Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefährliche Praxis

Gefährliche Praxis

Titel: Gefährliche Praxis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
Vom Netzwerk:
hatte, sondern auch, daß er mit ihr (wahrscheinlich) zu der Zeit zusammen war, als sie bei Kate Vorlesungen hörte. War Barrister also ein junger Mann aus der Provinz? Für den war es bezeichnend, zumindest in der Literatur, daß es mit ihm oder mit dem Menschen, zu dem er in eine engere Beziehung trat, »ein böses Ende nahm« – ein englischer Freund von Kate hatte das einmal so ausgedrückt. Ein junger Mann aus der Provinz, in der Tat!
    Als Reed anrief, war Kate vorbereitet.
    »Ich habe dir ein paar Dinge zu erzählen«, sagte Reed. »In ein paar Stunden könnte ich bei dir vorbeikommen. Ist dir das zu spät?«
    »Nein. Nur, Reed, bereite dich lieber gleich darauf vor – ich bin jedenfalls von einer Sache fest überzeugt. Und du mußt nicht gleich in schallendes Gelächter ausbrechen. Barrister hat Janet Harrison gekannt.«
    »Ich lache gar nicht«, sagte Reed. »Das ist einer der Gründe, warum ich vorbeikommen will. Er hat es gerade zugegeben.«

16
     
    »E s ist schon eine komische Sache mit dem Unterbewußtsein«, sagte Kate ein paar Stunden später zu Reed. »Barrister hatte keinen wirklichen Grund, diese Phrase vom jungen Mann aus der Provinz zu benutzen, als er mit mir sprach – ich bin sicher, er hatte keine Ahnung, wie ihm die in den Kopf gekommen war. Aber wir begegneten uns, ihm wurde klar, wer ich war, er wußte von mir, weil Janet Harrison über mich gesprochen hatte, er wußte, er durfte auf keinen Fall zeigen, daß er mich kannte, und aus seinem Unterbewußtsein tauchte die Phrase von dem jungen Mann aus der Provinz auf.«
    »Aufmerksamer Beobachter, dieser Freud. Er hat ein paar Vorschläge gemacht, wie man durch Fragestellungen den Wahrheitsgehalt von Aussagen Verdächtiger prüfen könnte. Hast du das gewußt? Es ist mehr oder weniger das gleiche Prinzip, nach dem der Lügendetektor arbeitet beziehungsweise arbeiten soll: Der Blutdruck des Verdächtigen steigt, wenn man ihn mit einer verwirrenden Idee konfrontiert. Bei Freud blockiert er auf die irritierende Frage hin oder er assoziiert in einer für den Fachmann enthüllenden Weise. Jedenfalls hat sich Barrister nun heute nachmittag entschieden, wie ein braver Patient auf der Couch, die Wahrheit zu sagen. Es ist erstaunlich, wie verschreckt unschuldige Leute reagieren können, wenn sie verhört werden.«
    »Sind Lügner unschuldig – ich meine Leute, die in wichtigen Fragen lügen und so andere Menschen in ein Gewebe der Unwahrheit verstricken?«
    »Die Wahrheit ist eine schlüpfrige Angelegenheit. Vielleicht begreifen sie deshalb nur Menschen mit literarischem Verstand.«
    »Das würde Emanuel als eine provokative Bemerkung bezeichnen.«
    »Und damit hätte er recht. Ich bitte um Entschuldigung. Außer, daß die Bemerkung natürlich stimmt. Du hast vor uns herausbekommen, daß Barrister sie gekannt hat. Und die Tatsache, daß du Miss Sabbel aufgetrieben hast, zwang mich, mehr Druck auf die Kollegen von der Polizei auszuüben. Es war Miss Sabbel (ich wußte ja noch nichts über den jungen Mann aus der Provinz), die mich dazu ermutigte, ihn selber auszufragen, obwohl ich offiziell gar nicht das Recht dazu hatte.«
    »Was hat er gesagt? Vater, ich kann nicht lügen, vor allem dann nicht, wenn es so aussieht, als könnte es herauskommen?«
    »Er hat ganz offen über alles geredet. Er glaubte nicht, daß irgendwer von ihrer Bekanntschaft wußte; und wegen des kleinen Ärgers, den er mal wegen dieses Kunstfehlers gehabt hatte, mochte er nicht mit der Polizei zu tun bekommen. Du mußt zugeben, er war nicht gerade in einer beneidenswerten Lage – das Mädchen wird nebenan ermordet, und er hat es gekannt. Er hat einfach gehofft, wir würden nicht darauf stoßen, daß es eine Verbindung zwischen ihnen beiden gegeben hat. Und ohne das Testament und das Foto wären wir wahrscheinlich auch nicht darauf gekommen. Und ohne Miss Sabbel natürlich.«
    »Natürlich. Irgendwer mußte sie gesehen haben, früher oder später. Wenn die Polizei sich etwas mehr ihm gewidmet hätte – und weniger Emanuel – , dann hätte sie inzwischen wohl noch jemand anderen gefunden, der sie gesehen hat. Hat die Tatsache, daß Miss Sabbel von mir, also einer weiteren Verdächtigen, ausgegraben wurde, sie nicht mißtrauisch gemacht gegen diesen Beweis?«
    »Du bist mehr oder weniger von der Liste der Verdächtigen gestrichen – der derzeit gültigen Liste jedenfalls. Sie haben dir ganz schön hinterhergeforscht, was dir deine Freunde und Bekannten zweifellos bestätigen

Weitere Kostenlose Bücher