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Gefaehrliche Sehnsucht

Gefaehrliche Sehnsucht

Titel: Gefaehrliche Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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Vampire das Zeichen war, schlafen zu gehen. Außer für Myrnin, der sich kaum je auszuruhen schien.
    Sie ging durch die Straßen, während in den Häusern die Lichter angingen, die Autos wieder unterwegs waren und die Menschen ihr Tagwerk begannen. Ein Bautrupp hatte früh angefangen zu arbeiten, eine Menge Typen in Flanellhemd, Jeans und Arbeitsschuhen hämmerten und sägten im klaren Morgenlicht. Es fühlte sich neu an. Und gut.
    Ein Stück weiter stand ein Auto mitten auf der Straße. Claire runzelte die Stirn und verlangsamte ihre Schritte, während sie es betrachtete - es war nicht am Straßenrand geparkt, sondern blockierte die Straße. Ein Mädchen, das ein bisschen älter war als sie - vielleicht neunzehn oder zwanzig -, machte die Fahrertür auf und stieg aus. Sie blieb neben dem Auto stehen und schaute sich um.
    Das kam Claire auf unheimliche Weise bekannt vor. Es war wie bei Alex, der am Straßenrand gesessen und so verloren gewirkt hatte.
    Doch das Mädchen hatte eindeutig ein Ziel gehabt. Sie war gekleidet, als würde sie ins Büro gehen. Auf dem Beifahrersitz entdeckte Claire einen Laptop und eine Handtasche. Und in dem Tassenhalter an der Tür stand ein Becher, aus dem Kaffeeduft drang.
    Das Mädchen erblickte Claire und winkte sie zu sich. Claire zögerte, weil ihr einfiel, was Alex ihr für einen Empfang bereitet hatte, aber schließlich ging sie doch hin. Mit etwas Abstand blieb sie stehen: »Hast du ein Problem mit deinem Wagen?« Denn das war offensichtlich die sinnvollste Erklärung.
    Das Mädchen blickte sie an und sagte: »Ich kann das Büro meiner Mom nicht finden.«
    »Ich... Wie bitte?«
    »Ich weiß, dass es hier irgendwo ist. Mein Gott, ich gehe dauernd dorthin! Es ist einfach lächerlich! Hör mal, kannst du mir helfen?«
    »Ähm... klar«, sagte Claire vorsichtig. »Wie heißt denn das Büro?«
    »Landau Realty.«
    Claire hatte noch nie von dieser Firma gehört. »Bist du sicher, dass es hier irgendwo ist?«
    »Ja. Es war genau da. Aber das Schild ist weg und niemand ist drin. Ich bin die Straße auf und ab gelaufen. Da ist nicht mal ein Zettel. Das ist lächerlich! Gestern war es noch da!«
    Aus einem anderen Gebäude kam ein Mann und ging die Straße hinunter, er trug eine Aktentasche.
    Das Mädchen rief: »Hey, Mister! Wo ist Landau Realty? Sind die umgezogen?«
    Er zögerte, runzelte die Stirn und kam dann herüber. Unter seinem Arm klemmte eine Zeitung. »Wie bitte?«
    »Landau Realty«, wiederholte das Mädchen. »Mein Gott, also wirklich. Sind denn alle verrückt geworden?«
    »Du bist... Laura, oder? Die Tochter von Iris?«
    »Ja! Ja, Iris ist meine Mom.« Laura stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus. »Jetzt kommen wir der Sache schon näher. Hören Sie, ihr Büro war genau hier und ich verstehe nicht...«
    Der Mann sah sie ganz merkwürdig an. Er sah auch Claire an, als müsste die irgendetwas tun. Aber was? Schließlich räusperte er sich und sagte: »Laura, sieh mal - ich weiß nicht, was passiert ist, aber du weißt doch, wo deine Mom ist. Sie... sie ist letztes Jahr gestorben. Das Büro wurde geschlossen. Ich war auf der Beerdigung. Du auch.«
    Laura starrte ihn mit vor Schreck geweiteten Augen an und schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, das ist nicht wahr. Daran würde ich mich doch erinnern...«
    Sie verstummte. Verstummte einfach. Es war, als hätte jeman in ihrem Kopf die Reset-Taste gedrückt, denn auf einmal sah sie viel älter aus und ihr Gesicht fiel in sich zusammen vor Kummer. »Oh Gott«, sagte sie und schlug die Hände vor den Mund. »Oh Gott, ich erinnere mich. Ich erinnere mich... Was
    habe ich mir bloß dabei gedacht? Warum bin ich ...? Oh Gott, Mom...« Sie brach in Tränen aus und stieg wieder ins Auto. Sie schlug die Tür zu und kramte in ihrer Handtasche nach einem Taschentuch.
    Der Mann zögerte, dann entschied er, dass er ihr keine Schulter zum Ausweinen sein wollte. Schnell ging er weg, als könnte das, was in Laura gefahren war, ansteckend sein.
    Claire zögerte. Sie meinte, helfen zu müssen, doch plötzlich erschien es ihr viel wichtiger, in Myrnins Labor zu kommen.
    Ihr Gewissen wurde durch Laura Landau erleichtert, die sich die Nase putzte, sich die Tränen abwischte, das Auto startete und - immer noch weinend - die Straße hinunterfuhr.
    Etwas stimmte hier absolut nicht.
    Es ist die Maschine, dachte Claire.
    Es musste die Maschine sein.
    Doch als sie zu Myrnin wollte, um mit ihm darüber zu reden, lief das nicht wie geplant ab.

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