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Gefährliche Stille

Gefährliche Stille

Titel: Gefährliche Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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ich kann, und ruf dich
heute Nachmittag zurück.«
    »Danke, Mick.«
    In Boise war es eine Stunde später. Ich
rief bei den Blackhawks an, hatte Robin am Apparat. »Bist du immer noch in
Modoc County?«, fragte sie.
    »Ja. Wie geht’s Saskia?«
    »Besser. Sie hat jetzt klare Momente,
und gestern Abend hat sie mich erkannt. Wann kommst du zurück?«
    »Sobald ich kann. Ist Darcy wieder
besser drauf?«
    »Darce ist... Darce.«
    Was hieß, dass er immer noch mit seinen
fixen Ideen zugange war. »Hat die Polizei irgendwas herausgefunden?«
    »Nichts, was sie mir erzählen würden.«
    »Sollte ich mal mit ihnen reden? Ich
spreche ihre Sprache.«
    »Na ja, wenn du’s tust, ruf Detective
Castner an. Willson hat was gegen Privatermittler, aber Castner ist von dir
beeindruckt, weil sie in People über dich geschrieben haben.«
    Der amerikanische Durchschnittsbürger
verblüfft mich immer wieder: Man kann tausend gute Taten vollbringen und
nebenbei noch das Heilmittel gegen Krebs entdecken, aber beeindruckt sind die
Leute erst, wenn man in einer Illustrierten oder im Fernsehen war.
    »Ich probier’s. Robin, sagt dir der
Name Cinder Cone irgendwas?«
    »Nein, was ist das?«
    »Nur eine Ortschaft. Wenn Saskia wieder
in der Lage ist, auf Fragen zu antworten, könntest du sie mal fragen.«
    »Warum kommst du nicht her und fragst
sie selbst? Sie wird dich sehen wollen.«
    »Ich will sie auch sehen. Lass mich
diese Sache hier noch zu Ende bringen, dann komme ich.«
    Ich beendete das Gespräch, versuchte,
Castner zu erreichen, hinterließ eine Botschaft. Dann goss ich mir eine weitere
Tasse Kaffee ein und nahm sie mit auf die Eingangsveranda, um sie in der
wärmenden Sonne zu trinken. Ein Specht hämmerte auf eine nahe Goldkiefer ein;
ich fragte mich, wie ein so kleiner Vogel so viel Krach machen konnte. Der
Buttertoffeeduft des Baums weckte meinen Appetit...
    Das Telefon klingelte. Ich ging rein
und nahm ab. Onkel Jim. »Du bist ja heute Morgen ganz schön geschwätzig«, sagte
er.
    »Und du willst mir sagen, dass dir doch
noch was zu der Ortschaft eingefallen ist.«
    »Allerdings: eine Streiterei zwischen
Fenella und Katie. Ich werde wohl wirklich alt, sonst hätte der Groschen sofort
fallen müssen. Es war das einzige Mal, dass ich sie habe streiten hören.«
    »Erzähl.«
    »War in dem Jahr, in dem Kennedy
erschossen wurde. August oder September. Ich war vorbeigekommen, weil ich zu
Andy wollte. Er war wie immer in der Garage, und um dahin zu kommen, musste ich
am Küchenfenster vorbei. Fenella und Katie waren drinnen und redeten ziemlich
laut. Katie sagte zu Fenella, es sei nicht recht, das Geld zu nehmen, auch wenn’s
für jemand anders sei. Und Fenella sagte, doch, es sei recht, wenn man bedenke,
was das Mädel durchgemacht habe.«
    »Welches Mädel?«
    »Einen Namen hat keine von ihnen
genannt. Na, jedenfalls, Katie erklärte Fenella: ›Das ist in gar keinem Fall
recht, nicht unter den Umständen.‹ Und da wurde Fenella richtig wütend. Sie
sagte: ›Wenn du in Cinder Cone gewesen wärst, würdest du anders denken.‹ Aber
als Katie fragte, was Cinder Cone sei, war Fenella plötzlich still und sagte
dann nur noch, sie solle vergessen, dass sie’s je gehört habe. Deine Mutter
sagte, Fenella mache aus allem ein Geheimnis und sie und Andy seien es
endgültig leid. Daraufhin stürmte Fenella aus dem Haus und kam nicht mehr
wieder, bis Thanksgiving, wo sie von deinen Eltern ziemlich eisig empfangen
wurde.« Er hielt einen Moment inne. »Sharon, was immer dieser Ort für Fenella
bedeutete, er ist wichtig. Wie gesagt, das war das einzige Mal, dass ich sie
und Katie so hab aufeinander losgehen hören.«
     
    Es sei nicht recht, das Geld zu nehmen,
auch wenn’s für jemand anders sei.
    Ich dachte an die Überweisungen auf
Fenellas Bankkonto und die Schecks in gleicher Höhe, ausgestellt auf Saskia
Hunter. Schecks, deren Ausstellungsdaten grob mit dem Beginn der
Collegesemester zusammenfielen. Meine Tante hatte meiner leiblichen Mutter das
Studium finanziert — mit fremdem Geld.
    Wenn du in Cinder Cone gewesen wärst,
würdest du anders denken.
    Irgendetwas Schlimmes war in diesem
kleinen Ort passiert — etwas, wovon Fenella und Saskia in irgendeiner Weise
betroffen gewesen waren.
    Katie erklärte Fenella: »Das ist in gar
keinem Fall recht, nicht unter den Umständen.«
    Nicht unter welchen Umständen?
    Erpressung?
    Fenella erpresste jemanden mit dem, was
in Cinder Cone passiert war?
    Wen?
    Aber Fenella als Erpresserin?

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