Gefährliche Praxis
weil ich dich liebe und eifersüchtig auf Nicola bin. Die Polizei muß dem nachgehen. Würde sich nämlich am Ende herausstellen, daß ich es getan habe, dann stünde sie ganz schön dumm da, wenn sie die Spur nicht verfolgt hätte. Und um die Wahrheit zu sagen: Ich bin ganz gut geeignet als Verdächtige.«
»Das alles ist nur passiert, weil du versucht hast, mir zu helfen.«
»Das alles ist passiert, weil ich dir das Mädchen geschickt habe, das dann ermordet wurde. Mir geht die Frage durch den Kopf, Emanuel: Warum hat sie mich nach einem Psychiater gefragt? Der Gedanke läßt mich nicht los, daß das etwas zu bedeuten hatte.«
»Darüber habe ich immer wieder nachgedacht. Aber irgendwen mußte sie schließlich fragen. Du würdest dich wundern, mit welcher Hingabe sich die Leute der Suche nach dem richtigen Psychiater widmen – ohne sich darum zu kümmern, ob er auch qualifiziert ist, einen Doktortitel hat oder sonst etwas. Sich von einem intelligenten Menschen mit einer gewissen Bildung einen Psychiater empfehlen zu lassen, ist nicht die schlechteste Methode, einen zu finden.«
»Aber du glaubst, alles dies wäre nicht passiert, wenn du nicht auf dem Merritt Parkway rückwärts gefahren wärst, oder?«
»Unsinn. Das einzige, was ein Psychiater sicher weiß, ist, daß Dinge nicht einfach ›passieren‹.«
»Ach ja, das hatte ich vergessen. Wenn du dir ein Bein brichst, dann bedeutet das, du hast es irgendwie gewollt, tief in deinem Innern.«
»Was mir Sorgen macht, Kate: Die Fragen, die mir der Kriminalbeamte gestellt hat, haben mich so verwirrt, daß ich mehr geredet habe als bisher. In bezug auf meine Patienten bin ich ziemlich verschwiegen, aber was dich betrifft, so war ich es zu wenig. Ich habe versucht, ihnen unsere Beziehung zu erklären. Ich habe ihnen gesagt, wenn sie die Meinung eines Psychiaters hören wollten, so seist du zu einem Mord gar nicht fähig und auch nicht fähig, einen Artikel über Henry James zu plagiieren. Jetzt geht mir auf, wohl um einiges zu spät, daß sie wahrscheinlich die Vehemenz als Leidenschaft für einen Menschen mißverstanden haben und nun zu dem Schluß gekommen sind, wir hätten die Sache gemeinsam geplant.«
»Und wenn sie uns jetzt hier beobachten, dann ist das für sie die Bestätigung, daß wir gerade unsere nächsten Schritte planen.«
Emanuel sah sie entsetzt an. »Daran habe ich gar nicht gedacht. Ich wollte doch nur…«
»Es war nur ein Scherz, Emanuel. Als ich hörte, daß man nun auch mich beschuldigte, war ich geschockt und in Panik wie ein kleines Kind, das seine Eltern in der Menge verloren hat. Aber das Gefühl habe ich jetzt nicht mehr. Ich habe es nicht getan, und die Verdachtsmomente, die gegen mich sprechen, sind Unsinn. Ehrlich gesagt glaube ich, wir nähern uns langsam dem Ende des Schreckens. Ich habe das Gefühl, der Kreis schließt sich. Aber ich möchte jetzt nichts mehr sagen, für den Fall, daß es nicht klappt.«
»Kate. Bring dich nicht in Schwierigkeiten.«
»Zumindest weißt du, daß, falls mir das passiert, mein Inneres, meine Psyche es so gewollt hat. Noch ein Scherz. Versuch zu lächeln.«
»Nicola fängt an, die Anspannung zu spüren. Eine Zeitlang hat ihr natürlicher Überschwang sie über Wasser gehalten, aber jetzt beginnt sie zu versinken. Und meine Patienten fangen an, sich Fragen zu stellen. Wenn ich es nicht getan habe, dann scheint es doch merkwürdig, daß sie den Täter nicht finden. Ich habe Angst, echte Angst, wie ein kleiner Junge. Warum können sie sich nicht anderswo umsehen? Warum kreisen sie immer nur um uns?«
»Die Polizei hat dich, beziehungsweise dich und Nicola, beziehungsweise dich und mich, und das ist die Konstellation, für die sie nun Beweise sammeln. Für sie ist die Tatsache, daß es auf deiner Couch passiert ist, ein nettes, schlichtes, unanfechtbares Faktum. Du kannst von ihnen nicht erwarten, daß sie nach Beweisen dafür suchen, daß ihre Theorie falsch ist. Aber wenn wir ihnen den Beweis direkt unter die Nase halten, dann müssen sie sich ihn auch ansehen. Das ist es, worauf ich aus bin, so verwegen und so verschwommen das klingen mag. Statt dir Sorgen zu machen: Warum versuchst du nicht, dich an alles zu erinnern, was Janet Harrison gesagt hat?«
»Freud war an Wortspielen interessiert.«
»War er das? Ich habe immer die Einschätzung geteilt, daß sie die niedrigste Form des Witzes sind. Ich erinnere mich, daß ich einmal als Kind ›Ich bin durstig‹ sagte, und so ein ekelhafter
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