANN KOMMST DU? Seth möchte das auch gern wissen, aber er hat mir gesagt, ich soll dir sagen, dass es überhaupt kein Problem gebe, er wolle nur gerne wissen, ob du okay bist. Ich muss jetzt aufhören. Hier wird es schon wieder voll. Wusstest du, dass Seth zwei Töchter hat? Sie sind ungefähr neun und zehn und sie spielen schon Bass und Gitarre.
    All diese gewöhnlichen Worte, sowohl von Oliver als auch von Willow, sind pure Poesie für mein Herz. Die unerwarteten Wendungen in ihrem Leben haben so etwas erstaunlich Schönes.
    Oliver,
ich bin ja so glücklich, dass mit Seth alles gut läuft. Er ist ein guter Mann. Ich habe seine Frau nie kennengelernt, aber ich bin sicher, dass sie etwas ganz Besonderes ist, wenn er sie sich ausgesucht hat.
    Es wird jetzt nicht mehr lange dauern, bevor wir uns sehen, doch wie es klingt, willst du vielleicht gar nicht, dass ich komme und dir den Spaß dort verderbe. Was die Schule angeht, werden wir uns etwas einfallen lassen. Mach dir keine Sorgen. Bitte bestell Seth liebe Grüße. Ich umarme dich.
     
    Alles Liebe
Mom
    Und dann …
     
    Willow,
ich habe so viel zu erzählen, aber es ist so wenig Zeit. Alles ist unter Kontrolle. Einzelheiten folgen bald, denn sie ändern sich ständig.
     
    Liebe Grüße
    Celia
    PS:
Vielen Dank, dass Sie mir von Benicio geschrieben haben. Aber ich glaube, Sie haben da was falsch verstanden. Er ist der Zauberer, nicht ich
.
    * * *
    Ich zermartere mir den Kopf. Wer kann mir sagen, was ich als Nächstes tun soll? Mit einem geliehenen Fahrrad aus der Pension fahre ich den Hügel hinauf. Es ist nicht leicht, schon gar nicht, nachdem ich mit meinem verletzten Bein durch die halbe Stadt gelaufen bin. Nur das Adrenalin, das durch meine Adern kreist, lässt es mich den Hügel hinauf schaffen.
    Ein großes, kastenartiges weißes Gebäude taucht über mir am Hang auf. Und dann wird es wieder von den Bäumen und Hügeln verdeckt. Hagen Pharmaceuticals. Ich bin jetzt nahe genug heran, um auch das Hagen-Haus zu sehen und den Weg, den mein Urgroßvater einst zur Arbeit genommen hat. Ein Weg, der jedes Mal in Flammen gestanden haben musste, wenn Annaliese einen Blick darauf geworfen hat.
    Ich stelle das Rad vor dem Hagen-Haus ab. Es ist der Inbegriff eines Schweizer Chalets, in dessen Blumenkästen die roten Begonien zu explodieren scheinen. Ich drehe mich um, so wie ich es den ganzen Weg hinauf auf den Hügel getan habe. Die einspurige Straße windet sich hinunter zum Zürichsee. Ich bin keinem einzigen Menschen begegnet, aber das Gefühl, verfolgt zu werden, liegt schwer in der Luft.
    Ich betrete das Haus meiner Urgroßeltern und werde von einer plötzlichen Verunsicherung heimgesucht. Ich verliere die Orientierung, als würde ich unter den Nebenwirkungen einer Zeit reise leiden. Die Gesetze der Natur scheinen ihre Gültigkeit zu verlieren, und ich brauche einen Moment, um mich zurechtzufinden.
    Eine blonde Frau, ungefähr in meinem Alter, kommt quer durch den Raum auf mich zu und bietet mir ihre Hilfe an. Siespricht nur wenig Englisch. Ich lege ein paar Franken für das Eintrittsgeld auf den Tresen. Ich habe nicht viel Zeit. Ich sage ihr ohne Umschweife, dass ich die Urenkelin von Annaliese bin. Ich erzähle ihr von meiner Mutter und meiner Großmutter, den Briefen, aus denen ich erst jetzt erfahren habe, was mir lange Zeit verborgen geblieben war.
    Die Frau legt den Kopf schief. Und dann werden ihre Augen groß und rund.
    »Mein Gott«, sagt sie. »Wir sind verwandt!«
    Sie kommt um den Tresen herum und umarmt mich heftig.
    »Ich bin Petra Seifert«, stellt sie sich vor, während sie mein Gesicht und mein Haar betrachtet, meine Hände, die sie immer noch in ihren eigenen hält. Sie sagt, dass es noch andere Cousinen gibt, die Annaliese noch ähnlicher sehen als sie selbst, doch bei keiner von ihnen ist die Ähnlichkeit so bemerkenswert wie bei mir. »Schau mal.« Sie deutet auf die Fotografien an den Wänden und sagt, ich solle doch selbst einen Blick darauf werfen.
    Die bräunlichen Bilder sind verstörend. Sie wirken, als habe jemand mein Gesicht fotografiert und es auf die Körper von Frauen montiert, die lange Petticoats und Kleider tragen, Portraits, die auf einer Messe

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