Gefaehrliche Spur
nichts damit zu tun, dass sie beinahe Kirks letztes Opfer geworden wäre. Erst recht hatte es nichts mit Tom zu tun. Sie ging in Jasons Büro.
„ Ich brauche deine Hilfe, Jason.“
„ Schieß los.“
„ Ich weiß nicht, wie ich den Abschlussbericht für Sharon Kirk schreiben soll.“
„ Wo ist das Problem?“
„ Kirk hat in Portland mehrere Menschen ermordet und unter dem Namen Mylon King …“
„ Und das sagst du mir erst jetzt?“, fuhr Jason ungewohnt heftig auf. „Mensch, Rya, das hättest du mir gestern sofort sagen müssen. Seit wann weißt du, dass Kirk der Portland-Killer ist?“
Sie begriff nicht, was er meinte, und sah ihn verständnislos an.
„ Mensch, das ist in allen Nachrichten. Was hast du eigentlich die letzten Tage in Portland getan? Die Berichte sind doch schon drei Tage alt.“
Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie war überstürzt aus Portland abg e reist und noch am selben Abend in Washington angekommen. Seitdem hatte sie sich in ihrem Apartment verkrochen, sich heftig ausgeheult und sich erst gestern Abend bei Jason zurückgemeldet. Sie hatte weder Nachrichten gehört noch Zeitung gelesen, weil sie zu sehr damit beschäftigt gewesen war, sich weit genug in den Griff zu bekommen, um heute zur Arbeit zu erscheinen.
Der Schmerz darüber, wie sehr Tom sie getäuscht hatte, lähmte sie. Endlich war sie einem Mann begegnet, mit dem sie auf gleicher Wellenlänge funkte, der sie nicht nur verstand, sondern sie trotz ihrer Narbe schön und bege h renswert fand. Der sie durch seine Liebe und aufrichtige Bewunderung wi e der vollständig ins Leben zurückgeholt und ihr das Selbstbewusstsein zurüc k gegeben hatte. Und dann musste sie feststellen, dass er nicht der war, für den er sich ausgegeben hatte.
Immerhin hatte er ihr die Wahrheit gesagt, was die Spezialeinheit betraf, für die er arbeitete, denn zwei Tage nach ihrer Rückkehr hatten zwei Agents von eben dieser Abteilung Rya aufgesucht und sie eingehend zu den Vorfällen in Portland befragt. Sie hatte ihnen schonungslos offen die Wahrheit gesagt, auch die Dinge, die Marty Kirk über Magie gefaselt hatte. Zu ihrer Verblü f fung hatten die Agents bestätigt, dass es solche Phänomene gäbe und ihre Abteilung dafür Sorge trug, Fälle aufzuklären, die mit okkulten Phänomenen zusammenhingen. So wie dieser.
Jason wartete auf eine Antwort. „Ich habe es erst gestern rausgefunden“, log sie. „Und dann bin ich sofort zurückgekommen. Ist das ein Problem?“
Jason überlegte eine Weile. „Sharon Kirk hätte uns vorwerfen können, dass nicht wir die Arbeit geleistet haben, ihren Bruder zu finden, sondern das FBI. Und so, wie ich sie einschätze, hätte sie das zum Anlass genommen, uns ke i nen Cent zu zahlen. Da aber das FBI involviert ist und in den Medien nur der Name Mylon King genannt wurde, kannst du glaubhaft behaupten, die Feds hätten dich zum Schweigen verdonnert und dich erst vom Haken gelassen, nachdem sie die Lorbeeren eingeheimst haben. Glaubt jeder sofort.“ Er nic k te. „Am besten hältst du dich an die offizielle Version der Feds, was die Ve r brechen betrifft. Sieh dir im Internet die Nachrichten über den Vorfall an. Und dann schreib einen Bericht, der sich mit den offiziellen Statements deckt.“ Er sah ihr ernst in die Augen. „Unsere Aufgabe ist es, die Leistung zu erbringen, für die unsere Klienten uns bezahlen, nicht, ihnen unangenehme Wahrheiten vorzuenthalten, auf die wir im Zuge unserer Nachforschungen stoßen.“
Sie nickte, kehrte in ihr Büro zurück und suchte im Internet nach den en t sprechenden Informationen. Es wimmelte von Berichten über den Fall. D a rin hieß es unter Berufung auf eine Erklärung des Pressesprechers des Por t lander Außenbüros der FBI Division Boston, dass der psychisch schwer g e störte Inhaber von MyKiP Insurance, Mylon King, die in den letzten zehn Monaten in Portland verstorbenen Lottogewinner erpresst hatte, bei ihm Lebensversicherungen zugunsten einer Organisation abzuschließen, die von einem Komplizen geleitet wurde. King hatte anschließend die Gewinner e r mordet, der Komplize hatte die Versicherungssumme kassiert und sie mit King geteilt. In dem Zuge seien außerdem mehrere Leichen gefunden wo r den, die ebenfalls nachweislich von King ermordet worden waren. Offe n sichtlich hatte er in seinem Wahn geglaubt, Menschenopfer darbringen zu müssen, um Erfolg zu haben.
Es gab noch ein paar Hintergrundinformationen, aber die dienten offenbar nur dazu, die
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